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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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entfernen, als auf einige Monate zu verreisen, und zwar, wie er wünschte, meinen Vater zu besuchen und zugleich in Angelegenheiten des Herzogs einige schöne Pferde in meiner Vaterstadt auszusuchen und zu kaufen, die in der Tat die trefflichsten Pferde hervorbringt. Ich hatte kaum diesen Vorschlag vernommen, als ich auch, von meiner Leidenschaft angetrieben, ihn als den glücklichsten und heilsamsten Gedanken billigte, obgleich die wahre Ursache dieses Entschlusses nicht die beste war, denn sogleich fiel er mir als die glücklichste Gelegenheit auf, meine teure Lucinde wiederzusehen. Ich billigte und lobte also seinen Vorsatz und bestätigte ihn darin, ihn sobald als möglich auszuführen, denn die Abwesenheit vermöge viel selbst über die heftigste Leidenschaft; indem er mir aber diesen Vorschlag tat, hatte er schon, wie ich nachher erfuhr, unter dem Titel eines Gemahls die Gunst des Landmädchens genossen und wartete nur auf eine schickliche Gelegenheit, sich ohne Schaden dem Herzog entdecken zu können, weil er sich vor den Maßregeln seines Vaters fürchtete, wenn dieser seine Unbesonnenheit erführe. Wie aber die Liebe bei den Jünglingen fast immer nur Begierde ist, die sich das Vergnügen zu ihrem letzten Ziele setzt, im Genusse dann alle Wünsche mit verschwinden und sich dann das vermindert, was Liebe schien, weil sie die Grenze nicht überschreiten können, die die Natur setzt, welche Grenze aber für die wahrhaftige Liebe gar nicht gestellt ist: also, wie Don Fernando die Gunst seines Landmädchens genossen hatte, verstummten seine Wünsche, sein Feuer erlosch, und wie er erst diese Reise vorgab, um seine Leidenschaft zu heilen, so nahm er sie jetzt im Ernste vor, um das nicht zu erfüllen, was er in der Leidenschaft versprochen hatte.
    Der Herzog gab die Erlaubnis und befahl mir, ihn zu begleiten; wir kamen in meiner Heimat an, mein Vater empfing ihn nach seinem Stande, und ich besuchte sogleich Lucinde, wodurch meine Liebe (die weder gestorben noch eingeschlafen war) von neuem belebt wurde. Zu meinem Unglück erzählte ich dem Don Fernando von ihr, weil ich meinte, ich dürfte ihm, als meinem vertrautesten Freunde, nichts verhehlen; ich lobte ihm die Schönheit, Liebenswürdigkeit und den Verstand der Lucinde so sehr, daß meine Lobpreisungen in ihm den Wunsch erregten, ein Mädchen zu sehen, das mit allen Vollkommenheiten so ausgestattet sei. Zu meinem Verderben erfüllte ich seinen Wunsch, ich zeigte sie ihm beim Scheine einer Nacht an einem Fenster, wo wir uns gewöhnlich zu sprechen pflegten; er sah sie so schön, daß er über diesen Anblick alle Schönheit, die er nur je gesehen hatte, durchaus vergaß. Er wurde still, verlor seine Munterkeit, ward in sich verschlossen und mit einem Worte so verliebt, wie ihr es in der fortgesetzten Erzählung meines Unglückes erfahren werdet. Um seine Leidenschaft noch mehr zu entflammen (die er mir verbarg und nur in der Einsamkeit dem Himmel vertraute), mußte er durch einen Zufall an einem Tage einen Brief von ihr finden, in welchem sie mich bat, sie von ihrem Vater zur Gemahlin zu verlangen, der so geistreich, edel und in solchen Ausdrücken der Liebe geschrieben war, daß er mir schwur, in Lucinde vereinigten sich alle Schönheiten des Körpers und der Seele, die unter den übrigen Weibern einzeln verteilt wären. Ich muß gestehen, daß, so gerecht die Lobeserhebungen mir auch schienen, in denen sich Don Fernando über Lucinde ergoß, so fiel es mir doch verdrießlich, sie aus seinem Munde zu hören, ich fing an, ihn zu fürchten und ihm weniger zu trauen, denn es verging kein Augenblick, in welchem er nicht über Lucinde gesprochen hätte, ja er lenkte das Gespräch auf sie, wenn es gleich noch so gewaltsam geschehen mußte, wodurch in meiner Brust eine gewisse Eifersucht erweckt wurde, nicht, weil ich an Lucindes Tugend und Treue gezweifelt hätte, sondern weil ich das Unglück ahnte, was mich nachher wirklich betroffen hat. Don Fernando ließ sich immer die Papiere zeigen, die ich an Lucinde schrieb und die sie mir zur Antwort schickte, unter dem Vorwande, daß ihm der geistreiche Ton in beiden so wohlgefalle. So geschah es auch, daß Lucinde mich einst um ein Ritterbuch gebeten hatte, welches sie lesen wollte und welche Lektüre sie ungemein liebte, sie forderte nämlich den Amadis von Gallia.«
    Don Quixote hatte kaum die Ritterbücher nennen hören, als er sagte: »Hättet Ihr mir, mein Herr, gleich im Anfange Eurer Erzählung gesagt, daß das

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