Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
sehr luftiger Kleidung; wo geht’s denn hinaus? Das sagt uns, wenn Ihr so gefällig sein wollt.«
Worauf der junge Mensch antwortete: »Daß ich so luftig reise, geschieht der Hitze und Armut wegen; wo ich hinaus will, ist in den Krieg.«
»Wieso der Armut wegen?« fragte Don Quixote, »denn der Hitze wegen kann ich wohl begreifen.«
»Mein Herr«, versetzte der junge Mensch, »ich habe in diesem Bündel ein Paar samtne Hosen, die zu dem kurzen Rocke gehören; wenn ich sie nun auf der Reise verderbe, so kann ich mich in der Stadt nicht damit putzen, und Geld habe ich nicht, mir andere anzuschaffen. Deshalb also, und auch um mich abzukühlen, gehe ich so, bis ich zu etlichen Kompagnien Infanterie komme, die zwölf Meilen von hier liegen, wo ich meinen Platz finde und wo mir auch nicht eine Gelegenheit fehlen wird, von da bis zum Orte der Einschiffung zu fahren, nämlich bis nach Carthagena; und ich will lieber den König zum Herrn und Gebieter haben und ihm im Kriege dienen, als irgendeinem Knicker am Hofe.«
»Habt Ihr denn vielleicht auch eine Pension bekommen?« fragte der Vetter.
»Wenn ich einem Großen von Spanien gedient hätte oder irgendeinem vornehmen Manne«, antwortete der junge Mensch, »so hätte ich sie gewiß bekommen; denn das ist der Vorteil, wenn man diesen dient, daß man aus dem Vorzimmer zum Fähndrich oder Hauptmann befördert wird oder sonst einen guten Unterhalt genießt. Ich Elender aber bin immer im Dienste bei Topfguckern gewesen, bei so filzigem Volke, die mir so elenden Lohn aussetzten, daß die Hälfte davon draufging, um meinen Kragen steifen zu lassen, und es wäre ein Wunder gewesen, wenn bei diesen ein Page auch nur das geringste Glück gemacht hätte.«
»Sagt mir doch um Gottes willen, mein Freund«, fragte Don Quixote, »ist es denn möglich, daß Ihr in Euren Dienstjahren nicht einmal eine Livree erworben habt?«
»Sie haben mir zwei gegeben«, antwortete der Page; »wie man aber dem, der aus einem Mönchsorden tritt, ohne Profeß zu tun, den Habit auszieht und ihm seine Kleider wiedergibt, so gaben mir auch meine Herren die meinigen wieder, als ihre Geschäfte beendigt waren. Sie gingen nach Hause und nahmen die Livreen wieder mit, die sie nur aus Prahlerei gegeben hatten.«
»Merkwürdige spilorcheria, wie der Italiener spricht«, sagte Don Quixote; »ich halte es aber dennoch für ein Glück, daß Ihr den Hof mit einem so trefflichen Vorsatze verlassen habt, denn es gibt auf der ganzen Welt nichts Ehrenvolleres und Nützlicheres, als erstlich Gott zu dienen, und zunächst seinem Könige und Landesherrn, vorzüglich in der Ausübung der Waffen, durch welche man, wenn nicht mehr Reichtum, doch mehr Ehre als durch die Wissenschaften erwirbt, wie ich schon oftmals gesagt habe. Denn wenn auch die Wissenschaften häufiger Wohlhabenheit als die Waffen gestiftet haben, so haben doch die Waffen etwas, das sich nicht sagen läßt, vor den Wissenschaften voraus, nebst einer gewissen Art von Glanz, der sie begleitet und sie über alles andere erhebt. Und was ich Euch jetzt sagen will, behaltet wohl im Gedächtnisse; denn es wird Euch von großem Nutzen und vieler Erleichterung in Euren Leiden sein, nämlich: daß Ihr die Vorstellungen der Unglücksfälle unterdrückt, die Euch begegnen könnten, denn der schlimmste von allen ist der Tod, und wenn dieser nur ehrenvoll ist, so ist es das beste, zu sterben. Man fragte den Julius Cäsar, jenen tapferen römischen Imperator, welcher Tod der beste sei. Er antwortete: Der unvermutete, der plötzlich und unvorhergesehen kommt. Und ob er wohl als Heide antwortete und als einer, dem die Erkenntnis des wahrhaftigen Gottes fehlte, so sprach er dessenungeachtet gut, indem er sich über die menschliche Furcht hinwegsetzte; denn gesetzt auch, daß Ihr in dem ersten Treffen oder Scharmützel umkommt, oder daß Euch eine Kanonenkugel erschlägt, oder eine Mine in die Luft sprengt, was tut es denn weiter? Einmal muß man sterben und das Werk vollenden, und nach dem Terentius erscheint der auf dem Schlachtfelde gebliebene Soldat besser als der, welcher lebt und sich durch die Flucht gerettet hat; und so viel Ruhm erwirbt der wackere Soldat, als er seinen Hauptleuten, oder denen, die ihm zu befehlen haben, Gehorsam leistet. Bedenkt auch, mein Sohn, daß es dem Soldaten besser steht, nach Pulver als nach Parfüms zu riechen, und daß, wenn Euch nun das Alter in diesem ehrenvollen Stande trifft, wenn Ihr auch voll Wunden, lahm und verstümmelt seid,
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