Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Don Juan 04 - Der Ring der Kraft. Don Juan in den Städten

Titel: Don Juan 04 - Der Ring der Kraft. Don Juan in den Städten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
Vom Netzwerk:
getroffen hatte. Vielleicht war es sogar genau dieselbe Stelle. Die Marktstände, an denen alte Münzen verkauft wurden, waren nur drei Meter entfernt. Ich mußte mich gewaltig anstrengen, um meine Fassung zu bewahren. Was ich hier erlebte, mußte doch eine Halluzination sein! Es gab keine andere Möglichkeit. Rasch drehte ich mich um und wollte wieder durch die Tür in das Flugbüro zurück, aber hinter mir war nur eine Reihe von Ständen, an denen antiquarische Bücher und Zeitschriften verkauft wurden. Don Juan stand rechts neben mir. Sein Gesicht zeigte ein breites Grinsen.
    Ich spürte einen Druck im Kopf, ein Kitzeln, als ob Kohlensäure durch meine Nase sprudelte. Ich war sprachlos. Ich wollte etwas sagen, aber es gelang mir nicht.
    Ganz deutlich hörte ich Don Juan sagen, ich solle nicht versuchen, zu sprechen oder zu denken, aber dennoch wollte ich etwas sagen, irgend etwas. Eine furchtbare Nervosität zog mir die Brust zusammen. Ich spürte Tränen über meine Wangen rollen. Diesmal schüttelte Don Juan mich nicht, wie er es zu tun pflegte, wenn ich von unkontrollierbarer Angst besessen war. Statt dessen streichelte er mir freundlich den Kopf. »Aber. aber, kleiner Carlos«, sagte er. »Mach dir nicht in die Hose!« Einen Augenblick hielt er mein Gesicht zwischen seinen Händen.
    »Versuche nicht, zu sprechen!« sagte er. Er ließ meinen Kopf los und deutete auf das Geschehen um uns her. »Dies ist nicht zum Reden da«, sagte er. »Nur zum Beobachten. Beobachte! Beobachte alles!«
    Ich weinte wirklich. Doch meine Reaktion auf den Umstand, daß ich weinte, war sehr merkwürdig. Ich weinte, ohne mir etwas daraus zu machen. In diesem Moment war es mir egal, ob ich mich blamierte oder nicht.
    Ich sah mich um. Genau vor mir stand ein Mann in mittleren Jahren, der ein rosafarbenes, kurzärmeliges Hemd und dunkelgraue Hosen trug. Anscheinend ein Amerikaner. Eine rundliche Frau, offenbar seine Gattin, hielt seinen Arm. Der Mann befingerte ein paar Münzen, während ein dreizehn-oder vierzehnjähriger Junge, vermutlich der Sohn des Besitzers, ihn nicht aus den Augen ließ. Der Junge beobachtete jede Bewegung, die der ältere Mann machte. Schließlich legte der Mann die Münzen auf den Tisch zurück, und sofort entspannte sich der Junge. »Beobachte alles!« verlangte Don Juan wieder. Hier gab es nichts Ungewöhnliches zu beobachten. Nach allen Richtungen gingen Leute vorbei. Ich drehte mich um. Ein Mann, offensichtlich der Besitzer des Zeitungskiosks, starrte mich unverwandt an. Er blinzelte ständig, als sei er im Begriff einzuschlafen. Er schien müde oder krank zu sein und machte einen heruntergekommenen Eindruck.
    Ich meinte, hier gebe es nichts zu beobachten, zumindest nichts wirklich Bedeutsames. Ich starrte auf den Schauplatz. Es war mir unmöglich, mich aufmerksam auf irgend etwas zu konzentrieren. Don Juan umkreiste mich. Er benahm sich, als wolle er mich irgendwie abschätzen. Er schüttelte den Kopf und schürzte die Lippen.
    »Komm schon!« befahl er und ergriff sanft meinen Arm. »Zeit, daß wir weitergehen!«
    Kaum setzten wir uns in Bewegung, da bemerkte ich, daß mein Körper sehr leicht war. Tatsächlich, mir war, als fühlten meine Fußsohlen sich schwammig an. Sie vermittelten ein seltsames gummiartiges, federndes Gefühl. Don Juan wußte anscheinend, was in mir vorging. Er hielt mich fest, als wolle er mich nicht entkommen lassen; er zog mich herab, als ob er fürchtete, ich könnte wie ein Luftballon in die Lüfte entweichen. Das Gehen tat mir wohl. Meine Nervosität wich einer angenehmen Leichtigkeit.
    Wieder bestand Don Juan darauf, ich solle alles beobachten. Ich sagte ihm, daß es hier für mich nichts zu beobachten gebe, daß es mir egal sei, was die Leute auf dem Markt taten, und daß ich ungern einen Narren aus mir machen wollte, indem ich gehorsam irgendwelche schwachsinnige Geschäftigkeit von Leuten beobachtete, die alte Münzen und Bücher kauften. während das Eigentliche mir durch die Finger glitt. »Was ist das Eigentliche?« fragte er.
    Ich blieb stehen und sagte ihm heftig meine Meinung: Das Wichtigste sei doch wohl das. was er mit mir angestellt hatte, um mich glauben zu machen, ich hätte die Entfernung zwischen dem Luftfahrtbüro und dem Markt in Sekunden zurückgelegt.
    In diesem Augenblick fing ich an zu zittern und glaubte, mich übergeben zu müssen. Don Juan hieß mich meine Hände gegen den Leib pressen.
    Er deutete mit der Hand im Kreise und sagte abermals in

Weitere Kostenlose Bücher