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Dom Casmurro

Dom Casmurro

Titel: Dom Casmurro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joaquim Maria Machado de Assis
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wir sahen uns a n … O kindliches Geständnis, du wärst gut und gerne zwei oder drei Seiten wert, doch ich will mich kurz fassen. Eigentlich sprachen wir nichts; die Mauer sprach für uns. Wir rührten uns nicht, nur unsere Hände streckten sich aus, alle vier, sie ergriffen sich, drückten sich und verschmolzen miteinander. Das genaue Datum dieses Ereignisses habe ich nirgendwo vermerkt. Ich hätte es aufschreiben sollen, denn heute fehlt mir eine an diesem Abend getätigte Aufzeichnung, die ich hier samt ihren Rechtschreibfehlern hätte einfügen können. Allerdings hätte sie keinen einzigen enthalten, denn das war genau der Unterschied zwischen dem Schüler und dem jungen Mann. Ich kannte zwar die Regeln des Schreibens, doch von denen des Liebens hatte ich keine Ahnung; Orgien kannte ich nur aus dem Lateinunterricht, bei den Frauen war ich jungfräulich.
    Wir ließen uns nicht los, und unsere Hände senkten sich auch nicht von allein oder aus Müdigkeit. Unsere Augen sahen sich an, blickten wieder weg, und waren sie ein wenig umhergeschweift, so trafen sie sich wiede r … Der zukünftige Pfarrer stand vor dem Mädchen wie vor einem Altar, die eine Gesichtshälfte die Epistelseite, die andere die Evangelienseite. Der Mund mochte der Kelch sein, die Lippen der Hostienteller. Nun musste nur noch die Primiz 14 gelesen werden, in einem Latein, das keiner lernt und das doch die katholische Sprache der Menschen ist. Halte mich nicht für einen Gotteslästerer, liebe fromme Leserin; die Lauterkeit meiner Absicht wird alles, was an meinem Stil unchristlich ist, wieder reinwaschen. Da standen wir also, und in uns war der Himmel. Die Nervenbahnen der Hände vereinten sich und schufen aus zwei Wesen eines, ein engelsgleiches. Unsere Augen sagten noch immer unendlich viele Dinge, während die Worte des Mundes gar nicht erst herauszugelangen suchten, sondern stumm, wie sie gekommen waren, zum Herzen zurückkehrte n …
    15
    Eine weitere unerwartete Stimme
    Da erklang eine weitere unerwartete Stimme, diesmal die eines Mannes: «Spielt ihr ‹ Wer lacht, verliert › ?»
    Es war Capitus Vater, der am Hintereingang neben seiner Frau stand. Wir lösten schnell unsere Hände und wurden verlegen. Capitu trat an die Mauer und kratzte heimlich unsere Namen weg.
    «Capitu!»
    «Ja, Papa?»
    «Mach mir nicht den Putz an der Mauer kaputt!»
    Capitu kratzte weiter über das Eingeritzte, damit man es nicht mehr lesen konnte. Pádua trat in den Garten, um zu sehen, was es war, doch seine Tochter hatte bereits mit etwas anderem begonnen, einem Profil, von dem sie sagte, es sei das des Vaters, das aber ebenso gut das der Mutter hätte sein können. Er musste lachen, und das war die Hauptsache. Er wirkte auch gar nicht verärgert, sondern eher liebevoll, trotz der zweifelhaften oder eindeutigen Situation, in der er uns erwischt hatte. Pádua war ein kleiner, dicker Mann mit kurzen Armen und Beinen und einem Rundrücken, der ihm seitens José Dias den Spitznamen Tartaruga , die Schildkröte, eingebracht hatte. Niemand sonst nannte ihn so, nur unser Hausfreund.
    «Habt ihr ‹ Wer lacht, verliert › gespielt?», fragte er.
    Ich starrte auf einen Holunderstrauch, der dort wuchs, und Capitu antwortete für uns beide.
    «Ja, das haben wir, aber Bentinho fängt immer gleich zu lachen an, er hält es nicht lange aus.»
    «Als ich zur Tür kam, hat er nicht gelacht.»
    «Vorher hat er dauernd gelacht, er kann es einfach nicht. Wollen Sie es sehen, Papa?»
    Sie sah mir todernst in die Augen und forderte mich auf mitzuspielen. Der Schrecken ist von Natur aus ernst, und ich stand noch immer unter dem Einfluss von Páduas plötzlichem Auftauchen, weshalb ich nicht in der Lage war zu lachen, so sehr ich das auch hätte tun sollen, um Capitus Antwort zu untermauern. Sie wurde es müde zu warten, wandte den Kopf ab und sagte, ich würde ja nur deshalb nicht lachen, weil ihr Vater neben mir stehe. Auch das brachte mich nicht zum Lachen. Es gibt Dinge, die lernt man erst spät, es sei denn, sie werden einem in die Wiege gelegt, damit man sie frühzeitig anwenden kann. Und besser macht man sie auf natürliche Weise früh als auf künstliche spät. Capitu lief noch ein wenig umher und gesellte sich dann zu ihrer Mutter, die noch immer an der Haustür stand. Ihr Vater und ich blieben zurück und erfreuten uns an ihrem Anblick. Nach einer Weile richtete er seine Augen auf mich und sagte voll Zärtlichkeit: «Wer würde meinen, dass diese Kleine erst vierzehn

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