Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)
links in eine lange Allee ein, ich weiß nicht mehr genau, wo wir sind, dennoch folge ich ihm unauffällig, es gibt immer weniger Häuser und immer mehr Bäume, alle ohne Laub, er hat den Blinker betätigt und bleibt vor einem Holzhaus mit einem Bretterzaun stehen, ich muss weiterfahren und kehre gleich wieder um … I ga igà igà … Vielleicht doch nicht, das Auto steht noch immer an derselben Stelle, die Person ist nicht da, jedenfalls sieht man sie nicht, ich steige aus, um nachzuschauen, vor dem Haus ist ein Schild, es ist ein Park …
»Ein Verdächtiger, der die Natur liebt!«, platzte es aus Stucky heraus, der genau wusste, um welchen Ort es sich handelte. Der Mann hatte sich in einen Teil des Parco del Sile begeben, an einem Samstagmorgen, vielleicht um die Erlen zu fotografieren.
Ob er bemerkt hatte, dass Landrulli ihm gefolgt war? Jedenfalls hatte er ihn auf eine Spazierfahrt mitgenommen, die es dem Neuen erlaubt hatte, die Schönheiten der Marca Trevigiana kennenzulernen.
Der Inspektor schaltete das Tonbandgerät wieder ein.
… ich kann hier nicht stehen bleiben, das fällt zu sehr auf, ich warte auf die Person an der Kreuzung, von der aus wir hineingefahren sind, es ist zehn Uhr zwölf. Es ist zehn Uhr fünfundvierzig, und ich sehe ihn nicht. Es ist elf Uhr zwanzig. Da ist er: elf Uhr siebenundzwanzig, er kommt zurück. Ich folge ihm …
Er rief Landrulli an.
»Ich habe das Tonband abgehört, den Vormittagsteil. Jetzt fass mir mal bitte den Nachmittag zusammen.«
»Er ist nach Hause gefahren. Bis sechzehn Uhr hat er sich nicht gerührt. Dann ist er ins Zentrum gegangen und hat Einkäufe gemacht.«
»Ausgezeichnet! Hast du die Geschäfte notiert, die er aufgesucht hat?«
»Kinderkleidung, Süßigkeiten und dann ein Schuhgeschäft. Er hat Pralinen und Bonbons gekauft und etwas in dem Geschäft für Kindersachen …«
»Geschenke. Hast du seine familiäre Situation überprüft?«
»Er ist nicht verheiratet, der Vater ist vor drei Jahren gestorben, zwei Brüder, einer arbeitet in Genua. Der andere Bruder wohnt in Feltre, ist seit zwei Jahren verheiratet, hat eine kleine Tochter.«
»Im Schuhgeschäft, was hat er da gemacht?«
»Er hat sich verschiedene Modelle zeigen lassen, aber … wissen Sie, wo dieser Laden ist?«
»In der Nähe des Geschäfts der armen Signorina Schepis?«
»Gegenüber … Analogie oder Homologie?«
»Es ist noch zu früh, um das festzustellen. Man muss herausfinden, mit wem die Schepis Umgang hatte …«
»Signor Inspektor, soll ich nach Triest fahren, zu den Eltern?«
»Ich bezweifele, dass sie in Bezug auf die Freundschaften ihrer Tochter, die so weit weg wohnte, auf dem Laufenden sind. Nein, im Augenblick versuchst du herauszufinden, wem das Gebäude gehört, in dem sich der Arbeitsplatz der Schepis befindet, und dann besorgst du dir den Mietvertrag, die Unterlagen für den Hausmüll-Sammeldienst und die Liste der anderen Mieter im Wohnhaus des Opfers, während ich noch einmal zu ihrer Nachbarin gehe, natürlich ohne dich, du teron .«
»Wie Sie wünschen, Signor Inspektor.«
»Ach, und dann nimmst du noch die Rumänin in die Mangel, die Putzfrau.«
An der Tür der Nachbarin sah Stucky einen an die Haushaltshilfe adressierten Zettel: »Bin auf dem Markt von Borgo Mazzini. Bin gleich wieder zurück.«
Der Inspektor traf die Frau an, als sie an einem Stand gerade einen Stapel alter Postkarten durchsah.
»Guten Tag, Signora!«
»Ach, der Polizist …«
»Sagen Sie ja nicht, dass Sie Ansichtskarten sammeln!«
»Um ehrlich zu sein: Ich suche nur nach einer einzigen.«
»Nach einer ganz bestimmten Karte?«
»Nach einer Karte aus Istrien, aus dem Jahr 1946. Aus Fiume. Eine Karte, die mein Vater an seinen Bruder geschickt hat und auf der er ihm mitteilt, dass wir zurückkehren.«
»Dann stammen Sie also aus Istrien. Ich hatte schon geglaubt, einen besonderen Akzent herauszuhören …«
Die Frau hörte ihm gar nicht zu.
»Dieser Stand ist auf Briefe und Karten aus Istrien spezialisiert. Jede Woche hat er neue. Wenn ich sie hier nicht finde …«
»Ist diese Karte denn so wichtig?«
»Das ist meine Sache!«
»Entschuldigen Sie, Signora …«
»Was wollen Sie eigentlich?«
»Ich habe mich gefragt, ob Sie sich im Zusammenhang mit Signorina Schepis, der Verstorbenen, noch an etwas anderes erinnern …«
»Wir sind uns kaum begegnet.«
»Haben Sie sie nie in Begleitung gesehen?«
»Wie denn?«
»Vielleicht sind Sie ihr einmal im Treppenhaus begegnet,
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