Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Doktor Proktors Zeitbadewanne

Doktor Proktors Zeitbadewanne

Titel: Doktor Proktors Zeitbadewanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
Vom Netzwerk:
ihr noch habt, aber wenn überhaupt, dann würde ich euch raten, benutzt sie, um in eure Zeit zurückzukommen. Dorthin werde jedenfalls ich zurückkehren.« Sie lehnte sich zurück und legte den Fuß über ihr Holzbein.
    »Raspa . . .«, flüsterte der Professor mit tränenerstickter Stimme, während ihm eine besonders dicke Professorenträne über die Wange rollte. »Bitte! Was willst du haben, ich gebe dir alles, damit du mir erzählst, wo Juliette ist!«
    Raspa zog eine Augenbraue hoch. »Alles, was ich will?«
    »Alles! Ist dir das nicht klar? Wenn ich Juliette nicht bekomme, kann ich ebenso gut sterben.«
    Bei diesen Worten zuckte Raspa zusammen, als hätte ihr jemand einen Schuss aus der Erbsenkanone verpasst.
    »Ahaaa?«, fragte sie scharf und hob das Kinn. »Dann fertige eine Kopie vom Entwurf der Zeitbadewanne an und gib ihn mir. Ha!«
    »Nichts leichter als das!«, lachte der Professor. »Du kannst gern die ganze Erfindung für dich haben. Und auch alle anderen, die ich jemals gemacht habe. Alles soll dir gehören!«
    Raspa sperrte den Mund auf, aber erst einmal kam nichts heraus. Sie machte ihn wieder zu, machte ihn wieder auf und versuchte es erneut. »Willst du damit sagen . . .«, flüsterte sie. »Willst du sagen, du gibst mir alles, nur für... diese Frau?«
    »Ja, das will ich damit sagen«, entgegnete Doktor Proktor entschlossen. »Du hast mein Wort. Du magst von mir denken, was du willst, aber du weißt, was ich versprochen habe, halte ich immer.«
    Raspa starrte ihn mit aufgerissenem Mund an.
    »Und?«, fragte der Professor.
    »Abgemacht«, sagte Raspa kaum hörbar. »Also...«
    Sie holte tief Luft und wieder war nichts zu hören als das Hufgeklapper, dazu das Muhen ferner Kühe und ein Geräusch, das fast so klang wie Schnarchen. »Als ich die Tür eures Zimmers in der Pension aufgebrochen hatte, waren die beiden Kinder gerade mit der Badewanne abgereist. Aber Juliette war noch da. Ich zwang sie mit meiner alten, aber funktionstüchtigen Pistole in die Badewanne. Dann packte ich ihr Haar, tauchte meinen Kopf ein, konzentrierte mich und schickte sie dorthin, wo sie jetzt ist. Genau so, wie du die Karte verschickt hast, Viktor.«
    »Hm«, nickte der Professor. »Und wohin genau?«
    »An einen Ort natürlich, an dem sie weder fliehen noch gefunden werden kann. Immerhin ist sie...wie soll ich sagen... alles, was ich gegen dich in der Hand habe.«
    Doktor Proktor schluckte. »Wo ist sie? Raus mit der Sprache.«
    »In einer Kerkerzelle. In der Stadt Rouen, am 30. Mai des Jahres 1431.«
    Doktor Proktor runzelte die Stirn: »Warum gerade dahin und zu der Zeit?«
    »Ich weiß«, sagte Lise entsetzt.
    »Ja?« Doktor Proktor sah sie an.
    »Wir haben das gerade bei Frau Strobe in Geschichte durchgenommen. An dem Tag wurde Jeanne d’Arc auf dem Marktplatz von Rouen auf dem Scheiterhaufen verbrannt.«
    »Stimmt das?« Wütend sah der Professor Raspa an.
    Die zuckte mit den Schultern. »Das fiel mir halt so ein.«
    »Irgendetwas sagt mir, dass uns noch ziemlicher Ärger bevorsteht«, sagte Doktor Proktor.
    In diesem Augenblick hielt die Kutsche an und der Kutscher rief von draußen: »Mademoiselle Raspa, wir sind in Pastille!«
    »Ach, du wolltest auch hierhin?«, fragte Doktor Proktor.
    »Natürlich«, sagte Raspa. »Meine Zeitbadewanne steht hier. Genauer gesagt, im Schweinestall.«
    »Sie sind mir gefolgt«, sagte Lise.
    »Ja. Irgendwann war mir klar, dass der da mich niemals zu Viktor führen würde.« Die Raspa deutete mit dem Kinn auf Bulle, der für seine Verhältnisse schon ganz erstaunlich lange den Mund gehalten hatte. Er war auf seinem Sitz zusammengesunken und das Geräusch, das fast so klang wie Schnarchen, war genau das: Er schnarchte.
    Lise drehte die Augen gen Himmel und trat Bulle ans Schienbein. Er schlug die Augen auf, zwinkerte, schmatzte, lächelte und murmelte schlaftrunken, aber durchaus hoffnungsvoll: »Frühstück?«
    Eilig stiegen sie aus. Glücklicherweis standen die Badewannen noch dort, wo sie sie verlassen hatten. Zwar mussten sie drei Schweine hinausbitten, die sich in den Wannen vergnügten, und im Hühnerhaus hatte der Hahn sich auf dem Rand von Doktor Proktors Wanne niedergelassen und betrachtete die Wanne jetzt offenkundig als sein Eigentum, jedenfalls versuchte er, sie mit wütenden Schnabelhieben zu verteidigen.
    Raspa streute Zeitseife in beide Wannen und sagte, sie werde mit ihnen nach Rouen kommen. Wie sollte sie sonst sicher sein, dass sie sich nicht verkrümelten und

Weitere Kostenlose Bücher