Dolly - 12 - Die juegste Burgmoewe
Du, Angelika, hilfst eine Woche lang
drüben im Möwennest den Gärtnern. AnnaSofie wird in der gleichen
Zeit täglich die Post besorgen…“
„Zu Fuß?“ erkundigte sich das Pummelchen entsetzt.
„Natürlich. Helga wird auf dem Tennisplatz Bälle sammeln und die
Umkleideräume in Ordnung halten. Franziska wird ihr umwerfendes
Temperament am Gerätekeller auslassen, ihn gründlich reinigen und
eine Woche lang für die Ausgabe der Sportgeräte verantwortlich
sein.“
„Aber dafür gibt’s doch eine Tafel, wo alle sich eintragen, die was
rausgenommen haben!“
„Stimmt, Franziska. Für die kommende Woche wird das eben mal
geändert. Du wirst die Sportgeräte ausgeben und dich dabei in
Höflichkeit und Rücksichtnahme üben. Martina wird in der Bibliothek
Dienst tun und Iris auf der Krankenstation. Verena wird den Hof und
Parkplatz sauberhalten und dem Gärtner helfen. Und Juliane darf eine
Woche Stalldienst im Pferdestall drüben tun. Iris wird Küchenhilfe,
Ingrid arbeitet in der Wäscherei und Uschi im Büro. Tauschen gibt’s
nicht, ich habe mir genau überlegt, was für wen das beste ist.“ „Eine Woche Stalldienst!“ jammerte die stets ein wenig zimperliche
Juliane, die allerdings gar nicht zimperlich war, wenn es darum ging,
jemandem ein Bein zu stellen. „In dem Gestank! Da geh ich ein.“ „Stalldienst ist doch toll“, widersprach Franziska ihr. „Aber den
Keller putzen! Eine Woche lang da unten hocken!“
„Es fördert das Nachdenken ungemein“, sagte Dolly lächelnd.
„Wollen doch mal sehen, ob ihr nach der Woche nicht besser gelernt
habt, in Frieden miteinander zu leben.“
Dolly behielt recht. Zwar machten sich die Mädchen in dieser
Woche nicht allzu viele Gedanken darüber, wo denn nun die eigene
Schuld gelegen hatte. Aber Tag für Tag getrennt von den
Kameradinnen einen langweiligen Dienst zu versehen, belächelt und
herumkommandiert von den Großen, das war wirklich zu öde! In
Zukunft achteten sie sorgsam darauf, nicht miteinander in Streit zu
geraten, und stürzten sich wirklich wieder einmal zwei Kampfhähne in
blinder Wut aufeinander, dann beeilten sich die anderen,
dazwischenzugehen und die beiden zur Vernunft zu bringen. Mit den größeren Mädchen hatte Dolly keine Probleme. Von der
dritten Klasse an waren die meisten zu echten Burgmöwen geworden,
die sich so verhielten, wie Frau Greiling es ihnen erzählt hatte. Und
die Neuen lernten schnell, sich anzupassen.
„Alles in allem habe ich dieses Jahr wirklich Glück!“ sagte Dolly
abends zu Klaus. „Ein Jahr ohne Problemkinder. Das hat es, glaube
ich, noch nie gegeben.“
„Warte ab“, mahnte Klaus. „Das Schuljahr beginnt erst. Da kann
sich noch manches entpuppen, von dem wir uns jetzt nichts träumen
lassen.“
„Die Mädchen sind alle prima“, widersprach Dolly. „Man kann mit
ihnen vernünftig reden, sie sind offen und zugänglich, damit ist
eigentlich schon alles gewonnen.“
„Hoffen wir, daß du mit deinem Optimismus recht behältst. Was
hältst du übrigens von Charlie?“
„Ein nettes Mädchen. Unkompliziert, ruhig und ehrgeizig.“ „Zu ehrgeizig, wenn du mich fragst.“
„Hast du Probleme mit ihr?“
„Nein. Aber ein ungutes Gefühl. Ich kann’s dir nicht erklären, aber
es ist was an ihr, das mich mißtrauisch macht. Ihre gespannte Überwachheit, ihr Ständig-auf-dem-Sprung-Sein. Ihr entgeht nicht die
kleinste Kleinigkeit. Und über alles führt sie Buch!“
„Sie führt Buch? Über was? Wie meinst du das?“
„Ich habe es durch Zufall entdeckt. Sie hatte in einem Übungsheft,
das ich einsammelte, einen Zettel vergessen. Darauf hatte sie
Eintragungen über den Speisesaal gemacht. Wer an welchem Tisch
wo sitzt. Wer wann Tischdienst hat. Dann die Lieblingsspeisen der
einzelnen Mädchen, und wer was nicht ausstehen kann. Die Namen
der Küchenhilfen und Aufzeichnungen der Gespräche, die bei Tisch
geführt wurden, in Stichworten nur, aber ausreichend, um ein genaues
Protokoll daraus zu machen.“
Dolly hatte ungläubig zugehört, jetzt lachte sie hell auf. „Unglaublich, was die Mädchen sich so alles einfallen lassen.
Vielleicht will sie ein Buch über Möwenfels schreiben. Oder später
mal Detektiv werden. Hast du sie gefragt, was der Zettel zu bedeuten
hat?“
„Das habe ich nicht getan. Weil ich befürchtete, sie würde mir nicht
die Wahrheit sagen. Ich habe den Zettel neben ihren Platz gelegt, so,
als sei er hinuntergefallen.“
„Herr Schwarze, Herr Schwarze, wie finde ich denn das nun
wieder! Du
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