Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
gingen, einer von ihnen habe ihnen darauf von der wunderbaren und schönen Schäferin Marcella erzählt, von den vielen Liebhabern, die sich um sie bewerben, wie auch von dem Tode eines Chrysostomus, nach dessen Begräbnisse sie jetzt gingen. Kurz, er erzählte ihm alles, was Don Quixote schon vom Pedro gehört hatte.
Als dieses Gespräch beendigt war, fing ein anderes an, und der, welcher sich Vivaldo nannte, fragte Don Quixote, aus welcher Ursache er auf diese Weise bewaffnet durch ein so friedliches Land zöge.
Hierauf erwiderte Don Quixote: »Das Gewerbe, welches ich treibe, erlaubt mir nicht, auf andere Weise zu ziehen. Wohlbefinden, Fröhlichkeit und Müßiggang trifft man bei den weichlichen Höflingen, aber Beschwer, Unruhe und Waffenlast werden bei denjenigen gefunden, die die Welt die irrenden Ritter heißt, als zu welchen ich Unwürdiger mich zu den niedrigsten zähle.«
Sowie sie diese Worte hörten, hielten sie ihn auch für närrisch, aber um dessen gewisser zu sein und zu sehen, von welcher Art seine Torheit sei, fragte Vivaldo: »Was meint Ihr mit diesen irrenden Rittern?«
»Habt Ihr niemals«, antwortete Don »Quixote, »die Annalen und Historien von England gelesen, in denen die berühmten Taten des Königs Arthurus erzählt werden, den wir in unserer Sprache gewöhnlich nur den König Artus nennen, von dem eine alte Sage durch das ganze Königreich Großbritannien geht, daß er nicht gestorben, sondern durch Zauberkunst in einen Raben verwandelt sei und daß er in künftigen Zeiten wieder regieren, seinen Thron besteigen und das Zepter ergreifen werde, weshalb es auch geschehen, daß seit jener Zeit bis jetz und kein Engländer einen Raben getötet hat? Zu den Zeiten dieses edlen Königs wurde der berühmte Ritterorden der Ritter von der Tafelrunde gestiftet, damals ereigneten sich Liebeshändel, die vom Don Lanzarote vom See mit der Königin Ginevra erzählt werden, deren Mittlerin und Mitwisserin die ehrenvolle Dame Quintannona war, woraus die bekannte Romanze, die in unserem Spanien so oft gesungen wird, entstanden ist:
Niemals ward ein edler Bote
So bedient von Damen süß
Wie der große Lanzarote,
Da er einst Bretagne ließ.
Und wie das Gedicht dann süß und anmutig von seiner Liebe und Tapferkeit zu singen fortfährt. Hierauf verbreitete sich dann der Orden der Ritterschaft und erstreckte sich durch viele und verschiedene Teile der Welt. So waren durch Taten berühmt und bekannt Amadis von Gallia nebst allen seinen Söhnen und Enkeln bis ins fünfte Glied, ingleichen der tapfere Felixmarte von Hircania und der niemals genug gepriesene Tirante der Weise, und fast in unseren Tagen sahen und hörten wir ihn und lebten mit ihm, dem unüberwindlichen und wackeren Ritter Don Belianis aus Graecia. Diese, meine Herren, sind irrende Ritter, und wie ich ihn beschrieben, so ist der Orden dieser Ritterschaft, den auch ich Unwürdiger ergriffen, und so, wie jene Genannten lebten, so gleichermaßen lebe auch ich. Deshalb suche ich mir in diesen Wüsteneien und Einöden Abenteuer, indem ich mit freiwilligem Entschluß meinen Arm und meine Person der größten Gefahr gewidmet habe, die das Verhängnis mir nur in Errettung der Elenden und Hilfsbedürftigen zuschicken kann.«
Diese Reden bestätigten es den Reisenden vollends, daß es Don Quixote am Verstande fehlte, sowie sie nun auch wußten, von welcher Art Narrheit er beherrscht werde, worüber sie sich ebenso verwunderten wie alle diejenigen, die dies an ihm zum ersten Male gewahr wurden. Vivaldo, der ein verständiger Mann und von fröhlichem Temperamente war, suchte sich den übrigen kurzen Weg angenehm zu machen, den sie noch bis zur Begräbnisstelle hatten, er gab sich also Mühe, seine Tollheiten noch mehr in den Gang zu bringen. Er sagte daher: »Ihr, Herr irrender Ritter, habt also nach meiner Meinung eins der mühseligsten Gewerbe ergriffen, die es nur auf Erden geben kann, und ich glaube, daß die Brüder Kartäuser keinen so strengen Stand haben.«
»So strenge mag hingehen,« antwortete unser Don Quixote, »allein wessen von diesen Ständen die Welt am benötigsten sei, leidet wohl keinen Zweifel. Denn wenn man die Wahrheit gestehen soll, so tut der Soldat, der den Befehl seines Hauptmanns ausrichtet, nicht weniger als dieser Hauptmann, der ihm gebietet. Ich will nämlich sagen, die Mönche erbitten in Ruhe und Frieden vom Himmel das Glück der Erde, aber wir Soldaten und Ritter richten aus, was sie bitten, und verfechten es mit der
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