Domain
du vor meinem Bett stehst. Du hast geweint.«
Sie vermied es, ihn anzusehen. »Ich wusste nicht, ob deine Erkrankung lebensgefährlich war oder nicht.«
»Du hast dir wirklich Sorgen um mich gemacht?«
Kate rückte zu ihm. Sie fuhr ihm langsam mit den Fingern durch das Haar. »Weißt du, dass deine Augen leuchten?«
»Das liegt sicher an den Vitaminen, mit denen mich unsere tapfere Ärztin vollgestopft hat.«
»Sie findet, du hast Glück gehabt, weil du krank geworden bist.«
Er musste lachen. »Sag das bitte noch mal. Wie kommt diese Frau auf die Idee, dass Kranksein Spaß macht?«
»So war’s auch nicht gemeint. Du hast Glück gehabt, weil du dich mit der Krankheit von den übrigen Problemen im Bunker ausgeklinkt hast. Du warst körperlich und geistig voll von dem Kampf um deine Gesundheit in Anspruch genommen. Clare, ich meine Frau Dr. Reynolds, sagt außerdem, dein Unterbewusstsein hat die Zeit im Bett genutzt, um dich auf die neue Situation einzustimmen.«
»Wie bitte?«
»Das Zauberwort heißt Anpassung. Das Gehirn ist ein merkwürdiges Organ. Es kann mehrere Dinge zur gleichen Zeit tun. In deinem Fall hat es gegen die Krankheit gekämpft und zugleich deine Anpassung an die Lage nach dem Atomschlag vollzogen.«
»Anpassung?«
»Wir alle wehren uns zu akzeptieren, was sich ereignet hat, aber unser Kampf vollzieht sich bei vollem Bewusstsein. Du hingegen konntest dein Unterbewusstsein ins Feld führen, deshalb bist du uns um ein paar Längen voraus.«
Er ließ ihre Hand los. »Und du?« fragte er. »Bist du bereit, dich mit den Tatsachen abzufinden?«
»Ich bin unentschlossen. Zuerst dachte ich, ich würde mich nie an die Welt gewöhnen, wie sie jetzt ist. Inzwischen bin ich im Zweifel. Es ist unvorstellbar, was Menschen alles hinnehmen können. Ich glaube zwar, dass niemand von uns je die Tatsache eines Atomkriegs akzeptieren wird, aber wir werden lernen, in der Welt zu leben, wie sie nach der Bombe ist.« Sie schmiegte sich an ihn. »Bist du kräftig genug, um aufzustehen?«
»Ich glaube, ja.«
»Alex Dealey hat mich zu dir geschickt. Er möchte, dass ich dich in die Kommandozentrale bringe. Er will dich sprechen.«
»Kommandozentrale?«
»Du wirst staunen, wenn du das siehst. Nicht einmal die Ingenieure, die schon seit Jahren in diesem Bunker Dienst tun, hatten eine Ahnung, dass es einen voll ausgebauten Befehlsraum gibt. Wie es scheint, hatten sie immer nur zu einem kleinen Bereich des Bunkers Zutritt.«
»Das macht Sinn. Die verantwortlichen Behörden wollten den militärischen Charakter des Bunkers geheimhalten. Immer schlecht, wenn die Bürger unangenehme Fragen stellen.« Er grinste. »Meinst du, ich darf das verdammte Bett verlassen, ohne dass mir die Ärztin den Hintern versohlt?«
»Du darfst nicht nur, du sollst. Mit dem Faulenzen ist es vorbei, hat sie gesagt.«
»Das klang neulich aber noch ganz anders.« Er räusperte sich. »Es gibt ein Problem. Soll ich nackt in die Kommandozentrale gehen, oder soll ich mir aus dem Bettlaken eine Toga machen?«
»Ich hole dir deine Sachen.«
Mit raschen Schritten begab sich Kate in einen Nebenraum des Krankenzimmers. Er hörte, wie sie einen Schrank öffnete.
Wenige Sekunden später kehrte sie mit seiner Kleidung auf dem Arm zurück.
»Gewaschen, aber nicht gebügelt«, verkündete sie. »Das Loch in deinen Jeans habe ich geflickt, so gut ich konnte.«
»Danke.«
»Ich hab’s gern gemacht. Es gab sonst sowieso nicht viel zu tun.«
»Trotzdem danke.« Er legte die Kleidung auseinander.
»Möchtest du draußen warten, bis ich mich angezogen habe?«
Er war überrascht, weil Kate in Lachen ausbrach. »Als du krank warst, habe ich dich gewaschen und trockengerieben. Da hatte ich Gelegenheit genug, dich im Adamskostüm zu betrachten.«
Er hielt das Betttuch an seine Blöße gepresst. »Trotzdem möchte ich mich nicht vor dir anziehen.«
Lächelnd wandte sie sich ab. »Ich verspreche, ich werde nicht hingucken, aber ich bleibe bei dir, bis du fertig bist. Es könnte ja sein, dass du zusammenklappst.«
Erst als er sich von seinem Bett erhob, begriff er, wie berechtigt ihre Fürsorge war. Schwindel befiel ihn, er musste sich am Bettpfosten festhalten. Sofort war sie an seiner Seite.
»Keine schnellen Bewegungen«, sagte sie. »Es wird ein paar Tage dauern, bis du wieder im Vollbesitz deiner Kräfte bist.«
Er stand da, einen Arm um ihre Schulter gelegt. Er konnte die Wärme ihres Körpers spüren, den frischen Duft ihres Haares
Weitere Kostenlose Bücher