Don Camillo und Peppone
Dorfes über den 4. November denkt. Ich, der Pfarrer, will mit dir, dem Bürgermeister, konform gehen, wenn ich vom 4. November rede. Es gibt nämlich Dinge, in denen wir uns alle einig sein sollten. Es handelt sich also nicht um Politik.»
Peppone kannte Don Camillo vollkommen und pflanzte sich vor ihm auf, mit den Fäusten in den Hüften.
«Don Camillo, Schluß mit der Dichtung, kommen wir zur Sache. Lassen Sie die Geschichten vom Manifest für Ihre Anschlagtafel und sagen Sie mir, was Sie von mir wollen.»
«Nichts will ich. Ich will wissen, ob du das Manifest für den 4. November verfaßt hast oder nicht. Wenn nicht, bin ich da, um dir zu helfen.»
«Ich danke für die Liebenswürdigkeit! Das Manifest habe ich aber nicht gemacht und ich werde es auch nicht machen!»
«Befehl der Propagandasektion?»
«Niemandes Befehl!» schrie Peppone. «Befehl meines Gewissens und Schluß! Das Volk hat alle diese Kriege und Siege satt. Das Volk weiß sehr gut, was ein Krieg ist, und braucht keine Reden und Aufrufe, die ihn verherrlichen.»
Don Camillo schüttelte den Kopf.
«Du bist auf dem falschen Weg, Peppone. Niemand will den Krieg verherrlichen. Es handelt sich nur darum, allen jenen, die in diesem Krieg gelitten und dabei ihre Haut gelassen haben, die Ehrerbietung und den Dank zu erweisen.»
«Schmarrn! Mit der Ausrede, daß man sich der Gefallenen und der Leiden der Soldaten erinnern will, macht man schmutzige, militärische, kriegshetzerische und monarchistische Propaganda! Das Heldentum, die Aufopferung, der Soldat, der sterbend noch dem fliehenden Feind sein Bajonett nachwirft, die Glocken von San Giusto, Trient, Triest, der Grappa, die Sagra di Santa Gorizia, die murmelnde Piave, der Siegesbericht, das unerbittliche Schicksal ... alles schöne Sachen zu ehren der Monarchie und der königlichen Armee, um den jungen Menschen den Kopf zu verdrehen und nationalistische Propaganda zu machen und den Haß gegen das Proletariat zu schüren. Da kommt man sofort auch mit Istrien, mit Dalmatien, mit den Greueln der Tito-Partisanen, mit Stalin, mit Komintern, mit Amerika, dem Vatikan, Christus, den Feinden der Religion und so weiter, um zum Schluß zu gelangen, daß das Proletariat ein Feind des Vaterlandes ist und daß man das Imperium des Duce wieder ins Leben rufen muß!»
Während dieser Rede färbten sich Peppones Wangen, er erhitze sich mehr und mehr wie in einer Kundgebung. Als er fertig war, sagte Don Camillo ruhig:
«Bravo, Peppone! Du kommst mir wie ein ganzer Artikel ‹Unitá› vor.
Antworte mir jedenfalls auf meine Frage: du machst mir also nichts für den Tag des Sieges? »
«Für den Sieg habe ich schon eine Menge getan und Schluß! Man hat mich von meiner Mutter weggenommen, als ich noch ganz jung war, man hat mich in einen Graben gesteckt, mich mit Läusen, Hunger und Schmutz gestopft.
Dann haben sie mich nachts marschieren lassen, im Regen, mit einer Tonne Last auf dem Buckel, sie haben mich stürmen lassen, während es Kugeln hagelte, man hat mir gesagt, ich solle schauen, wie ich es anfange, nicht verwundet zu werden. Ich mußte den Gepäckträger, den Diener, den Koch, den Kanonier, den Wärter, den Muli, den Hund und den Wolf und die Hyäne spielen. Dann hat man mir ein Taschentuch gegeben, und unsere schöne Italia war daraufgestickt, eine Baumwollhose, ein Blatt Papier, auf dem geschrieben stand, dass der Bürger Giuseppe Bottazzi seine Pflicht erfüllt hat, und ich bin nach Hause zurückgekehrt, mußte um Arbeit betteln und mich von Schwelle zu Schwelle schleppen, Leute anflehen, die auf meinen Schultern und auf den Schultern aller dieser anderen Unglückseligen ihre Millionen verdient haben!»
Peppone unterbrach sich und erhob feierlich den Zeigefinger. «Das ist mein Manifest», schloß er. «Und wenn Sie es mit einem historischen Spruch beenden wollen, dann schreiben Sie rot darauf, daß sich der Genosse Peppone schämt, für die Bereicherung dieser Schweine gekämpft zu haben, und dass er heute stolz wäre, sagen zu können: ich war ein Deserteur!»
Don Camillo schüttelte den Kopf.
«Bitte tausendmal um Entschuldigung», sagte er. «Warum bist du dann dreiundvierzig ins Gebirge gegangen?»
«Was hat das damit zu tun?» schrie Peppone. «Das ist eine ganz andere Sache. Da hat mir nicht seine Majestät befohlen, ich soll hingehen! Ich bin aus meinem eigenen Entschluß gegangen. Und dann, es gibt einen Unterschied zwischen Krieg und Krieg!»
«Ich verstehe», murmelte Don Camillo.
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