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Don Juan 01 - Die Lehren des Don Juan. Ein Yaqui-Weg des Wissens

Titel: Don Juan 01 - Die Lehren des Don Juan. Ein Yaqui-Weg des Wissens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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äußerster Klarheit gewichen. Das Geräusch erinnerte mich an einen Science-Fiction-Film, in dem eine riesige Biene mit ihren Flügeln schlagend aus einer atomaren Strahungszone kommt. Ich lachte über den Gedanken. Ich sah Don Juan in seine entspannte Haltung zurückfallen. Und plötzlich näherte sich mir das Bild der riesigen Biene wieder. Es war wirklicher als gewöhnliche Gedanken. Ich sah es allein, umgeben von außergewöhnlicher Klarheit. Alles andere war aus meinen Gedanken gedrängt. Dieser Zustand geistiger Klarheit, der ohne Beispiel in meinem Leben war, erzeugte einen neuen Augenblick der Angst.
    Ich begann zu schwitzen. Ich beugte mich zu Don Juan, um ihm zu sagen, daß ich Angst hatte. Sein Gesicht war nur einige Zentimeter von meinem entfernt. Er sah mich an, aber seine Augen waren die Augen einer Biene. Sie sahen wie runde Gläser aus, die ihr eigenes Licht in der Dunkelheit hatten. Seine Lippen waren vorgeschoben und machten ein plapperndes Geräusch: »Pehtu-peh-tu-pet-tuh«Ich sprang zurück und wäre fast an die Felswand gestoßen. Scheinbar endlcs lange spürte ich unerträgliche Furcht. Ich schluchzte und wimmerte. Der Schweiß war auf meiner Haut gefroren, und ich fühlte eine quälende Steilheit. Dann hörte ich Don Juans Stimme »Steh auf! Beweg dich! Steh auf!« Das Bild verschwand, und ich kcnnte wieder sein vertrautes Gesicht sehen. »Ich hcle etwas Wasser«, sagte ich nach einem neuen, endlosen Augenblick. Meine Stimme schlug um. Ich kcnnte die Worte kaum aussprechen. Don Juan nickte. Während ich wegging, merkte ich, daß meine Furcht genauso schnell und geheimnisvoll verschwand, wie sie gekommen war. Als ich dem Bach näher kam, merkte ich, daß ich jedes Ding auf dem Weg sehen kcnnte. Ich dachte daran, daß ich Don Juan grade deutlich gesehen hatte, während ich vorher kaum die Umrisse seines Körpers erkennen konnte. Ich blieb stehen und sah in die Ferne, und ich konnte sogar über das ganze Tal hinwegsehen. Einige Felsen auf der anderen Seite waren deutlich erkennbar. Ich glaubte, es sei früher Morgen aber mir fiel ein, daß ich vielleicht die Zeitcrientierung verloren hatte. Ich sah auf meine Uhr. Es war zehn vcr zwölf! Ich prüfe die Uhr, um zu sehen, ob sie ging Es kcnnte nicht Mittag sein; also mußte es Mitternacht sein! Ich wollte schnell zum  Wasser und dann zu den Felsen zurück, aber ich sah Don Juan herunterkommen und wartete auf ihn. Ich sagte ihm, daß ich durch das Dunkel sehen konnte.
    Er starrte mich lange an, ohne ein Wort zu sagen; falls er etwas gesagt hatte, hörte ich ihn vielleicht nicht, denn ich konzentrierte mich auf meine neue, einzigartige Fähigkeit, durch das Dunkel zu sehen. Ich konnte die kleinsten Kiesel im Sand erkennen. Für Augenblicke war alles so klar, daß es früh am Morgen oder Dämmerung zu sein schien. Dann wurde es dunkel; dann wurde es wieder hell. Bald bemerkte ich, daß die Helligkeit der Diastole meines Herzens entsprach und die Dunkelheit seiner Systole. Die Welt veränderte sich von hell zu dunkel und wieder zu hell mit jedem Schlag meines Herzens. Ich war in diese Entdeckung vertieft, als das gleiche merkwürdige  Geräusch, das ich zuvor gehört hatte, wieder hörbar wurde. Meine Muskeln verkrampften sich.
    »Anuhctal (so verstand ich das Wort diesmal) ist hier«, sagte Don Juan. Das Brüllen kam mir so donnernd, so überwältigend vor, daß alles andere nicht zählte. Als es verklungen war, entdeckte ich plötzlich, daß das Wasser zugenommen hatte. Der Bach, der grade vor einer Minute nur fußbreit gewesen war, dehnte sich zu einem gewaltigen See aus. Licht, das aus der Höhe über ihm zu kommen schien, berührte die Oberfläche so, als schiene es durch dichtes Laubwerk. Von Zeit zu Zeit glitzerte das Wasser golden und schwarz für eine Sekunde. Dann blieb es dunkel, lichtlos, kaum sichtbar und doch seltsam gegenwärtig.
    Ich weiß nicht mehr, wie lange ich dort einfach nur zusehend am Ufer des schwarzen Sees kauerte. Das Gebrüll mußte langsam verklungen sein, denn was mich zurückriß (in die Wirklichkeit?), war wieder ein schreckliches Summen. Ich drehte mich nach Don Juan um. Ich sah ihn hinaufklettern und hinter dem Fdsvorsprurig verschwinden. Doch das Gefühl, allein zu sein störte mich überhaupt nicht. Ich kauerte dort in einem Zustand von Hingabe und völligem Vertrauen. Wieder wurde das Gebrüll hörbar; es war eindringlich wie das Geräusch eines hohen Windes. Ich hörte ihm so aufmerksam wie möglich zu und

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