Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
Vom Netzwerk:
Carrasco. Vom Pfarrer spreche ich nicht; aber ich will wetten, daß er auch seine poetischen Launen hat, und was den Meister Niklas betrifft, so habe ich seinetwegen keinen Zweifel, denn alle oder die meisten Barbiere sind Gitarrenspieler und Versemacher. Ich werde mich wegen der Enthaltung beklagen; du lobst dich als einen treuen Liebhaber; der Schäfer Carrascon singt von seiner Verschmähung und der Pfarrer Pfarrland wovon es ihm gefällt, und so wird das Ding so herrlich gehen, als man es sich nur wünschen kann.«
    Worauf Sancho antwortete: »Ich bin, gnädiger Herr, ein solches Unglückskind, daß ich immer fürchte, ich erlebe den Tag nicht, an dem ich mich in diesem Stande sehe. O welche schöne glatte Löffel wollte ich machen, wenn ich erst ein Schäfer wäre! Was für schöne Dinge zum Fressen, was für Kränze würde es geben, was für Schäfernarreteien wollte ich nicht anstellen! Wenn man mir auch nicht den Ruhm eines Verständigen geben wollte, so sollten sie doch sagen müssen, daß ich erfinderisch bin. Sanchica, meine Tochter, soll uns dann das Essen hinausbringen. Aber vorgesehen! Sie sieht gut aus, und es gibt mehr boshafte als einfältige Schäfer, und ich möchte nicht, daß sie nach Wolle ginge und geschoren nach Hause käme, und die Liebeshändel und unerlaubten Begierden pflegen ebensowohl auf dem Lande wie in den Städten Eingang zu finden, ebensogut in den Hütten der Schäfer als in den Palästen der Könige, und wer nicht in Versuchung geführt wird, kann auch nicht sündigen, und was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß, und besser ist Neid als Mitleid.«
    »Genug der Sprichwörter, Sancho«, sagte Don Quixote, »denn jegliches von denen, die du gesagt hast, gibt deine Gedanken zu erkennen, auch habe ich dir schon oftmals den Rat gegeben, daß du mit Sprichwörtern nicht so freigebig sein sollst, und daß du dich bedenken mögest, wenn du sie anführst; aber ich glaube, daß ich in der Wüste predige, der Regen höhlt endlich einen Stein aus, aber wer einen Mohren weiß waschen will, tut töricht.«
    »Es scheint mir«, antwortete Sancho, »daß auf Euch das paßt: der Topf sagte zum Kessel: fort, du Schwarznase. Ihr tadelt mich darum, daß ich Sprichwörter sage, und in eben dem Augenblicke gehen sie Euch herrlich ab.«
    »Bedenke, Sancho«, antwortete Don Quixote, »ich führe die Sprichwörter mit Absicht an, und sie passen, wenn ich sie sage, wie ein Ring auf den Finger; aber du ziehst sie bei den Haaren herbei, so daß du sie vielmehr schleppst, als sie dir folgen; und wenn ich mich recht erinnere, habe ich dir schon sonst einmal gesagt, daß die Sprichwörter kurze Sentenzen sind, aus der Erfahrung und Beobachtung unserer alten Weisen geschöpft, das Sprichwort aber, welches nicht passend ist, ist viel eher eine Narrheit als eine Sentenz. Wir wollen dies aber lassen, und da die Nacht schon kommt, uns ein wenig vom großen Wege entfernen, an einen Ort, wo wir die Nacht zubringen können, und Gott weiß, was morgen sein wird.«
    Sie zogen sich zurück, aßen spät und schlecht, sehr gegen den Willen des Sancho, dem die Armseligkeit, die mit der irrenden Ritterschaft in Wäldern und auf Bergen verknüpft zu sein pflegt, von neuem deutlich wurde, und wieder gedachte er des Wohllebens in den Schlössern und Häusern, wie beim Don Diego de Miranda, auf der Hochzeit des reichen Camacho und beim Don Antonio Moreno; er überlegte aber, wie es unmöglich sei, daß es immer Tag oder immer Nacht bleibe, und darum verbrachte er diese schlafend, so wie sein Herr wachend.

68. Kapitel

    Von dem grunzenden Abenteuer, welches Don Quixote zustieß.
    Die Nacht war ziemlich finster, ob sich gleich der Mond am Himmel befand, aber nicht da, wo er gesehen werden konnte, denn Frau Diana geht oft zu den Antipoden spazieren und läßt alsdann die Berge schwarz und die Täler voller Dunkelheit. Don Quixote gab der Natur nach und schlief den ersten Teil der Nacht, ohne sich nachher vom Schlummer überwältigen zu lassen; ganz anders als Sancho, der niemals wieder zu sich kam, sondern vom Abend bis zum Morgen in einem Stücke schlief, was sein gutes Naturell und seine wenigen Sorgen bewies. Die des Don Quixote hielten ihn so munter, daß er den Sancho erweckte und zu ihm sagte: »Ich verwundere mich, Sancho, über dein unbefangenes Gemüt. Ich glaube, du bist aus Marmor oder aus hartem Erze gemacht, in welchem weder Bewegung noch Empfindung stattfindet. Ich wache, wann du schläfst, ich weine, wann du

Weitere Kostenlose Bücher