Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
verweigerte sie und befahl ihm aufzustehen und das zu sagen, was er zu sagen habe. Der Bauer tat es und sprach zugleich: »Ich, gnädiger Herr, bin ein Bauer, aus Miguel Turra gebürtig, einem Orte, der zwei Meilen von Ciudad Real liegt.«
»Haben wir wieder ein neues Tirteafuera?« sagte Sancho, »sprecht, Freund, denn ich kann Euch sagen, daß ich sehr gut weiß, wo Miguel Turra liegt, denn es ist nicht sehr weit von meinem Dorfe.«
»Die Sache ist nun, gnädiger Herr«, fuhr der Bauer fort, »daß ich durch die Barmherzigkeit Gottes verheiratet bin auf dem Wege und durch den Segen der heiligen katholischen Kirche; ich habe zwei studierte Söhne, der jüngste studiert auf den Bakkalaureus und der älteste auf den Lizentiaten. Ich bin Witwer, denn meine Frau ist gestorben oder richtiger, ein schlechter Doktor hat sie umgebracht, denn er ließ sie purgieren, als sie schwanger war, und wenn uns Gott so gnädig gewesen wäre, daß die Geburt das Licht der Welt erblickt hätte und ein Sohn gewesen wäre, so hätte ich ihn auf den Doktor studieren lassen, damit er seine Brüder, den Bakkalaureus und den Lizentiaten, nicht beneidet hätte.«
»Also«, sagte Sancho, »wenn Eure Frau nicht gestorben wäre oder andere sie nicht hätten sterben lassen, so würdet Ihr jetzt kein Witwer sein.«
»Nein, gnädiger Herr, auf keine Weise«, antwortete der Bauer.
»So sind wir schon weiter«, versetzte Sancho, »nun fort, guter Freund, denn es ist eher Zeit zum Schlafen als zum Verhandeln.«
»Ich sage also«, sagte der Bauer, »daß dieser mein Sohn, der Bakkalaureus werden soll, sich in unserem Dorfe in ein Mädchen verliebte, mit Namen Klara Perlerina, die Tochter des Andreas Perlerino, eines sehr reichen Bauern; und diesen Namen Perleriner führen sie nicht etwa von ihrer Familie, sondern weil sie alle paralytisch sind oder gichtisch, und um diesen Namen zu verbessern, heißen sie sich Perleriner, obgleich, die Wahrheit zu sagen, das Mädchen wie eine orientalische Perle ist. Und von der rechten Seite angesehen, sieht sie aus wie eine Blume des Feldes, von der linken nicht ganz so, denn auf dieser fehlt ihr ein Auge, das sie in den Pocken verloren hat, und ob sie gleich im Gesichte viele und große Narben trägt, so sagen doch die, die ihr gut sind, es wären keine Narben, sondern Gräber, in welchen die Seelen ihrer Liebhaber begraben liegen. Sie ist so reinlich, daß, um das Gesicht nicht zu beschmutzen, sie die Nase in die Höhe gekrempt trägt, so daß es scheint, als wenn sie vor dem Munde die Flucht nehme, doch sieht sie bei alledem sehr schön aus, denn sie hat einen großen Mund, und wenn ihr in diesem nicht zehn oder zwölf Zähne fehlten, so könnten diese es in der reizenden Bildung mit den vollkommensten aufnehmen. Von den Lippen ist nichts zu sagen, denn sie sind so fein und zart, daß, wenn es nur gebräuchlich wäre, Lippen zu flechten, man aus diesen einen schönen Zopf drehen könnte; da sie aber noch eine andere Farbe haben, als bei den Lippen meistens gebräuchlich ist, so sind sie gar wunderbar, denn sie sind himmelblau, grün und bräunlich marmoriert; der Herr Statthalter mag es mir nicht übelnehmen, wenn ich so genau und Stück für Stück die ausmale, die über kurz oder lang meine Tochter wird, denn ich bin ihr gut und sie scheint mir nicht übel.«
»Malt, was Ihr wollt«, sagte Sancho, »denn ich ergötze mich an dieser Malerei, und wenn ich gegessen hätte, so gäbe es für mich keinen besseren Nachtisch als Euer Porträt da.«
»Diesen will ich eben auftragen«, antwortete der Bauer; »aber die Zeit wird kommen, in der wir das sind, was wir jetzt vielleicht noch nicht sind, und ich sage nur, gnädiger Herr, daß, wenn ich ihre Lieblichkeit und den Wuchs ihres Körpers malen könnte, das ganz etwas Erstaunliches sein würde. Aber das kann nicht geschehen, weil sie eingekrümmt und zusammengerollt ist und die Knie am Munde hat, aber demungeachtet kann man wohl sehen, daß, wenn sie sich nur aufrichten könnte, sie mit dem Kopf an die Decke stoßen würde, und sie hätte schon ihre Hand als Braut meinem braven Bakkalaureus gegeben, wenn sie sie nur ausstrecken könnte, aber die ist zusammengeschrumpft, doch kann man an den breiten und gerieften Nägeln ihre Schönheit und treffliche Bildung erraten.«
»Nun genug«, sagte Sancho, »bedenke, Freund, daß Ihr sie nun von dem Kopfe bis zu den Füßen gemalt habt, jetzt sagt, was wollt Ihr? Kommt endlich zur Sache, ohne Umwege und Winkelzüge,
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