Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
wenn der Taubenschlag nur Futter hat, so wird es ihm auch nicht an Tauben fehlen. Und merke dies, mein Sohn, eine gute Hoffnung ist besser als ein geringer Besitz; ein guter Prozeß ist besser als ein schlechtes Gewinnen. Ich spreche auf diese Weise, Sancho, um dir zu zeigen, daß ich auch kann Sprichwörter wie einen Platzregen herunterfallen lassen. Kurz, ich will dir nur so viel sagen, daß, wenn du nicht auf Gnade mit mir ziehen willst und dasselbe Glück versuchen, welches ich versuche, so sei Gott mit dir und lasse es dir wohl gehen; denn mir wird es nicht an Stallmeistern fehlen, die gehorsamer, fleißiger, weniger gefräßig und nicht solche Schwätzer sind wie du.«
Als Sancho diesen festen Entschluß seines Herrn vernahm, wurde es ihm dunkel vor den Augen und sein Herz sank ihm; denn er hatte geglaubt, daß sein Herr um alle Schätze der Welt nicht ohne ihn ziehen würde.
Indem er noch erschreckt und nachdenkend war, trat Simson Carrasco herein, nebst der Haushälterin und Nichte, die es gern anhören wollten, auf welche Weise er ihren Herrn überreden würde, nicht auf neue Abenteuer auszuziehen. Simson, dieser ausgemachte Schalk, trat hinzu, umarmte ihn wie das erstemal, und rief mit lauter Stimme: »O du Blume der irrenden Ritterschaft! O du glanzverbreitendes Licht der Waffen! O du Ehre und Spiegel der spanischen Nation! Ich bitte den allgewaltigen Gott, daß die Person oder die Personen, welche ein Hindernis in deinen Weg legen und deinen dritten Auszug stören wollen, kein Mittel dazu in dem Labyrinthe ihrer Absichten finden mögen, und daß sich ihnen niemals erfülle, was sie so böslich wünschen.« Er kehrte sich zur Haushälterin und sagte: »Die Frau Haushälterin mag nur aufhören, das Gebet der heiligen Apollonia zu rezitieren; denn ich weiß, daß es im Gebiete der Sphären unwiderruflich beschlossen ist, daß der Herr Don Quixote sich wieder zur Ausübung seiner erhabenen und neuen Vorsätze wende, und ich würde sehr mein Gewissen beschweren, wenn ich diesen Ritter nicht beredete und anreizte, nicht länger die Kraft seines tapferen Armes und den Edelmut seiner hohen Gesinnung zu hemmen und anzuhalten. Denn durch seine Zögerung enthält er die Geradheit den Krummen, den Beistand den Waisen, die Ehre den Jungfrauen, die Begünstigung den Witwen und die Stütze den Ehefrauen vor, nebst anderen Dingen dieser Art, die zugehören, anhängen und eingefugt und einverleibt sind dem Orden der irrenden Ritterschaft. Auf denn, mein Herr Don Quixote, der Schöne, der Gewaltige, lieber heute als morgen mache sich Euer Gnaden und Dero Hoheit auf den Weg, und wenn Euch noch etwas gebrechen sollte, um Euer Vorhaben auszuführen, so bin ich hier, um Euch mit meiner Person und allem, was ich habe, auszuhelfen; und wenn es nötig wäre, Seiner Durchlauchtigkeit als Stallmeister zu dienen, so würde ich solches für mein allerhöchstes Glück erachten.«
Hierauf sagte Don Quixote, indem er sich zu Sancho wandte: »Habe ich es dir nicht gesagt, Sancho, daß ich Stallmeister im Überfluß haben würde? Sieh nur, wer sich eben dazu anbietet, kein anderer als der berühmte Bakkalaureus Simson Carrasco, der unsterbliche Freudenspender und Hauptergötzer in den Höfen der Schulen von Salamanka, gesund von Person, behende von Gliedern, schweigsam, ein Erdulder sowohl der Hitze wie der Kälte, sowohl des Hungers wie des Durstes, nebst allen jenen Eigenschaften, die zum Stallmeister eines irrenden Ritters gehören: aber der Himmel erlaubt es nicht, daß, nur um meinen Wünschen zu folgen, der Säule der Wissenschaften die Sehne zerschnitten und dieses Gefäß der Kenntnisse zertrümmert werde, daß man verstümmele diese hochragende Palme der schönen und freien Künste. Er bleibe, der neue Simson, in seinem Vaterlande, und indem er es schmücke, schmücke er zugleich die grauen Haare seiner ehrwürdigen Eltern; denn ich will mich mit jedwedem anderen Stallmeister zufrieden stellen, wenn Sancho sich auch nicht die Ehre geben will, mit mir zu ziehen.«
»Ich will mir ja die Ehre geben«, antwortete Sancho gerührt und die Augen voller Tränen, indem er so fortfuhr: »Nein, gnädiger Herr, es soll nicht von mir gesagt werden, erst ißt er mit, und dann schleicht er sich aus der Gesellschaft. Nein, ich komme aus keiner undankbaren Familie; denn die ganze Welt, und vorzüglich dies Dorf hier, weiß, was die Pansas für Leute gewesen sind, von denen ich abstamme, und da ich außerdem es weiß und einsehe, durch viele
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