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Don Juan 01 - Die Lehren des Don Juan. Ein Yaqui-Weg des Wissens

Titel: Don Juan 01 - Die Lehren des Don Juan. Ein Yaqui-Weg des Wissens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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späten Nachmittag, nachdem wir das Wasser an der Oberfläche zum achtenmal abgegossen hatten, blieb ein Löffel voll gelblicher Substanz aufdem Boden der Schüssel übrig.
    Wir gingen in sein Zimmer zurück, wo er noch immer zwei unberührte Beutel hatte. Er öffnete einen, steckte seine Hand hinein und befestigte mit seiner anderen Hand die Öffnung an seinem Handgelenk. Nach der Bewegung seiner Hand im Beutel zu urteilen, schien er etwas zu halten. Plötzlich zog er mit einer schnellen Bewegung den Beutel wie einen Handschuh von seiner Hand. Er drehte das Innere nach außen und schnellte seine Hand dicht vor mein Gesicht Er hielt eine Eidechse. Ihr Kopf war einige Zentimeter vor meinen Augen. Der Mund der Eidechse hatte etwas Seltsames. Ich starrte ihn einen Augenblick an und schreckte unwillkürlich zurück. Der Mund der Eidechse war mit großen Stichen zusammengenäht. Don Juan forderte mich auf, die Eidechse mit der linken Hand zu halten.
    Ich umklammerte sie; sie drehte sich in meiner Handfläche. Mir wurde übel. Meine Hände begannen zu schwitzen. Er nahm den letzten Beutel und zog mit den gleichen Bewegungen eine weitere Eidechse heraus. Auch diese hielt er dicht vor mein Gesicht. Ich sah, daß ihre Augenlider zusammengenäht waren. Er forderte mich auf, sie mit der rechten Hand zu halten.
    Als ich dann beide Eidechsen in meinen Händen hielt, mußte ich fast erbrechen. Ich hatte ein überwältigendes Verlangen, sie fallenzulassen und hinauszurennen.
    »Drück sie nicht!« sagte er, und seine Stimme gab mir ein Gefühl von Erleichterung und Halt. Er fragte mich, was mit mir los sei. Er versuchte ernst zu bleiben, aber er verzog sein Gesicht und lachte. Ich versuchte meinen Griff zu lockern, aber meine Hände schwitzten so sehr, daß die Eidechsen begannen, sich herauszuwinden Ihre scharfen, kleinen Krallen zerkratzten meine Hände und riefen ein unglaubliches Gefühl von Abscheu und Ekel hervor. Ich schloß die Augen und biß die Zähne zusammen. Eine der Eidechsen war schon halb auf meinem Handgelenk; sie mußte sich nur mit dem Kopf aus meinen Fingern »winden, um frei zu sein Ich hatte eine merkwürdige Empfindung physischer Verzweiflung und äußersten Unbehagens. Ich knurrte zwischen den Zähnen Don Juan zu, mir die verdammten Dinger abzunehmen. Mein Kopf schüttelte sich unwillkürlich. Er sah mich neugierig an. Ich knurrte wie ein Bär und wand mich. Er ließ die Eidechsen in ihre Säcke fallen und begann zu lachen. Ich wollte auch lachen, aber mir war übel. Ich legte mich hin.
    Ich erklärte ihm, daß das Gefühl ihrer Klauen auf meinen Handflächen am schlimmsten gewesen war; er sagte, daß es viele Dinge gäbe, die einen Mann verrückt machen könnten, besonders wenn er nicht die zum Lernen erforderliche Entschlossenheit und Zielstrebigkeit habe; aber wenn ein Mann eine klare, unbeugsame Absicht hätte, wären die Gefühle kein Hindernis, denn er sei fähig, sie zu kontrollieren.
    Don Juan wartete eine Weile und reichte mir dann mit den gleichen Bewegungen die Eidechsen noch einmal. Er forderte mich auf, sie mit den Köpfen nach oben sanft gegen meine Schläfen zu halten und sie alles zu fragen, was ich wissen wollte. Zuerst verstand ich nicht, was ich tun sollte. Er sagte mir noch einmal, ich sollte die Eidechsen alles fragen, was ich selbst nicht herausfinden konnte. Er gab mir eine ganze Reihe von Beispielen: ich könnte etwas über Leute erfahren, die ich gewöhnlich nicht sah oder über Sachen, die verloren waren oder über Orte, die ich nicht kannte. Dann verstand ich, daß er über Weissagung sprach. Ich wurde sehr aufgeregt Mein Herz begann laut zu schlagen. Ich konnte kaum noch atmen.
    Er ermahnte mich, sie dieses erste Mal nicht nach persönlichen Angelegenheiten zu fragen; er sagte, ich solle lieber an etwas denken, das nichts mit mir zu tun hatte;. Ich mußte schnell und klar denken, denn es gab keinen Weg, die Gedanken umzukehren. Ich versuchte verzweifelt an etwas zu denken, was ich wissen wollte. Don Juan forderte mich drängend auf, und ich bemerkte erstaunt, daß ich an nichts denken konnte, was ich die Eidechsen »fragen« wollte.
    Nach schrecklicher, langer Zeit fiel mir etwas ein. Vor einiger Zeit waren aus einem Lesesaal einige Bücher gestohlen worden. Es war keine persönliche Angelegenheit, und doch interessierte es mich. Ich hatte keine Vorstellung über die Identität der Person oder Personen, die die Bücher genommen hatten. Ich rieb die Eidechsen gegen meine Schläfen

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