Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
zurück, wo sie ihren Freunden, Nachbarn und Bekannten erzählten, was ihnen begegnet sei, als sie den Esel hätten suchen wollen, wobei einer das Talent des anderen im Brällen sehr herausstrich. Diese Geschichte verbreitete sich auch in den benachbarten Orten, und der Teufel, der nie schläft, sondern gern allenthalben Zank und Zwietracht säet und ausstreut und große Händel und Zwiespalt oft aus nichts erzeugt, machte und richtete es so ein, daß die Leute aus anderen Dörfern, wenn sie einen aus unserem Dorfe sahen, brällten, wodurch sie sich über das Gebräll unserer Richter aufhielten. Dies verbreitete sich auch auf die jungen, und nun war es nicht anders, als wenn alle Teufel aus der Hölle zusamt losgelassen wären; denn das Brällen lief wie ein Feuer von einem Dorfe zum anderen, daß die Einwohner von dem Dorfe des Gebrälles so bekannt sind, wie man die Schwarzen von den Weißen kennt und unterscheidet. Und dieser unangenehme Spaß ist schon so weit gegangen, daß die Verspotteten gegen die Spötter oft mit gewaffneter Hand und in geschlossenen Scharen ausgerückt sind, um ihnen ein Treffen zu liefern, ohne daß da Gesetz und Befehl oder Obrigkeit etwas gilt. Ich glaube, daß morgen oder übermorgen die ganze Mannschaft aus meinem Dorfe aufbrechen wird, welches das vom Brällen ist, gegen ein anderes Dorf, zwei Meilen von dem unserigen, wo die sind, die uns am meisten verfolgen; und um desto besser im Felde zu erscheinen, habe ich die Lanzen und Hellebarden gekauft, welche Ihr gesehen habt. Dies sind nun die Wunderdinge, die ich Euch zu erzählen versprochen habe; sind sie Euch nicht so vorgekommen, so weiß ich keine anderen.« Hiermit beschloß der gute Mann seine Rede.
Indem trat in die Tür der Schenke ein Mann, der ganz, Strümpfe, Hosen und Wams, in Gemsleder gekleidet war, und rief mit lauter Stimme: »Herr Wirt! habt Ihr Quartier? denn es kommt der wahrsagende Affe und das Spiel von der Befreiung der Melisendra.«
»Daß dich der Teufel!« rief der Wirt aus, »da ist ja Meister Peter! Nun werden wir einen lustigen Abend haben.«
Es ist noch vergessen, zu sagen, daß dieser Meister Peter das linke Auge und fast die halbe Wange mit einem grünen Pflaster bedeckt hatte, woraus man sah, daß er auf dieser Seite einen Schaden haben mußte. Der Wirt fuhr so fort: »Ei, seid mir vielmals willkommen, wertester Meister Peter! Wo ist denn der Affe und das Spiel? Ich sehe sie ja nicht.«
»Sie sind ganz nahe«, antwortete der in Gemsleder; »ich bin nur vorangegangen, um zu sehen, ob wir Quartier fänden.«
»Dem Herzoge von Alba selbst würde ich es nehmen, um es dem werten Meister Peter zu geben«, antwortete der Wirt.«Laßt nur den Affen und das Spiel kommen; denn es sind heute abend Leute in der Schenke, die sowohl das Schauspiel wie die Geschicklichkeit des Affen bezahlen werden.«
»Nun, in Gottes Namen«, antwortete der mit dem Pflaster; »ich will den Preis billig machen und mich mit meiner Zehrung schon für gut bezahlt halten. Jetzt geh’ ich, um den Karren herzubringen, auf dem sich das Spiel und der Affe befindet.« Zugleich verließ Meister Peter die Schenke.
Don Quixote fragte den Wirt, wer der Meister Peter sei und was er für ein Spiel und für einen Affen bei sich habe. Worauf der Wirt antwortete: »Der Mann ist ein großer Puppenspieler, der schon seit langem im Lande herumzieht und ein Spiel aufführt, wie Melisendra von dem berühmten Don Gayferos befreit wird; eine von den schönsten dargestellten Historien, die man seit vielen Jahren in diesem Teile des Königreichs gesehen hat. So hat er auch einen Affen bei sich von der seltensten Gabe, die man nur bei Affen antreffen kann, ja noch dazu wohl unter Menschen; denn wenn man ihn etwas fragt, so hört er, was man fragt, sehr aufmerksam an, dann springt er seinem Herrn auf die Schultern, macht sich an sein Ohr und sagt ihm die Antwort auf das, was man gefragt hat, worauf sie der Meister Peter laut ausspricht; er sagt aber mehr von vergangenen als von zukünftigen Dingen. Und wenn auch nicht allemal alles zutrifft, so hat er doch in den meisten Sachen recht, so daß wir auch alle glauben, der Teufel müsse ihm im Leibe stecken. Zwei Realen nimmt er für jede Frage, wenn der Affe antworten soll, ich meine, wenn sein Herr für ihn antwortet, nachdem er es ihm in die Ohren geflüstert hat. Man glaubt daher auch, daß dieser Meister Peter sehr reich ist; er ist auch ein galant uomo und ein buen compagno, wie man in Italien zu sagen
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