Dominic Flandry - Spion im All
strauchelte und fiel zurück. Flandry fing sie auf. Unter dem samtweichen Pelz war ihr Körper wie Stahl. Draußen polterte und prasselte es wie einstürzendes Mauerwerk.
Sie kamen auf dem Turm des Hauses ans Licht, als eine zweite Detonation erfolgte. Flandry rannte an die Mauerbrüstung und überblickte die steilen roten Ziegeldächer. Die Enden der Dachbalken waren mit reichem Schnitzwerk geschmückt Köpfe von mythischen Ungeheuern wechselten mit Blumenmotiven ab. Flandrys Blick überflog die dichtgedrängten Dächer der Altstadt, die Hügel, smaragdgrün mit weiß hineingetupften Villen, das Hafenkastell – und dann sah er die Rauchsäule.
»Dort!« schrie Ferok, mit dem ausgestreckten Arm auf das Meer hinausweisend. Flandry blinzelte ins Sonnenlicht, das auf dem Wasser der Bucht tanzte. Drei oder vier der Sperrschiffe standen in Flammen, aber mehr sah er nicht.
Dragoika hatte die Plane von einem kleinen Teleskop genommen, das in der Mitte der Plattform auf einen Sockel montiert war. Flandry stellte sich neben sie und wartete, bis sie ihn ans Okular ließ.
Wo die Bucht sich zum Meer hin weitete, schwamm ein länglicher dunkler Körper wie ein Wal zwischen den gischtenden Schaumkronen. Seine Haut war aus Metall, und mittschiffs entragte ihm ein Turm. Flandry glaubte Gestalten zu sehen, die aus dem offenen Turmluk kletterten und hinter der Brustwehr hin und her liefen. Auf dem Vorschiff und achtern waren zwei niedrigere Türme, flach und abgerundet und mit je einem Geschütz bestückt. Während er beobachtete, spuckte einer der Geschütztürme Feuer. Einen Augenblick später stieg eine weiße Staubwolke aus der hohen, zinnenbekrönten Wand des Hafenkastells. Ein Teil der Mauer brach herunter und begrub den Kai und eins der dort liegenden Schiffe unter sich. Einer der beiden Masten brach, der Rumpf bekam Schlagseite und sackte plötzlich auf den Grund des Hafenbeckens ab, daß nur noch der Heckaufbau aus dem Wasser ragte. Wie ein Donnerschlag rollte die Explosion über die Stadt.
»Teufel!« murmelte Flandry. »Ein richtiges U-Boot!«
Was er im Teleskop sah, hatte nichts mit dem primitiven Wasserfahrzeug gemeinsam, das er von Bord der »Archer« gesehen hatte. Dies hier war Merseierarbeit, wahrscheinlich mit Nuklearantrieb und sicherlich von Merseiern bedient. Es konnte nicht länger als dreißig Meter sein und war offensichtlich hier auf Starkad zusammengebaut worden. Seine großkalibrigen Geschütze verschossen normale Sprenggranaten, aber in dieser dichten Atmosphäre waren die Druckwellen stark genug, um eine Stadt niederzulegen.
»Wir werden verbrennen!« schrie Ferok.
Auf diesem Planeten schämte sich niemand seiner Angst vor einer Feuersbrunst. Flandry verstand es. Die mit Sauerstoff übersättigte Atmosphäre gab jedem Feuer überreichlich Nahrung. Zwar gab es nur noch wenige Holzhäuser, aber auch die steinernen Bauten hatten ausnahmslos hölzerne Decken und Dachstühle. Am meisten gefährdet aber waren die Schiffe, in denen sich Ujankas Reichtum und Macht verkörperten. Und auf sie schien der Gegner es abgesehen zu haben.
Dragoika hatte denselben Gedanken. Sie spähte über den Fluß landeinwärts, wo das Regierungsgebäude der Schwesternschaft seine grüne Kupferhaube weithin sichtbar über die Dächer reckte. Ihre Mähne flatterte wild im Wind. »Warum läuten sie die Mannschaften nicht zu den Schiffen?« Sie drehte sich nach Flandry um. »Das Gesetz sagt, daß, wenn die Schiffe in Gefahr sind, alle Mannschaften an Bord gehen und auslaufen müssen. Aber heute haben sie es vielleicht vergessen und sind in Panik geraten. Sonst müßten sie längst an den Glockensträngen hängen.«
Sie wendete sich ab. »Ich muß selbst hingehen. Ferok, du sagst den anderen an Bord, sie sollen mit der ›Archer‹ auslaufen und nicht auf mich warten.«
Flandry hielt sie fest. »Verzeihung«, sagte er, wie er ihr zorniges Gesicht sah. »Sollten wir nicht zuerst einen Anruf versuchen?«
»Anruf ...? Ja, du hast ihnen ein Radio gegeben, nicht? Mein Gehirn ist verwirrt.«
Weitere Granaten schlugen im Hafengebiet ein. Drei auf der Reede ankernde Schiffe brannten lichterloh. Flandry hob das linke Handgelenk mit dem kleinen Funksprechgerät an die Mundöffnung des Helms und stellte es auf die Wellenlänge der Schwesternschaft ein. Er hatte nur wenig Hoffnung, daß am anderen Ende jemand wartete. Als sich eine weibliche Stimme meldete, seufzte er erleichtert. Die Worte kamen wie Grillengezirp aus dem winzigen
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