Doktor Proktors Zeitbadewanne
sie um die Pläne für die Zeitbadewanne betrogen?
Doktor Proktor sagte nichts dazu. Sie vereinbarten, er und Bulle sollten mit der Wanne im Hühnerhaus reisen, Raspa und Lise mit der im Schweinestall.
Als Lise und Raspa allein im Schweinestall in der Wanne rührten, um die Seife ordentlich zum Schäumen zu bringen, hörte Lise Raspa schniefen. Lise sagte nichts, sondern wartete ab. Es kam noch ein Schniefen. Und noch eines.
»Sie haben ihn geliebt«, sagte Lise schließlich. »Stimmt’s?«
Raspa ließ einen langen, nassen Riesenschniefer los.
»Das hat Viktor nie begriffen«, sagte sie. »Er hat immer nur an seine Erfindungen gedacht.«
Lise nickte nur. Sie hatte längst geahnt, dass alles so zusammenhing.
»Ich hätte alles für ihn getan«, sagte Raspa, schniefte und rührte weiter. »Wenn er mich nur gefragt hätte, ich hätte ihm mit Freuden das Rezept für die blöde Zeitseife geschenkt. Ich dachte, er ist nur ein bisschen langsam und braucht einfach etwas Zeit, um sich in mich zu verlieben. Ich habe einfach nie begriffen, dass er überhaupt nicht langsam war, bis er eines Tages strahlend im Labor auftauchte und erzählte, er habe sich auf der Straße in eine junge Französin verliebt.« Megaschniefer. »Und weißt du was?«
»Nein«, sagte Lise.
»Damals war ich viel hübscher als diese... diese... Juliette Margarine. Dass du’s nur weißt!«
»Aha«, meinte Lise. »Und trotzdem hat er sich in sie verliebt. So geht es eben manchmal.«
Raspa hielt im Rühren inne und sah Lise schräg an. »Woher auf einmal so lebensklug, junge Frau, wenn ich fragen darf? Was willst du schon davon wissen, in deinem Alter?«
»Vielleicht nicht besonders viel«, sagte Lise. »Aber ich habe einmal eine Freundin verloren. Und einen neuen Freund gewonnen.«
Raspa nahm ein Taschentuch hervor und schnäuzte sich. »Ach so, ja«, sagte sie. »Einen neuen Freund, na toll.«
»Ja«, sagte Lise. »Es ist nie zu spät, um neue Freunde zu finden, wissen Sie.«
Raspa schniefte verächtlich. »Und wer bitte soll sich nach Fräulein Neunmalklugs Ansicht mit einem alten, bösen Weibsbild mit Holzbein anfreunden, wenn ich fragen darf?«
»Tja.« Lise blickte in die Seife, die zu schäumen begonnen hatte. »Ich, nur zum Beispiel.«
»Unfug!«, schnarrte Raspa.
Lise antwortete nicht. Stumm rührten sie weiter, obwohl längst genug Schaum für eine Zeitreise in der Wanne war.
»Und weißt du, was das Ärgerlichste ist?«, fragte Raspa irgendwann.
»Nein«, sagte Lise.
Raspa lachte kurz und verbittert. »Verrate Viktor nichts, aber ich habe die ganze Zeit gewusst, wie man die Zeitbadewanne konstruiert.«
Lise hielt inne. »Was sagen Sie da?«
Raspa zuckte mit den Schultern. »Dass ich den Plan für das Ding eigentlich gar nicht brauche. Ich könnte meine eigene Zeitbadewanne bauen.«
»Aber... warum sind Sie dann Bulle und mir nach Paris gefolgt, wenn nicht, um die Pläne zu ergattern?«
»Ist das nicht eine klare Sache, wie dein Freund Bulle sagen würde?«
Lise lächelte. »Sie wollten nicht die Pläne für die Zeitbadewanne finden, sondern Doktor Proktor selbst.«
Raspa seufzte tief. »Ich war dumm, ich hoffte immer noch, dass wir... dass wir vielleicht...«
». . . ein Paar werden könnten?«
Raspa lachte bitter. »Ganz schön naiv, was? Mit mir, ausgerechnet. Eine alte Hexe mit Holzbein und Mundgeruch.«
»Ich weiß ja nicht«, sagte Lise, »aber eines verstehe ich nicht: Warum helfen Sie Doktor Proktor, Juliette zu finden, wenn Sie die Pläne schon haben?«
»Manchmal«, sagte Raspa und stieg in die Badewanne, »tun auch Hexen etwas, das sie selbst nicht verstehen. Komm, Lise. Jetzt reisen wir ins finsterste Mittelalter.«
18 . Kapite l
Hexennacht
as Mittelalter erwies sich als ausgesprochen finster. Pechschwarz. Nicht mal die eigene Hand vor den Augen konnte man sehen. Nachtschwarz sozusagen. Das stellte Bulle sofort fest, als er in der Badewanne aufstand. Er rief in die Dunkelheit hinaus:
»Ist hier jemand?« Seine Stimme echote . »Ich bin hier«, sagte eine Stimme gleich neben ihm . »Das weiß ich«, sagte Bulle. »Wir sind ja in derselbe n
Badewanne gereist. Ich frage mich nur, ob sonst noch wer hier ist. Sehen Sie jemanden?« »Nein«, sagte der Doktor. »Juliette? Juliette?« Keine Antwort. »Juliette!«, wiederholte der Professor. »Juli. . . Autsch!« »Was war das?« »Ich hab schon wieder was an den Kopf gekriegt.« »Was denn?« »Ich weiß nicht, es hat sich angefühlt wie eine Badewanne.«
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