Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)
gemischten Salat. Geht das so in Ordnung?«
»Sie hören mir ja gar nicht zu! Sie glauben immer noch, unsere Arbeit wäre irgendein mies bezahlter Job. Wenn man nichts kann und nichts weiß, wird man eben Verkäuferin und wartet auf eine richtige Stelle! Sie können sich nicht einmal vorstellen, wie viele Probleme wir dank unserer Einfühlsamkeit lösen, wie viele sich an uns abreagieren und was wir alles mit einem Lächeln auf den Lippen hinunterschlucken müssen. Wenn ich Ihnen ein paar Geschichten über gewisse Persönlichkeiten erzählen würde! Wie viele Familien vor unseren Augen wieder zusammengefunden haben! Ja, essen wir. Das ist besser …«
»Sie haben recht. Es ist eine komplizierte Sache. Das will ich Ihnen nicht verhehlen. Ihre Angst ist begründet.«
»Wird er weitermachen?«
»Der Mörder? Das weiß ich nicht. Er könnte sein Ziel erreicht haben …«
»War sie das Ziel? Wollen Sie sagen, dass er den ganzen Rest inszeniert haben könnte, obwohl er es einzig auf dieses arme Mädchen abgesehen hatte?«
»Schon möglich. Sie haben mir gesagt, dass Sie Signorina Schepis kaum gekannt haben …«
»Richtig.«
»Dennoch liegt das Geschäft des Opfers nur wenige hundert Meter von dem Ihren entfernt, und Sie haben mir vor ein paar Tagen erklärt, dass Sie sich fast alle untereinander kennen.«
» Fast alle. Sie nicht. Ich wiederhole: Sie muss jemand gewesen sein, der lieber für sich blieb.«
»Aber Sie und die anderen Attackierten, sie kannten sich …«
Die Frau erstarrte.
»Wir gehören zu demselben Kreis.«
»Es ist also etwas Physiologisches. Ein gewisser … Mario De Pol … kennen Sie den?«
»Mario! Der arbeitet in der Bibliothek …« Das Mädchen schien leicht zu erröten.
»Sie kennen ihn?«
»Ein tüchtiger Bibliothekar, kennt sich mit neuen und alten Büchern aus. Er gibt einem nie einen falschen Rat …«
»Ein tüchtiger Mann also …«
»Soweit ich das beurteilen kann. Er wird doch nicht etwa verdächtigt?«
»Ganz bestimmt nicht. Ich versuche nur, mir ein Bild davon zu machen, wer zu Ihrem Umkreis gehört.«
»Sie glauben, dass der Mörder jemand sein könnte, der uns nahesteht?«
»Noch glaube ich gar nichts, Signorina.«
»Sie wollen es mir nur nicht verraten. Staatsgeheimnisse …«
»Wie Sie meinen …«
Später berichtete ihm Landrulli über den Anruf eines gewissen Signor Springolo, der ihm als Inhaber des Ladenlokals genannt worden war, in dem Jolanda Schepis gearbeitet hatte.
Der Mann war an verschiedenen Geschäften und Immobilien beteiligt, und Signorina Schepis war auf seinen Wunsch eingestellt worden, da er ihren Vater kannte. Die beiden Männer besaßen Anteile an einigen Hotels an der istrischen Küste.
Das Mädchen wollte in eine andere Stadt ziehen, und ihr Vater hatte seinen Partner um Unterstützung gebeten. Eine sehr zurückhaltende junge Frau.
»Sehr gut, Landrulli. Ich gebe dir die Handynummer der Schepis; besorge dir die Ausdrucke der Telefonverbindungen der letzten drei Monate. Und was ist mit der Rumänin?«
»Dazu später, Signor Inspektor. Muss ich De Pol weiter auf den Fersen bleiben?«
»Stell dir folgende Frage: Wie kann ich nachweisen, dass De Pol wahrscheinlich mit zumindest einem der vier attackierten Mädchen eine Beziehung unterhielt, während er auf die übrigen den Reiz des schönen Intellektuellen ausübte und folglich fast mit Sicherheit eine Analogie darstellt?«
»Aber wenn er der Hallodri wäre, wie Sie meinen, dann müsste er sich doch irgendwie verdächtig gemacht haben …«
»Ist er dir wie ein Idiot vorgekommen?«
»Ich habe ihn nicht aus der Nähe gesehen …«
»Von Weitem, ist er dir dann von Weitem wie ein Idiot vorgekommen?«
»Wie kann man das von Weitem feststellen …?«
»Morgen kümmere ich mich selbst um De Pol. Auf dem Rückweg aus Triest.«
»Sie fahren zu den Schepis?«
»In einer halben Stunde.«
Stucky steckte die Akte in seine Tasche. Er würde den Zug um neunzehn Uhr neunzehn nach Venedig nehmen und dort den Anschluss nach Triest. Es war der Zug, mit dem er früher immer gefahren war, als er in Treviso noch auf Wohnungssuche war. Von Treviso nach Venedig, eine ordentliche Strecke, eine ziemlich schnelle Verbindung, die beste Stunde des ganzen Arbeitstages. Zehn Minuten mit geschlossenen Augen bis zum Halt in Mogliano Veneto, eine Pause zur Erfrischung, um dann die grauen Zellen arbeiten zu lassen.
Er kannte Triest, eine Stadt, die ihn ängstigte. Er erinnerte sich an den Hafen und die
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