Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
denen, welche die Häuser der Fürsten regieren; von denen, die, da sie nicht als Fürsten geboren werden, auch diejenigen, die es sind, nicht zu lehren wissen, wie sie es sein sollen; einer von denen, die sich bemühen, daß die Größe der Großen sich nach der Kleinheit ihrer Seelen richte; einer von denen die, wenn sie jenen, die sie beherrschen, zeigen wollen, wie man sparsam sei, sie dahin bringen, geizig zu werden. Einer von diesen also war, wie gesagt, der ernsthafte Geistliche, der mit dem Herzogspaar kam, Don Quixote zu empfangen. Man machte sich tausend verbindliche Komplimente, und endlich nahmen sie den Don Quixote in die Mitte und gingen, sich zu Tische zu setzen. Der Herzog nötigte Don Quixote, den obersten Platz am Tische einzunehmen, und ob er sich gleich weigerte, so waren doch die Einladungen des Herzogs so dringend, daß er ihn einnehmen mußte. Der Geistliche setzte sich gegenüber und der Herzog und die Herzogin zu beiden Seiten.
Sancho war bei allem gegenwärtig und verwundert und höchlichst erstaunt über die Ehre, die seinem Herrn von diesen Fürsten widerfuhr; und da er die vielen Zeremonien und gegenseitigen Bitten sah, die zwischen dem Herzoge und Don Quixote vorfielen, wer am Tische obenansitzen sollte, sagte er: »Wenn mir es Euer Gnaden erlaubten, so wollte ich eine Geschichte erzählen, die sich in meinem Orte von wegen des Niedersitzens zugetragen hat.«
Kaum hatte Sancho dies gesagt, als Don Quixote zitterte, weil er fest überzeugt war, jener würde eine Torheit vorbringen. Sancho sah ihn an, verstand ihn und sagte: »Fürchtet nicht, gnädiger Herr, daß ich mich vergesse oder etwas sage, was nicht schicklich sei; denn ich habe das noch gut im Kopfe, was Ihr mir über das Viel- und Wenig-, Gut- und Schlechtsprechen gesagt habt.«
»Ich weiß von nichts, Sancho«, antwortete Don Quixote; »sage, was du willst, wenn du es nur schnell sagst.«
»Was ich also erzählen will«, sagte Sancho, »ist so wahr, daß mein Herr Don Quixote, der hier gegenwärtig ist, es selbst wird bestätigen müssen.«
»Meinethalben«, versetzte Don Quixote, »lüge, Sancho, soviel du willst, denn ich will dir nicht hinderlich sein; aber erwäge, was du sagst.«
»Ich habe es so viel hin und her erwogen, daß ich dreist ausspielen darf, weil ich in der Vorhand sitze, wie man aus der Sache selbst erkennen wird.«
»Es wäre gut«, sagte Don Quixote, »wenn Ihre Hoheiten den Narren hinausführen ließen; denn er wird tausend Aberwitzigkeiten sagen.«
»Beim Leben des Herzogs«, sagte die Herzogin, »Sancho soll sich nicht einen Augenblick entfernen! Ich liebe ihn sehr; denn ich weiß, er ist sehr verständig.«
»Verständige Tage«, sagte Sancho, »mögen Eurer Heiligkeit beschieden sein, weil Ihr so gut von mir denkt, ob ich es gleich nicht verdiene. Die Erzählung, die ich vortragen wollte, ist folgende: Es lud ein Edelmann in meinem Orte, der sehr reich und vornehm ist, denn er stammt von den Alamos de Medina del Campo, er verheiratete sich mit der Doña Mencia de Quinonnes (die eine Tochter des Don Alonso de Marannon war, eines Ritters vom Orden San Jago, der in der Herradura ertrank), seinetwegen gab es damals die Händel in unserem Orte, in die, wie ich glaube, mein Herr Don Ouixote auch verwickelt war, wo noch der verdrehte Tomasillo verwundet wurde, der Sohn vom Schmied Balvastro. Ist das nicht alles die Wahrheit, mein werter gnädiger Herr? Sagt es doch um Gottes willen, damit diese Herrschaften mich für keinen lügenhaften Schwätzer halten.«
»Bis jetzt«, sagte der Geistliche, »halte ich Euch mehr für einen Schwätzer als für einen Lügner; aber ich weiß noch nicht, für was ich Euch weiterhin halten werde.«
»Du führst so viel Zeugen an, Sancho, und gibst so viele Merkmale, daß ich genötigt bin zu sagen, daß du wohl die Wahrheit sagen wirst. Fahre fort und mache die Erzählung kurz; denn du hast so angefangen, als wenn du sie in zwei Tagen nicht endigen würdest.«
»Er soll sie nicht abkürzen«, sagte die Herzogin, »wenn er sich nach meinem Gefallen richtet, sondern sie so erzählen, wie er sie weiß, wenn er auch in sechs Tagen nicht fertig würde; denn brauchte er auch so viele Tage, so würde ich diese für die angenehmsten halten, die ich nur jemals erlebt habe.«
»Ich sage also, gnädige Herrschaften«, fuhr Sancho fort, »daß dieser Edelmann, den ich wie mich selber kenne, denn sein Haus ist von dem meinigen nicht einen Steinwurf weit ab, einmal einen armen
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