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Doktor Proktor im Goldrausch

Doktor Proktor im Goldrausch

Titel: Doktor Proktor im Goldrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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trat vor und zielte.
    »Du brauchst nicht mehr zu werfen«, sagte der Zahnlose. »Du kannst Charlie nicht mehr…«
    Aber Bulle hatte bereits geworfen. Der Pfeil landete auf der Triple-Zwanzig, so dicht neben den anderen Pfeilen, dass einer von ihnen zu Boden fiel.
    Ein Raunen ging durch die versammelte Gästeschar.
    »Ja, ja«, sagte Bulle, zog den Geldschein aus der Tasche und reichte ihn Charlie, der ihn mit hochrotem Kopf anstarrte.
    »Willst du mich veräppeln, du Zwerg?«, fauchte er.
    »Hä?« Bulle sah Charlie verständnislos an, der wiederum aussah, als würde er Bulle am liebsten mit bloßen Händen erwürgen.
    »Du hast gewonnen«, flüsterte der Zahnlose Bulle ins Ohr. »Sein Pfeil ist runtergefallen, da verliert man seine Punkte. Du kennst die Regeln wirklich nicht, was?«
    »Nie im Leben, Charlie«, sagte Bulle. »Ich wollte dich bloß fragen, ob du den Schein wechseln könntest, damit ich dir einen Drink spendieren kann.«
    Charlie Crunch legte den Kopf schräg. »Irgendwas stinkt hier mächtig gegen den Wind. Der Zwerg kann die Regeln nicht, wirft aber wie ein Weltmeister. Nein, besser als ein Weltmeister. Mit einem Handschuh! Er ist ein Betrüger.« Charlie packte Bulle an den Haaren, hob ihn in die Luft und hielt ihn am gestreckten Arm vor sich. »Was bist du eigentlich für einer? Woher wusstest du, dass du mich hier finden würdest? Bist du…«
    Plötzlich wurde er von jemandem unterbrochen, der an einem der Tische im hinteren Teil des Lokals saß.
    »Da brat mir doch einer einen Storch, wenn das nicht Donner-Schörlo ist? Der weltberühmte, polizeilich gesuchte Bankräubätten!«

    Alle Gäste im Lokal drehten sich zu dem Tisch um. Dort saß ein langer, dünner, bärtiger Mann mit etwas auf dem Kopf, das verdächtig nach einer Perücke aussah. Noch dazu trug er ein Ding auf der Nase, das verdächtig an eine Schwimmbrille erinnerte. Neben ihm saß ein Mädchen mit einer so ausgeprägten Nase, dass man hätte meinen können, sie wäre angeklebt. Unter der Nase baumelte ein kleiner, aber dichter und buschiger Bart, was für kleine Mädchen ziemlich ungewöhnlich war.
    »Haltet den Mund, ihr dahinten!«, rief Bulle. »Sonst verratet ihr mich noch!«
    »Ja, genau das tun wir!«, rief das Mädchen. »Wir VERRATEN dich!«
    »Ähm…«, sagte Bulle. »Ähm…« Er beugte sich wieder zu dem Zahnlosen. »Ich steh schon wieder auf dem Schlauch. Was sollte ich jetzt noch gleich sagen?«
    »Hä?«, sagte der Zahnlose.
    Der dürre Mann hatte sich von seinem Platz erhoben. »Wie ich sehe, ähm, weißt du nicht, was du tun sollst, Donner-Schörlo. Ich werde auf alle Fälle Scotland Yardätten anrufen, damit sie kommen und dich festnehmen. Außer, jemand hindert mich mit Schlägen oder Trittätten daran. Ordentlich harte Trittätte. Aber wer sollte das schon tun?«
    »Ach ja, genau!«, flüsterte Bulle vor sich hin. Er bahnte sich einen Weg durch die Menschenmenge, sprang mit einem Satz auf den Tisch der beiden, hob den einen Fuß an und schlug mit der Hacke auf die Tischplatte.
    Wieder ging ein Raunen durch den Pub mit dem viel zu langen Namen, als der Tisch mit einem lauten Krachen in zwei Hälften zerbrach. Ein weiteres Raunen, als der Tisch nach einem weiteren Tritt in vier Teile zerlegt war. Dann in acht. Sechzehn. Und schließlich in… na, was glaubst du?

    Am Ende trat Bulle gegen die Tischteile, bis sie in einem hübschen kleinen Holzstapel vor der Theke lagen. Dann drehte er sich zu dem Schotten und dem Mädchen mit dem Bart um, das sich zitternd an die Wand drückte. Er hob drohend den Zeigefinger.
    »Ihr werdet die Polizei nicht rufen, weil ihr wisst, was für euch das Beste ist, stimmt’s?«
    »Ja, Donner-Schörlo«, hauchte das Mädchen mit so piepsiger Stimme, dass man fast hätte meinen können, sie würde das nur vorspielen. »Du bist ein so übler Schurke und wir haben solche Angst vor dir, dass wir uns fast in die Hose machen. Und weil wir wissen, was für uns das Beste ist, darum… darum…« Das Mädchen blies von hinten gegen den Bart. Sie sah aus, als versuchte sie sich zu erinnern, wie der Satz weiterging, bevor sie endlich fortfuhr: »… darum hauen wir jetzt ab und rufen niemanden an.«
    »Gut!«, sagte Bulle. »Weil ich heute so gute Laune habe, lasse ich euch gehen, ohne euch vorher kräftig in den Hintern zu treten. Und jetzt raus!«
    Punktgenau oder zumindest ziemlich genau punktgenau – nämlich zwei Sekunden später – waren sie durch die Tür verschwunden.
    Bulle drehte sich

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