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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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spielen? Gut. Und wohin gingst du jetzt?«
    »Frische Luft schöpfen, gnädiger Herr.«
    »Und wo schöpft man frische Luft auf dieser Insel?«
    »Wo sie weht.«
    »Trefflich! Ihr antwortet recht schlagend, Ihr seid witzig, junger Mensch; aber denkt Euch einmal, daß ich die Luft bin, die in Eure Segel weht und Euch ins Gefängnis führt. Faßt ihn, ihr da! Und führt ihn fort, denn ich will machen, daß er dort ohne Luft in dieser Nacht schlafen soll.«
    »Mein’ Seel’«, sagte der junge Mensch, »Euer Gnaden kann mich sowenig im Gefängnis schlafen machen, als Ihr mich zum Könige machen könnt.«
    »Wie? Ich könnte dich nicht im Gefängnisse schlafen machen?« antwortete Sancho, »habe ich denn nicht die Gewalt, dich einzusperren und loszulassen, wenn und wie ich nur will?«
    »Wenn Ihr auch noch so viele Gewalt besitzt«, sagte der junge Mensch, »so ist sie doch nicht groß genug, mich im Gefängnisse schlafen zu machen.«
    »Warum denn nicht?« versetzte Sancho, »gleich führt ihn fort, daß er mit seinen eigenen Augen seinen Irrtum sehen kann, und selbst wenn der Kerkermeister auch aus Eigennutz nachgiebig zu sein wünschte, denn ich will ihm zweitausend Dukaten Strafe zuerkennen, wenn er erlaubt, daß du nur mit einem Fuße aus dem Gefängnisse kommst.«
    »Das ist alles nur zum Lachen«, antwortete der junge Mensch, »denn die Sache ist, daß mich alle, die auf Erden leben, nicht im Gefängnisse sollen schlafen machen.«
    »Sage mir, Teufel«, sprach Sancho, »hast du denn einen Engel, der dich befreit und der dir die Eisen abnimmt, die ich dir will anlegen lassen?«
    »Jetzt, Herr Statthalter«, antwortete der Mensch mit vieler Lustigkeit, »laßt uns zur Sache und auf den rechten Punkt gelangen. Ich setze den Fall, Ihr, gnädiger Herr, laßt mich ins Gefängnis führen. Ihr laßt mir Ketten und Banden anlegen und mich in ein tiefes Loch werfen, legt auch dem Kerkermeister schwere Strafen auf, wenn er mich herausließe, und daß alles geschieht, was Ihr nur immer befehlen mögt: trotz dessen, wenn ich nicht schlafen und die ganze Nacht kein Auge zutun will, könnt Ihr mich wohl mit Eurer ganzen Macht schlafen machen, wenn ich es nicht will?«
    »Gewiß nicht«, sagte der Sekretär, »der Mensch ist mit seiner Behauptung durchgedrungen.«
    »Also«, sagte Sancho, »wollet Ihr das Schlafen aus keinem anderen Grunde unterlassen, als um Eurem Willen genugzutun und nicht um dem meinigen entgegenzuhandeln?«
    »Nein, gnädiger Herr«, sagte der Bursche, »auf keine Weise.« »So geht mit Gott«, sagte Sancho, »und schlaft in Eurem Hause, und Gott gebe Euch angenehme Träume, denn ich will Euch deren nicht berauben; doch will ich Euch den Rat geben, daß Ihr in Zukunft nicht mit der Justiz spaßen mögt, denn Ihr könntet auf Leute treffen, die Euch den Spaß versalzen.«
    Der junge Mensch entfernte sich, und der Statthalter setzte seine Runde fort, und bald darauf kamen zwei Häscher, die einen Menschen mit sich führten und sagten: »Herr Statthalter, dieser, der wie ein Mann aussieht, ist keiner, sondern ein Mädchen, und kein häßliches, das Mannskleider angezogen hat.«
    Man leuchtete ihr mit zwei oder drei Laternen unter die Augen, bei deren Schimmer sie das Gesicht eines Mädchens gewahr wurden, dem Anscheine nach etwa von sechzehn Jahren, die Haare in einem Netze aus Gold und grüner Seide, das Antlitz von der größten Schönheit. Sie betrachteten sie von oben bis unten und sahen, daß sie seidene fleischfarbene Strümpfe trug, mit Kniebändern von weißem Taft, mit Gold und kleinen Perlen geschmückt, die kurzen Beinkleider waren grün von Goldstoff, ein kleiner Mantel oder Umwurf von demselben Zeuge, unter diesem hatte sie ein Wams, sehr fein aus Gold und Weiß gewebt, und an den Füßen weiße Männerschuhe; sie führte keinen Degen, sondern einen kostbaren Dolch, und an den Fingern trug sie viele glänzende Ringe. Das Mädchen gefiel allen, und keiner von denen, die zugegen waren, kannte sie; die im Orte Einheimischen sagten, sie wüßten nicht, wer sie sein könnte, und diejenigen, die den Spaß kannten, den man sich mit Sancho machte, waren am meisten verwundert, denn dieser Auftritt und dies Zusammentreffen war von ihnen nicht angeordnet, und deshalb standen sie voll Erwartung, was sich aus dieser Sache ergeben würde. Sancho war von der Schönheit des Mädchens entzückt und fragte sie, wer sie sei, wohin sie gehe und was sie bewogen habe, sich in diese Kleidung zu stecken. Sie schlug die

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