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Don Juan 01 - Die Lehren des Don Juan. Ein Yaqui-Weg des Wissens

Titel: Don Juan 01 - Die Lehren des Don Juan. Ein Yaqui-Weg des Wissens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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es, die Beutel nicht den Boden berühren zu lassen, denn wenn es passierte, würde Mescalito mir nie wieder erlauben, ihn zu nehmen.
    In einem bestimmten Augenblick wurde der Druck der Gurte auf den Schultern unerträglich. Etwas übte gewaltige Kraft aus, um mich auf den Boden zu ziehen. Ich fürchtete mich sehr. Ich bemerkte, daß ich schneller gingja beinahe rannte; irgendwie trottete ich hinter Don Juan her.
    Plötzlich verringerte sich das Gewicht auf Rücken und Brust Die Last wurde locker und leicht. Ich rannte unbeschwert, um Don Juan einzuholen, der vor mir war. Ich sagte ihm, daß ich das Gewicht nicht mehr spürte. Er erklärte mir, daß wir Mescalitos Zuhause bereits verlassen hätten.

Dienstag, 3. Juli 1962  
    »Ich glaube, Mescalito hat dich fast angenommen«, sagte Don Juan. »Warum sagst du, er hat mich fast angenommen, Don Juan?«
»Er hat dich nicht getötet, dich nicht einmal verletzt. Er hat dich ganz schön erschreckt, aber nicht wirklich schlimm. Wenn er dich überhaupt nicht angenommen hätte, wäre er dir ungeheuer und voller Zorn erschienen. Einige Leute haben die Bedeutung des Schreckens erlebt, als sie ihm begegneten und von ihm nicht angenommen wurden.«
    «Wenn er so schrecklich ist, warum hast du mir dann nicht davon erzählt, bevor du mich zum Feld mitnahmst?«
»Du hast nicht den Mut, ihn absichtlich zu suchen. Ich dachte, es sei besser, wenn du es nicht wüßtest«
»Aber ich hätte vielleicht sterben können, Don Juan!«
»Ja, das ist möglich. Aber ich war sicher, das alles gut ausgehen würde für dich. Er hat einmal mit dir gespielt. Er hat dich nicht verletzt Ich dachte, er würde auch diesmal Mitgefühl mit dir haben.«
    Ich fragte ihn, ob er wirklich glaube, daß Mescalito Mitgefühl mit mir gehabt hatte. Das Erlebnis war so erschreckend gewesen; ich fühlte, daß ich fast vor Furcht gestorben wäre. Er sagte, daß Mescalito äußerst gütig zu mir gewesen sei; er hätte mir ein Bild gezeigt, das eine Antwort auf eine Frage war. Don Juan sagte, Mescalito hätte mir eine Lehre erteilt. Ich fragte ihn, was die Lehre sei und was sie bedeutete. Er sagte, es sei unmöglich, diese Frage zu beantworten, weil ich mich zu sehr gefürchtet hatte, um genau zu wissen, was ich Mescalito fragte. Don Juan drängte - ich sollte mich erinnern, was ich Mescalito gesagt hatte, bevor er mir das Bild auf seiner Hand zeigte. Aber ich konnte mich nicht erinnern. Ich wußte nur noch, daß ich auf die Knie gefallen war und ihm »meine Sünden gebeichtet« hatte.. Don Juan schien nicht weiter interessiert, darüber zu sprechen.
    Ich fragte ihn: »Kannst du mir die Worte des Liedes beibringen, das du gesungen hast?«
    »Nein, das kann ich nicht. Diese Worte gehören mir, der Beschützer selbst hat sie mir beigebracht. Die Lieder sind meine Lieder. Ich kann dir nicht sagen, was sie sind.«
»Warum kaiinst du es mir nicht sagen, Don Juan?«
»Weil diese Lieder eine Verbindung zwischen dem Beschützer und mir sind. Ich bin sicher, daß er dich eines Tages deine eigenen Lieder lehren wird. Warte darauf; und niemals, wirklich niemals ahme die Lieder nach, die einem anderen Mann gehören; und frage niemals, niemals nach ihnen.«
»Was war das für ein Name, den du gerufen hast? Kannst du mir das sagen, Don Juan?«
    »Nein. Sein Name darf niemals ausgesprochen werden, außer wenn man ihn ruft.«
»Was ist, wenn ich ihn selbst rufen will?«
»Wenn er dich eines Tages annimmt, wird er dir seinen Namen sagen. Dieser Name wird nur zu deinem eigenen Gebrauch sein, entweder, um ihn laut zu rufen oder um ihn dir leise vorzusprechen Vielleicht wird er dir sagen, sein Name sei Jose. Wer weiß?«
    »Warum ist es falsch, seinen Namen zu nennen, wenn man über ihn spricht?«
    »Du hast doch seine Augen gesehen, nicht wahr? Du kannst mit dem Beschützer nicht herumspielen. Darum kann ich ja nicht begreifen, daß er sich entschloß, mit dir zu spielen!«: »Wie kann er ein Beschützer sein, wenn er manche Leute verletzt?«
    »Die Antwort ist sehr einfach. Mescalito ist ein Beschützer, weil er für jeden, der ihn sucht, erreichbar ist.«
    »Aber stimmt es nicht auch, daß alles in der Welt erreichbar ist, für jeden, der es sucht?«
    »Nein, das ist nicht wahr. Die verbündeten Mächte sind nur den brujos erreichbar, aber jeder kann an Mescalito teilhaben.«
»Aber warum verletzt er dann manche Leute?«
    »Nicht jeden mag Mescalito; und doch suchen sie ihn alle in der Vorstellung, von ihm zu profitieren, ohne etwas zu tun.

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