Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)
von Klema handeln, dachte er, während er den Knoten löste, mit dem der Blusenärmel am Griff befestigt war.
Eiligen Schrittes ging er in Richtung Polizeipräsidium, die Zeitungen und die Bluse an sich gepresst.
Unterwegs rief er Signora Veneziani an, die sich angestrengt zu erinnern versuchte, wie die Schepis gekleidet gewesen war, weiße Bluse, ja, auch das Modell würde passen.
Die Zeitungen rutschten ihm davon, und während sie zu Boden segelten, bemühte er sich, blitzschnell wenigstens die Schlagzeilen in Plakatschrift zu erfassen: Junge Verkäuferin ermordet und Frieden des Weihnachtsfests bedroht.
Erst im Polizeipräsidium konnte er sie dann in Ruhe lesen: Die Tatsache, dass es sich um eine dunkelhäutige Frau gehandelt hatte, wurde kaum erwähnt. Er musste ein paar Gedanken mit dem Polizeipräsidenten austauschen, der beunruhigt war, auch wenn er keinerlei Gefahr witterte, die irgendetwas mit Rassismus zu tun haben könnte.
»Die anderen Verkäuferinnen waren alle Weiße.«
»Aber diese hier war schwarz. Halten Sie das für einen Zufall?«, hatte Stucky eingewandt.
»Sie behandeln diesen Fall bitte wie üblich. Es ist nichts Besonderes daran. Für uns sind die Toten alle gleich.«
»Für uns, ja. Aber für den Mörder?«
Der Polizeipräsident schien zu spüren, wie sein Blutdruck anstieg. Zufrieden verließ Stucky sein Büro.
Der Sekretär des Bischofs hatte den Polizeipräsidenten mehrfach angerufen und erreicht, dass der für die Ermittlungen Verantwortliche persönlich angespornt wurde: »Ein für unsere Gemeinde bedeutender Augenblick rückt näher.«
»Dessen bin ich mir bewusst, Monsignore.«
»Das hochheilige Weihnachtsfest könnte durch Vorkommnisse dieser Art gestört werden …«
Stucky überlegte, dass Weihnachten schon alles Mögliche überstanden hatte und dass man es daher wohl als krisenfest einstufen konnte.
»Ich wünsche mir, dass das hochheilige Weihnachtsfest so verläuft, wie die Tradition es will, nämlich in friedlicher Atmosphäre.«
»Das ist auch mein Wunsch.«
»Ich weiß, dass Sie Tag und Nacht arbeiten und keine Mühe scheuen werden, sich weiterhin mit aller Tatkraft einzusetzen …«
Die Art, wie er ihn tadelte, indem er ihn lobte, war unglaublich. Ein echter Profi.
»Monsignore, ich werde mein Möglichstes tun.«
»Ich bin mir sicher, dass das genügen wird.«
Kopfschüttelnd öffnete Stucky den Brief, den ihm der Gerichtsmediziner, Dr. Panzuto, geschickt hatte. Jolanda Schepis hatte, bevor sie ermordet wurde, Wein getrunken und ein Beruhigungsmittel eingenommen. Der Mörder hatte verhindern wollen, dass sie im Augenblick ihres Todes Angst verspürte.
Der Inspektor rief den behandelnden Arzt des Opfers an. Dieser hatte sie nur einmal untersucht, vor längerer Zeit schon. Kerngesund.
Stucky machte sich auf den Weg. Zu Fuß bis in den Hof hinter dem Laden, in dem Signorina Schepis gearbeitet hatte. Dort versuchte er sich die Szene vorzustellen: Jolanda wartete im Geschäft auf Klema, er hatte eine Flasche bei sich, zwei Gläser und ein Beruhigungsmittel.
Er betrachtete die blinden Mauern, die den Hof umschlossen und auf denen sich Wasserstreifen und allerlei sonstige Flecken abzeichneten, und die beiden Eingänge, von denen der eine zur Vorderseite des Gebäudes und damit zu den wichtigen Straßen führte, während der andere am Nachbarhaus vorbeiführte und in einem weiteren offenen, anonymen Hof endete.
Klema hatte vielleicht den Schlüssel zur hinteren Tür, hatte angeklopft und sich mit leiser Stimme gemeldet.
Stucky steckte sich den Stöpsel des Kopfhörers ins Ohr und schaltete das Tonband ein, um sich den Bericht von Landrulli anzuhören, der den ganzen Samstag Mario De Pol auf den Fersen gewesen war.
… I ga … Achtung, Probe … I ga igà … Neun Uhr dreißig, die Person verlässt das Haus und steigt in ihr Fahrzeug ein, einen roten Ford Focus, leichte Beule an der hinteren Stoßstange, blinkt korrekt und biegt in die Straße ein, ich folge ihm die ganze Umgehungsstraße entlang, er biegt rechts ab. In Richtung Castel… Castelfranco, der Bahnübergang ist geschlossen … I ga igà … Ich weiß nicht, wie es weitergeht, die Person fährt wieder los, sie fährt vorsichtig und nicht ruckartig, hält sich an die Straßenverkehrsordnung …
Stucky spulte vor.
… wir stehen am Bahnübergang … I ga … Da, er macht einen Ruck, beschleunigt auf der langen Geraden, überschreitet die Höchstgeschwindigkeit um zwanzig Kilometer, biegt nach
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