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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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mitteile ich meine Gedanken und Schönheit. Ein Feuer bin ich aus der Ferne, ein Schwert, weit weggestellt. Wen mein Anblick zur Liebe lockte, den enttäuschten meine Worte. Wenn Wünsche sich von Hoffnungen nähren, so habe ich nicht die kleinste Hoffnung weder dem Chrysostomus noch einem anderen gegeben, so daß man sagen kann, er sei an seinem Wahnsinne, nicht an meiner Grausamkeit gestorben. Auf den Vorwurf, daß seine Absichten redlich waren und daß ich sie deshalb hätte erwidern müssen, antworte ich, daß, wenn er an diesem Orte, an welchem jetzt sein Grab ausgehöhlt wird, mir die Redlichkeit seiner Gesinnung entdeckte, ich ihm bekennen würde, daß meine Gesinnung ist, in ewiger Einsamkeit zu leben, und wie nur die Erde das Kleinod meiner Schönheit und die Blume meiner Keuschheit genießen solle. Wenn er nun auch nach dieser Enttäuschung gegen alle Hoffnung seinen Sinn behalten und gegen den Wind segeln wollte, wie bin ich schuld, wenn er mitten auf dem Meere seines Unsinns Schiffbruch leidet? Kam ich ihm entgegen, so war ich falsch; hätte ich seine Neigung erwidert, so hätte ich gegen meinen besseren Willen und Vorsatz gehandelt. Er kannte meine Gesinnung und blieb in seinem Wahne, er verzweifelte, ohne daß er von mir gehaßt ward; wo ist nun der Grund, daß ihr die Schuld seines Todes mir beimessen könnt? Der Getäuschte klage, der wüte, den ich mit falscher Hoffnung hinterging, der rede laut, um den ich klagte, der höhne mich, dem ich erwiderte; aber keiner nenne mich grausam oder Mörderin, dem ich nichts verspreche, ihn täusche, um ihn klage oder ihm Liebe erwidere. Bisher hatte es der Himmel über mich noch nicht verhängt, daß ich gezwungen lieben muß; der Glaube aber, daß ich aus Wahl lieben werde, ist Torheit. Diese allgemeine Enttäuschung sei für jeglichen von denen, die sich zu ihrem Vorteil um mich bewerben, jeder begreife in Zukunft, daß, wenn einer für mich stirbt, er nicht an Eifersucht und Unglück stirbt, denn wer keinen liebt, darf keinem Eifersucht geben, wie es auch unrecht wäre, diese Enttäuschungen für Verschmähungen anzusehen. Wer mich wild und Basilisk nennt, fliehe vor mir, wie vor einer schädlichen Pflanze, wer mich undankbar nennt, diene mir nicht, wer mich unerkenntlich heißt, bleibe mir unbekannt, grausam, der folge mir nicht, denn diese Wilde, der Basilisk, die Undankbare, Grausame, diese Unerkenntliche wird keinen suchen, ihm dienen, seine Bekanntschaft wünschen, und auf keine Weise keinem folgen. Wenn Unvernunft und törichte Wünsche den Chrysostomus töteten, warum wird meine Tugend und Ehre angeklagt? Wenn ich meine Reinheit in Gesellschaft der Bäume bewahre, warum soll ich wünschen, daß sie der verletzt, der doch wünscht, daß ich sie unter den Menschen bewahre? Wie ihr wißt, besitze ich eigenes Vermögen und begehre nach keinem Fremden, ich bin frei, und es gefällt mir nicht, untertan zu werden, ich liebe und hasse keinen, ich täusche nicht den einen, bewerbe mich nicht um den anderen, scherze nicht mit diesem, lache nicht mit jenem. Meine unbescholtene Gesellschaft sind die Hirtenmädchen dieser Gegend, meine Beschäftigung ist die Sorgfalt für meine Herde, meine Wünsche werden von diesen Bergen beschränkt, übersteigen sie diese, so geschieht es nur, die Schönheit des Himmels mir vorzustellen, den Aufenthalt, zu dem unsere Seele wie zu ihrer ersten Heimat zurückkehrt.«
    Mit diesen letzten Worten wandte sie sich um, ohne eine Antwort abzuwarten, und verlor sich in einen nahen Hohlweg des Gebirges, indem sie alle über ihren Verstand wie über ihre Schönheit entzückt zurückließ. Einige von denen, die von den Strahlen ihrer schönen Augen wie von scharfen Pfeilen verwundet waren, wollten sich anschicken ihr zu folgen, ohne die ausgesprochene Enttäuschung auf sich zu beziehen. Als Don Quixote dies bemerkte, schien es ihm, daß seine Ritterschaft hier trefflich anzuwenden sei, in Hilfe der genotdrängten Jungfrauen; er legte also die Hand an den Degen und sagte mit lauter und verständlicher Stimme: »Niemand, von was Stand und Würden er auch sei, unterfange sich, der schönen Marcella nachzufolgen, bei Strafe, meinen wütendsten Unwillen zu erfahren. Sie hat mit deutlichen und hinreichenden Gründen bewiesen, wie sie wenige oder keine Schuld am Tode des Chrysostomus habe, und wie fern es ihr sei, in die Wünsche irgendeines ihrer Liebhaber einzustimmen; deshalb ist es gerecht, daß statt gefolgt und verfolgt zu werden, man sie als

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