Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
und Stroh ausstopfen. Gott der Herr sorgt für die Vögel des Feldes und ernährt sie; und vier Ellen Tuch von Cuenca halten wärmer als vier Ellen feines Zeug von Segovia. Und wenn wir aus der Welt müssen und in die Erde kriechen, so geht der Fürst auf keinem breiteren Wege als der Tagelöhner. Der Körper des Papstes braucht nicht mehr Fuß Erde als der des Küsters, obgleich der eine vornehmer ist als der andere; denn wenn man in die Grube muß, so bücken wir uns alle und legen uns zusammen, oder man bückt uns und legt uns zusammen, ohne uns zu fragen, und damit gute Nacht. Ich sage noch einmal, wenn Eure Hoheit mir die Insel nicht geben will, weil ich ein Narr bin, so werde ich klug genug sein, mir nichts daraus zu machen. Ich habe auch sagen hören, hinter dem Kreuze steckt der Teufel, und es ist nicht alles Gold, was glänzt. Hinter seinen Ochsen, Pflug und Wagen nahmen sie den Bamba weg, um König von Spanien zu sein, und von Brokat, Zeitvertreib und Reichtum nahmen sie den Rodrigo, um von Schlangen gefressen zu werden (wenn nämlich die Verse der alten Romanze nicht lügen).«
»Wie werden die lügen«, sagte hierauf Doña Rodriguez, die Dueña, die eine von den Zuhörerinnen war; »denn man hat eine Romanze, in welcher steht, daß sie den König Rodrigo ganz lebendig in eine Grube voll Kröten, Schlangen und Eidechsen warfen, und daß nach zweien Tagen der König aus der Grube heraus mit kläglicher Stimme winselte:
Ach, sie fressen, ach, sie fressen!
Womit meistens ich gesündigt.
Und darum hat der Herr wohl recht, daß er lieber ein Bauer als König und von Nattern gefressen sein will.«
Die Herzogin konnte das Lachen nicht unterdrücken, als sie diese Einfalt ihrer Dueña hörte; auch mußte sie sich über die Reden und Sprichwörter Sanchos verwundern, zu welchem sie sagte: »Der wackere Sancho weiß wohl, daß ein Ritter das, was er einmal versprochen hat, halten muß, und sollte es ihm selber das Leben kosten. Der Herzog, mein Gemahl, wenn er gleich nicht zu den irrenden gehört, ist darum doch ein Ritter, und darum wird er auch sein Wort mit der versprochenen Insel halten, dem Neide und der Bosheit der ganzen Welt zum Trotz. Sancho sei daher guten Mutes; denn wenn er es am wenigsten denkt, wird er sich auf dem Sitze seiner Insel und seiner Regierung befinden; er wird seine Statthalterschaft haben und in Gold und Seide gehen. Ich ermahne ihn nur dazu, darauf zu denken, wie er seine Untertanen beherrscht; denn er muß wissen, daß sie alle treu und gut geartet sind.«
»Was das gute Regieren betrifft«, antwortete Sancho, »da sind gar keine Ermahnungen nötig; denn ich bin barmherzig und habe Mitleiden mit den Armen, und wer selber leidet Not, dem muß man nicht nehmen das Brot. Und bei meiner Seele, ein falsches Spiel sollen sie mir auch nicht vormachen. Ich bin ein alter Hund und verstehe das Hetzen; zu meiner Zeit kann ich schon munter sein, und die Mäuse sollen mir nicht auf der Nase spielen, denn ich weiß, wo mich der Schuh drückt. Ich sage das, weil es die Guten bei mir gut haben sollen und liebreiche Putrefaktion; die Bösen sollen mir aber nicht vor Augen kommen. Nach meiner Meinung ist bei dem Regieren das Anfangen die ganze Kunst, und es ist wohl möglich, daß ich nach vierzehn Tagen das Statthaltern an den Fingern abzählen kann, und daß ich mehr davon weiß wie von der Feldarbeit, in der ich doch erzogen bin.«
»Ihr habt recht, Sancho«, sagte die Herzogin; »denn keiner kommt gelehrt auf die Welt, und aus Menschen werden Bischöfe gemacht, und nicht aus Steinen. Aber wieder auf unsere erste Rede von der Bezauberung der Dame Dulcinea zu kommen, so halte ich es für eine gewisse und ausgemachte Sache, daß der Gedanke, auf welchen Sancho fiel, seinen Herrn zum besten zu haben und ihm einzubilden, daß die Bäuerin Dulcinea sei, und wenn sie sein Herr nicht kennt, sie für verzaubert auszugeben, alles nur eine Erfindung von einem der Zauberer gewesen sei, die den Herrn Don Quixote verfolgen; denn ich weiß es von guter Hand und als eine Wahrheit, daß das Bauernmädchen, welches den Sprung auf die Eselin tat, die Dulcinea von Toboso war und ist, und daß, als der wackere Sancho glaubte, der Betrüger zu sein, er der Betrogene war, und er darf die Wahrheit davon nicht bezweifeln, so wenig wie Dinge, die wir niemals gesehen haben. Der Herr Sancho Pansa muß zugleich wissen, daß wir auch hier Zauberer haben, die uns wohlwollen und uns sagen, was in der Welt vorgeht, mit aller
Weitere Kostenlose Bücher