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Don Camillo und seine Herde

Don Camillo und seine Herde

Titel: Don Camillo und seine Herde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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mit Pizzi zu sprechen. Wir waren fünfundzwanzig, warum sollten sie sich gerade auf dich versteifen?»
    «Der Bub hat mich gesehen.»
    «Einer allein zählt nicht.»
    «Und die Sache mit dem Fahrrad?»
    «Fahrräder sprechen nicht. Sei still und ruhig. Morgen reden wir noch darüber.»
    Um Mitternacht leuchtete der Mond auf dem Schnee, und es war taghell. Ein Mann suchte den mageren Schatten unter den Hecken. Als er in den Hof des Pizzi-Hauses kam, schlich er sich an die Tür heran und versuchte sie aufzumachen. Dann wollte er ein Fenster im Erdgeschoß öffnen, zog eine Leiter unter der Veranda hervor und lehnte sie an die Mauer.
    Die Leiter machte Lärm, weil sie auf dem gefrorenen Schnee ausglitt; ein Fenster ging auf, und jemand schrie: «Wer ist da?»
    Nun ließ der Mann die Leiter fallen, ergriff eine Maschinenpistole und begann wie ein Verrückter auf die Fenster zu schießen und zu brüllen: «Verflucht! Ich bringe euch alle um!» Aus einem Fenster im Erdgeschoß schob sich der Doppellauf eines Jagdgewehres, zwei Schüsse fielen, trafen auf fünf Schritte Entfernung den Mann mitten in die Brust und streckten ihn in den Schnee.
    Dann kamen Leute, auch Peppone erschien. Der kleine Pizzi hatte noch immer die Doppelflinte in der Hand, denn er war es, der geschossen hatte. Und als der Wachtmeister kam, sagte der Bub:
    «Es ist Spocchia, er hat meinen Vater umgebracht. Ich habe es gesehen.»
    Jetzt, da er tot war, stellte sich heraus, daß ihn auch Pizzis Frau gesehen hatte, die nun den anonymen Brief vorzeigte. Dann wollte ihn auch ein Verwandter gesehen haben, der damals auf dem Weg von den Feldern nach Hause war. Dann auch andere.
    Unterdessen rieb sich jener, der im Graben Spocchias Fahrrad gefunden hatte, vergnügt die Hände, denn nun gehörte das Fahrrad ihm.
    Peppone schrieb sechzehn «Erklärungen», die man auf der Ankündigungstafel hätte aushängen sollen, zerriß sie aber alle, spuckte drauf und schrieb: «Wer stirbt, zahlt; die Rechnung ist beglichen!»
    Don Camillo widmete der Angelegenheit sechzehn Worte: «Der Krieg hat die Menschen verdorben. Man darf nicht von Schuldigen, sondern nur von Opfern sprechen.»
    Niemand sprach mehr davon, und alle lächelten einander zu, als ob ein Alptraum von ihnen gewichen wäre, denn der Bann der Angst war nunmehr gebrochen.

Die Buße

    Don Camillo erzählte folgende Fabel: Ein reißender Wolf, sehr hungrig und gierig, wanderte durch die Gegend und kam zu einer Wiese, die mit einem hohen Drahtzaun umgeben war. Innerhalb der Umzäunung weideten ruhig die Schafe.
    Der Wolf lief um den ganzen Zaun herum und suchte ein Loch im Gitter, fand aber keines. Mit den Krallen versuchte er ein Loch in den Boden zu graben, um unter dem Zaun hindurchzuschlüpfen; aber alle Mühe war umsonst. Er versuchte über den Zaun zu springen, kam aber nicht einmal bis zur halben Höhe. Dann erschien er vor dem Tor der Umzäunung und rief: «Friede, Friede! Wir sind alle Geschöpfe Gottes und müssen alle nach den Gesetzen Gottes leben!» Die Schafe drängten sich aneinander, und nun sprach der Wolf mit der Stimme der Erleuchtung: «Es lebe das Gesetz und die Ordnung! Die Herrschaft der Gewalt sei für immer zu Ende! Schließen wir einen Waffenstillstand!»
    «Gut», antworteten die Schafe, «schließen wir einen Waffenstillstand!» Und sie rupften wieder ruhig das armselige Gras.
    Der Wolf ließ sich vor dem Tor nieder, so brav, so brav, und blieb dort liegen und verbrachte die Zeit damit, lustige kleine Lieder zu singen. Von Zeit zu Zeit stand er auf und rupfte Gras entlang des Drahtgitters.
    «Bäh! Schau, schau!» wunderten sich die Schafe. «Er frißt Gras wie wir! Hat man uns denn nicht stets gesagt, daß Wölfe kein Gras fressen?»
    «Ich bin kein Wolf!» antwortete der Wolf. «Ich bin ein Schaf wie ihr. Ein Schaf einer anderen Rasse.»
    Dann setzte er auseinander, daß die Schafe aller Rassen gemeinsame Sache machen sollten.
    «Warum», sagte er schließlich, «warum gründen wir nicht eine demokratische Front der Schafe? Ich stehe euch gerne zur Verfügung und verlange keinen führenden Posten, wenn auch der Gedanke von mir stammt. Die Stunde ist gekommen, daß wir uns für die gemeinsame Sache und gegen den gemeinsamen Feind vereinigen, der uns schert, uns die Milch stiehlt und auf die Schlachtbank schickt!»
    «Gut gesprochen!» bemerkten einige Schafe. «Wir müssen gemeinsame Sache machen!»
    Und sie traten der demokratischen Front der Schafe bei und öffneten eines schönen

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