Don Camillo und Peppone
König könnte es verhindern, das sage ich Ihnen! Verstanden?» brüllte Peppone und vergaß dabei, so aufgebracht war er, daß man schon längst in der Republik lebte.
Der Feldwebel wandte sich Don Camillo zu, der einen Meter entfernt war.
«Glauben Sie, daß ...» stotterte er. Don Camillo ließ ihn aber nicht beenden.
«Ich», brüllte er, «ich glaube ganz einfach, daß nicht einmal die Intervention der Amerikaner persönlich verhindern könnte, daß man hier in Blut schwimmt, wenn diese verfluchten Bolschewiken nicht aufhören, mir meine Leute zugrunde zu richten, indem sie ihnen Tritte auf die Schienbeine versetzen.»
«Geht in Ordnung», sagte der Feldwebel und ging mit seinen zwei Leuten, sich in der Wachstube zu verbarrikadieren, weil er sehr gut wußte, daß bei solchen Anlässen die Menge zum Schluß die Feierlichkeiten dadurch zu beenden pflegt, daß sie die Wachstube der Karabinieri in Brand zu setzen versucht.
Das erste Tor erzielten die «Gagliardi», worauf ein Gebrüll entstand, das den Kirchturm bis in die Grundmauern erzittern ließ. Mit aufgelöstem Gesicht wandte sich Peppone Don Camillo zu, ballte die Fäuste und wollte sich auf ihn stürzen. Don Camillo erwiderte, indem er sich zur Abwehr stellte. Es fehlte noch ein Millimeter zum Zusammenstoß. Don Camillo bemerkte aber aus den Augenwinkeln, daß die Menge auf einmal wie versteinert war und daß aller Augen auf ihn und auf Peppone hafteten.
«Wenn wir jetzt raufen, geschieht hier die Schlacht von Maclodio», sagte Don Camillo zwischen den Zähnen.
«Gut, ich mache es für das Volk», erwiderte Peppone und nahm sich wieder in Gewalt.
«Und ich für die Christenheit», sagte Don Camillo.
Es geschah nichts. Als aber nach einigen Minuten die erste Spielhälfte beendet war, versammelte Peppone die «Dynamos». «Faschisten!» sagte er mit einer Stimme, die voll Verachtung war.
Dann packte er Smilzo, den Mittelstürmer, am Hals.
«Du Schwein, du Verräter, hast du denn vergessen, daß wir zusammen im Gebirge waren und daß ich dir dreimal die Haut gerettet habe? Wenn du binnen den ersten fünf Minuten kein Tor erzielst, ziehe ich sie dir diesmal ab, die Haut nämlich!»
Als die zweite Spielhälfte begann und Smilzo zum Ball kam, legte er los. Er arbeitete mit dem Kopf, mit den Beinen, mit den Knien, mit dem Gesäß; einmal biß er sogar in den Ball, spuckte die halbe Lunge heraus, zerriß sich die Milz, in der vierten Minute jagte er aber den Ball ins Tor.
Dann warf er sich auf den Boden und rührte sich nicht mehr.
Don Camillo ging auf die entgegengesetzte Seite des Spielfeldes, um nicht in Versuchung zu kommen. Der Tormann der «Gagliarda» bekam vor Angst Fieber.
Die Roten schlossen sich zur Verteidigung zusammen, und es gab kein Mittel, den Kreis zu durchbrechen. Dreißig Sekunden vor Schluß pfiff der Schiedsrichter ein Foul. Strafschuß gegen «Gagliarda».
Der Ball flog. Nicht einmal Zamorra hätte eine solche Ecke halten können.
Nunmehr war das Spiel beendet: Die einzige Aufgabe der Leute Peppones war es, die Spieler zu sammeln und sie in Sicherheit zu bringen. Der Schiedsrichter war unpolitisch: er helfe sich selbst, wie er kann.
Don Camillo verstand nichts mehr. Er lief in die Kirche und kniete vor dem Altar nieder.
«Herr», sagte er, «warum hast Du mir nicht geholfen? Ich habe verloren.»
«Und warum hätte ich dir und nicht den anderen helfen sollen?
Zweiundzwanzig Beine auf deiner Seite, zweiundzwanzig Beine auf der anderen. Don Camillo, alle Beine sind gleich. Ich kann mich nicht auch mit den Beinen beschäftigen. Ich beschäftige mich mit den Seelen. Da mihi animas, cetera tolle! Den Körper überlasse ich der Erde. Don Camillo, es gelingt dir also nicht, deinen Verstand wiederzufinden?»
«Es geht mühsam, aber ich finde ihn schon», antwortete Don Camillo. «Ich wollte nicht, daß Du persönlich die Beine meiner Leute führst. Um so mehr, da sie besser sind als die Beine der anderen. Ich sage nur, daß Du nicht verhindert hast, daß die Unanständigkeit eines Menschen meine Leute mit einem nicht begangenen Foul belastet.»
«Irrt nicht manchmal der Priester bei der Messe, Don Camillo? Warum gibst du nicht zu, daß auch ein anderer irren kann, ohne im schlechten Glauben zu handeln?»
«Man kann zugeben, daß der Mensch in allem irren kann. Nicht aber als Schiedsrichter beim Sport! Wenn der Ball im Spiel ist ...»
«Don Camillo scheint zu denken, nicht schlechter als Peppone, aber geradezu schlechter als
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