Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
mörderischen Schwerter der beiden tapferen und ergrimmten Kämpfer, die dem Himmel, der Erde und der Unterwelt zu dräuen schienen, so groß war ihre Kühnheit und ihr Mut. Wer zuerst seinen Streich ausführte, war der hitzige Biskayer, der so kräftig und wütend ausholte, daß, wenn sich das Schwert nicht unterwegs gewandt hätte, dieser einzige Streich hinreichend war, dem edlen Mute und allen künftigen Abenteuern unseres Helden ein Ende zu machen; aber das Glück, das ihn wichtigeren Dingen aufsparte, drehte das Schwert seines Gegners, so daß es auf die linke Schulter schlug und ihm weiter keinen Schaden zufügte, als daß es diese ganze Seite von der Rüstung entblößte und auf dem Wege einen großen Teil des Helmes sowie die Hälfte des Ohres mit sich nahm, welches alles mit einem entsetzlichen Gekrache auf die Erde stürzte und eine Strecke weit wegflog.
Heiliger Gott! Wer wäre imstande, die Wut genügend zu beschreiben, die das Herz unseres Manchaners erfaßte, als er sich so zugerichtet sah! Ich will nicht mehr anführen, als daß sie von der Art war, daß er sich von neuem in den Bügeln erhob, das Schwert mit beiden Händen faßte und damit so rasend auf den Biskayer loshieb, daß, ungeachtet jener mit dem Kissen über dem Kopfe gepanzert war, trotz diesem herrlichen Schirme der Hieb wie ein Berg herabfiel, so daß ihm Blut aus der Nase, dem Munde und den Ohren strömte und er im Begriff war, von dem Maultiere zu fallen, auch gewiß herabgestürzt wäre, wenn er nicht den Hals umfaßt hätte. Dennoch aber verloren die Füße die Steigbügel, die Arme ließen los und das Maultier, von dem fürchterlichen Hiebe scheu gemacht, lief übers Feld und warf seinen Herrn mit wenigen Kapriolen auf den Boden.
Mit vieler Ruhe betrachtete Don Quixote dies alles, aber so wie er ihn liegen sah, stieg er vom Pferde, ging sehr schnell zu ihm und setzte ihm die Spitze seines Degens ins Gesicht, mit dem Befehle, sich zu ergeben, falls er ihm nicht den Kopf abhauen solle. Der Biskayer lag ohne Bewußtsein da und konnte kein Wort sprechen, und es wäre ihm übel ergangen, denn Don Quixote war blind, wenn nicht die Damen aus der Kutsche, die bis dahin mit Entsetzen dem Zweikampfe zugesehen hatten, herbeigeeilt wären und ihn sehr artig gebeten hätten, ihnen die große Gnade und Gunst zu erzeigen und ihrem Stallmeister das Leben zu schenken.
Don Quixote erwiderte hierauf mit sehr ernster und feierlicher Stimme: »Unendlich, schöne Damen, bin ich erfreut, euer Begehr zu erfüllen, aber die Bedingung und Bewilligung besteht darin, daß dieser Ritter mir versprechen soll, nach dem Dorfe Toboso zu gehen, und sich meinerseits vor der unvergleichlichen Doña Dulcinea zu präsentieren, damit sie nach ihrem Willen mit ihm schalten möge.«
Die erschrockenen und trostlosen Damen, ohne sich mit Don Quixote in Eröterungen einzulassen oder sich weiter nach der Dulcinea zu erkundigen, versprachen, daß der Stallmeister alles vollbringen werde, was man ihm gebiete. – »So sei es denn, im Vertrauen auf euer Wort, daß ich ihm kein Unheil weiter zufüge, wofür er mir sehr verbunden sein kann.«
10. Kapitel
Ein anmutiges Gespräch zwischen Don Quixote und Sancho Pansa, seinem Stallmeister.
Indessen hatte sich Sancho Pansa aufgerichtet, den die Burschen der Patres gemißhandelt hatten; er hatte der Schlacht seines Herrn Don Quixote aufmerksam zugeschaut und herzlich zu Gott gebetet, daß er ihm den Sieg verleihen und eine Insel gewinnen lassen möge, über welche er ihn, seinem Versprechen gemäß, zum Statthalter setzen könne. Da er nun merkte, daß der Kampf entschieden war und sein Herr wieder auf den Rosinante steigen wollte, kam er hinzu, ihm den Steigbügel zu halten und ehe jener noch aufgestiegen war, warf er sich vor ihm nieder, ergriff seine Hand, küßte sie und sagte: »Erinnere sich mein gnädiger Herr Don Quixote nunmehr, mir die Regierung der Insel zu schenken, die in diesem hartnäckigen Kampfe gewonnen ist, sie sei auch noch so groß, ich fühle Tüchtigkeit in mir, sie zu regieren, trotz einem in der ganzen Welt, der nur je Inseln regiert hat.«
Hierauf erwiderte Don Quixote: »Sei wissend, Bruder Sancho, daß dieses Abenteuer, wie dem ähnliche, keine Inseln-, sondern nur Kreuzwegabenteuer sind, in denen man nichts gewinnt als zerschlagene Köpfe und abgehauene Ohren. Fasse Geduld, es werden sich Abenteuer einstellen, die dir nicht nur eine Statthalterschaft, sondern wohl noch mehr eintragen
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