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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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auf der Welt soll nicht imstande sein, mich von der Verehrung derjenigen abzuziehen, die eingegraben und geprägt in der Mitte meines Herzens und im Innersten meiner Eingeweide dasteht; ihr mögt nun, meine Gebieterin, in eine zwiebelduftende Bäuerin verwandelt sein oder in eine Nymphe des goldführenden Tajo, die Gewebe webt, aus Gold und Seiden zusammengesetzt, dich mag nun Merlin oder Montesinos bewahren, wo sie nur wollen, denn wo du auch bist, bist du die meinige, und wo ich auch sei, war und werde ich immer der deinige bleiben.«
    Das Endigen dieser Worte und das Aufmachen der Tür geschah in einem und demselben Augenblicke. Er stellte sich in dem Bette auf, vom Kopf bis zu den Füßen in eine gelbe atlassene Decke gewickelt, eine spitze Mütze auf dem Kopf und Gesicht und Knebelbart in Banden: das Gesicht wegen der Kratzwunden, den Knebelbart, damit er nicht schlaff würde und niederfiele; in dieser Tracht sah er dem seltsamsten Gespenste ähnlich, das man sich nur vorstellen kann. Er heftete die Augen auf die Tür, und als er meinte, daß nun die besiegte und betrübte Altisidora hereintreten würde, sah er eine höchst ehrwürdige Dueña hereinkommen, mit weißen, gefalteten und so langen Schleiern, daß sie von diesen vom Kopf bis zu den Füßen bedeckt und eingewickelt wurde. Zwischen den Fingern der linken Hand hielt sie ein Stück brennendes Wachslicht und mit der rechten machte sie sich Schatten, damit ihr das Licht nicht in die Augen schiene, die sie mit einer großen Brille bedeckt hatte; sie kam mit langsamen Schritten und setzte die Füße nur leise auf. Don Quixote beschaute sie von seiner Warte herab und als er ihr leises Wesen sah und ihr Stillschweigen wahrnahm, glaubte er, es sei eine Hexe oder Magierin, die in dieser Tracht komme, irgendein böses Werk zu beginnen, deshalb fing er an, in großer Hast den Segen über sich zu sprechen. Die Erscheinung war näher gekommen, und als sie in die Mitte des Zimmers angelangt war, erhob sie die Augen und sah die Hast, mit welcher Don Quixote die Kreuze schlug; und war er in Angst, als er ihre Gestalt erblickte, so war sie voll Entsetzens, als sie die seinige wahrnahm, denn sowie sie ihn sah, so hoch und so gelb, mit der Decke, mit der Bandage, die ihn so sehr entstellte, schrie sie laut auf und rief: »Jesus! was seh’ ich da?« und über diesem Schrecken fiel ihr das Licht aus der Hand, und da sie sich im Finstern sah, kehrte sie wieder um, um fortzugehen, stolperte aus Angst über ihre Schleppen und fiel mit einem schweren Fall zu Boden.
    Don Quixote in Angst, fing an zu sprechen: »Ich beschwöre dich, Gespenst, oder was du sein magst, daß du mir sagst, wer du bist, und daß du mir sagst, was du von mir verlangst. Bist du eine gequälte Seele, so sage es mir, und ich will alles für dich tun, was in meinen Kräften steht, denn ich bin ein katholischer Christ und ein Mann, der gerne der ganzen Welt Gutes tut, denn deshalb habe ich den Orden der irrenden Ritterschaft erwählt, zu welchem ich mich bekenne, dessen Ausübung sich auch so weit erstreckt, den Seelen im Fegefeuer behilflich zu sein.«
    Die gequetschte Dueña die sich beschwören hörte, schloß von ihrer Furcht auf die des Don Quixote und antwortete mit kläglicher und leiser Stimme: »Herr Don Quixote (wenn Euer Gnaden wohl Herr Don Quixote ist), ich bin kein Gespenst, keine Erscheinung, keine Seele aus dem Fegefeuer, wie Euer Gnaden wohl denken muß, sondern Doña Rodriguez, die erste Dueña der gnädigen Herzogin, die mit einer Angelegenheit, die Euer Gnaden zu vermitteln pflegt, zu Euer Gnaden gekommen ist.«
    »Sagt mir, Señora Doña Rodriguez«, sprach Don Quixote, »kommt Ihr vielleicht irgendeine Vermittlung zu stiften? so muß ich Euch sagen, daß ich darin für jedermann untauglich bin, Dank sei es der unvergleichlichen Schönheit meiner Gebieterin Dulcinea von Toboso. Kurz, Señora Doña Rodriguez, wenn Ihr jedes Liebeswerben unterlaßt und beiseite setzt, so könnt Ihr gehen und Eure Kerze wieder anzünden und zurückkommen, wir können dann abhandeln, was Ihr wollt und Euch am meisten gefällt, nur müssen, wie gesagt, alle Anreizungen zur Liebe entfernt bleiben.«
    »Ich für jemand werben, gnädiger Herr?« antwortete die Dueña, »Euer Gnaden kennt mich schlecht, das wäre mir gelegen! Ich bin noch nicht so weit in Jahren, daß ich mich mit dergleichen Possen abgeben sollte, denn ich habe, Gott sei Lob und Dank, meine Seele noch im Fleische und alle meine Zähne noch im

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