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Dollars

Dollars

Titel: Dollars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerben Hellinga
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werden.
    Ich bestellte ein großes Pils, das erste seit ich weiß nicht wie lange. Es war der reinste Nektar. So saß ich denn wie ein schwedischer Holzfäller mit einem Pils in der Hand und einer Zigarettezwischen den Lippen in einem Amsterdamer Straßencafé. Ein Fremder in meiner eigenen Stadt. Außer Jeanette wußte kein Mensch, daß ich wieder da war. Ich paffte meine Zigarette, betrachtete die Mädchen, die vorüberspazierten und herüberschielten, und dachte darüber nach, was ich jetzt eigentlich machen wollte.
    Irgendwie würde ich mich doch wieder eingliedern müssen, wahrscheinlich wollte ich auch wieder an mein früheres Leben anknüpfen, aus dem Grund war ich ja wohl nach Amsterdam zurückgekehrt.
    Aber wie? Indem ich wieder arbeitete? Werbetexte für Zahnpasta schrieb? Zum Zigarettenabsatz beitrug? Socken anpries? Etwas anderes hatte ich ja nicht gelernt. Vielleicht kein besonders ehrenwerter Beruf, aber wenigstens etwas, was Geld einbrachte. Ich beschloß, am nächsten Morgen erste geschäftliche Kontakte aufzunehmen. Nach einem zweiten Pils ging ich in einen Imbiß im Halvemaansteeg um die Ecke und aß eine Kleinigkeit. Gegen halb zehn stand ich wieder draußen, gesättigt, aber jetzt mit einem anderen, ungezügelten, jugendlichen Hunger im Bauch. Es wurde Zeit, daß ich auch den endlich stillte. Nach anfänglichem Zögern entschied ich mich, meinen Besuch bei Jeanette um einen Tag vorzuverlegen. Mehr als nein sagen konnte sie schließlich nicht.
     
    Sogar das piekfeine Apollo-Viertel hatte an diesem schwülen Septemberabend etwas Geselliges. Auch hier flanierten viele Menschen auf den Straßen, vor allem halbe Kinder zwischen fünfzehn und zwanzig, die sich, symbolträchtig an Eislollis leckend, in großen Gruppen aneinander vorbeischoben und ganz offensichtlich genau wie ich mit dem Ruf der Natur zu kämpfen hatten. Dem Aussehen nach mußten manche von ihnen mit Leuten verwandt sein, die ich früher gekannt hatte. VielleichtGeschwister oder sogar Kinder früherer Klassenkameraden.
    Ich war in diesem Viertel aufgewachsen und zur Schule gegangen. Jede Straße war mit Erinnerungen verbunden. Dort wohnte mein alter Zahnarzt, dort war die Kirche, in der meine Schwester zum Konfirmandenunterricht gegangen war, von dem Tabakhändler da hatte ich immer die leeren Zigarrenkistchen bekommen. Er stand gerade vor seinem Ladeneingang und rauchte. Alt war er geworden. Wir sahen einander einige Sekunden lang eindringlich an, vielleicht erkannte er mich ja, aber er grüßte nicht.
    Was mag die vermögenden Amsterdamer in den dreißiger Jahren nur dazu veranlaßt haben, sich in so eine grausige Gegend zu verkriechen? Wer zog denn freiwillig in solche Pfefferkuchenhäuschen, und welcher Architekt hatte bloß diese monströsen, tristen, grauen Wohnblocks auf dem Gewissen?
    Dennoch hatte auch diese Ausgeburt bürgerlichen Einfallsreichtums auf die Dauer ihren eigenen Charakter entwickelt, und das vor allem dank der Zusammensetzung der Bewohner. Hier gab es ein einträchtiges Nebeneinander von jüdischen Immigranten und alten Nazis. Das Straßenbild beherrschten Stewardessen, Mannequins und Sekretärinnen, während die Häuser in erster Linie von Neurologen und Hautärzten bewohnt zu sein schienen.
    Ich sah mich selbst wieder durch diese Straßen laufen, als kleiner Junge, ungeheuer blond, mit grimmigen schwarzen Augen, still und zurückgenommen – und hitzköpfig. Von allen alten Damen vergöttert und geherzt, aber ohne Freunde, denn die anderen Kinder hatten Angst vor mir. Und dann, einige Jahre später, als ich aufs Gymnasium ging: ein übermütiger Großkotz, der bei den Mädchen ankam und das zu früh auszunutzenwußte, zum Schrecken ihrer Eltern – und der Mädchen selbst. Ich war der Kapitän der Hockeymannschaft, der beste Tennisspieler, schnellste Schwimmer und beste Schüler der Klasse und ein unheimlicher Rüpel, der keine Hemmungen hatte, jedem gleich auf die Fresse zu hauen. Wieder ohne Freunde.
    Kurz vor dem Abitur war ich meine Rolle als Klassenprimus plötzlich so leid, daß ich der Schule den Rücken kehrte. Ich zog durch die Kneipen im Stadtzentrum, und es dauerte nicht lange, bis ich mir auch dort meinen Platz erobert hatte, diesmal ohne daß ich es wollte. Mit nicht mal achtzehn ging ich auf wilde Partys, wo mich die Männer als Maskottchen und die Frauen als interessantes Verführungsobjekt betrachteten.
    Als ich die große Brücke am Apollo-Pavillon erreicht hatte, auf die auf der einen Seite

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