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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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behandeln. Wir verließen ihn sehr betrübt, und er, ohne ein Wort zu sagen, entfernte sich von uns und rannte so schnell in das Buschwerk und die Steinklippen hinein, daß wir ihm nicht folgen konnten. Daraus schlossen wir aber, daß die Raserei ihn nur zu Zeiten überfiele und daß ein gewisser Fernando ihm ein überaus großes Unrecht zugefügt haben müsse, daß er dadurch so weit heruntergebracht sei. Diese Vermutungen haben sich auch bestätigt, denn er hat sich seitdem oftmals sehen lassen, manchmal um die Schäfer zu bitten, daß sie ihm etwas von ihrem Essen mitteilen möchten, manchmal nimmt er es ihnen aber auch wieder mit Gewalt weg, denn sobald er in seiner Raserei ist, achtet er nicht darauf, wenn ihm die Hirten auch alles in Güte anbieten, sondern er erobert es mit Schlägen, und wenn er wieder bei Sinnen ist, bittet er es um Gottes willen und mit vieler Höflichkeit und Artigkeit ab, auch dankt er ihnen mit vieler Rührung und Vergießung häufiger Tränen. Seitdem, meine Herren«, fuhr der Ziegenhirt fort, »haben ich und vier andre Schäfer, zwei Knechte nämlich und zwei von meinen Freunden, uns vorgenommen, ihn so lange zu suchen, bis wir ihn finden, und wenn wir ihn gefunden haben, wollen wir ihn, sei es nun mit Güte oder Gewalt, nach Almodovar führen, was nur acht Meilen von hier liegt, und ihn da kurieren lassen, wenn seine Krankheit eine Kur verträgt, oder doch, wenn er bei Sinnen ist, von ihm erfahren, wer er sein mag, damit man der Familie Nachricht von seinem Unglücke geben kann. Dies, meine Herren, ist alles, was ich Euch auf Eure Fragen antworten kann, der, dem die Sachen gehören, die Ihr gefunden habt, ist der nämliche, den Ihr mit so großer Behendigkeit und halb nackt vorüberrennen sahet.« – Denn Don Quixote hatte ihm schon erzählt, wie er einen Menschen im Gebirge habe klettern sehen. – Dieser war durch das, was ihm der Ziegenhirt erzählt hatte, in Erstaunen gesetzt, und seine Begierde, zu erfahren, wer der arme Wahnsinnige sei, war dadurch um vieles erhöht, er nahm sich also nochmals, wie er schon vorher beschlossen hatte, vor, ihn im ganzen Gebirge aufzusuchen und keine Kluft und keine Höhle unbeachtet zu lassen, bis er ihn endlich gefunden hätte. Das Schicksal führte es aber besser, als er es erwartete oder hoffte, denn in demselben Augenblicke zeigte sich in einem hohlen Wege zwischen den Bergen der junge Mensch, den er suchte, der etwas für sich murmelte, was man nicht nahe an ihm, viel weniger in der Entfernung verstehen konnte. Seine Tracht war, wie sie oben beschrieben ist, nur bemerkte Don Quixote in der Nähe, daß das zerrissene Koller, das er trug, von Ambra-Farbe sei, wodurch er völlig überzeugt wurde, daß ein Mensch, der solche Kleider führe, von keinem gemeinen Stande sein müsse.
    Als der Jüngling näher kam, grüßte er sie mit rauher und heiserer Stimme, aber mit vieler Höflichkeit. Don Quixote erwiderte den Gruß ebenso artig, stieg vom Rozinante ab und umarmte ihn mit edlem Anstande und großer Leutseligkeit, indem er ihn eine geraume Zeit fest in seinen Armen geschlossen hielt, als wenn er ihn seit vielen Jahren kennte. Der andre, den man den Zerlumpten von der kläglichen Gestalt nennen könnte, wie Don Quixote der von der traurigen heißt, entfernte ihn ein wenig von sich, nachdem sie sich wieder aus den Armen gelassen hatten, und legte seine Hände auf die Schultern Don Quixotes; er beschaute ihn dann, als wollte er sich besinnen, ob er ihn kennte, vielleicht ebenso erstaunt, die Gestalt, Bildung und Waffenrüstung Don Quixotes vor sich zu sehen, als Don Quixote erstaunt war, ihn zu erblicken. Der erste, der endlich nach der Umarmung redete, war der Zerlumpte, und er sagte, was man alsbald vortragen wird.

    10. [2 4.] KAPITEL
Enthält die Fortsetzung des Abenteuers in dem
Schwarzen Gebirge

    Die Geschichte erzählt, daß Don Quixote mit der gespanntesten Aufmerksamkeit der Rede des unglücklichen Ritters aus dem Gebirge zuhörte, welcher also sprach: »Wahrlich, mein Herr, wer Ihr, da ich Euch nicht kenne, auch sein mögt, so danke ich Euch dennoch für diese Beweise von Freundschaft, die Ihr mir soeben gegeben habt, und ich wünschte, imstande zu sein, daß ich etwas mehr als meinen guten Willen, Euch zu dienen, zur Vergeltung anbieten könnte; aber das Schicksal hat mir nichts weiter übriggelassen, womit ich dergleichen edle Teilnahme erwidern kann, als meine guten Wünsche.«
    »Meine Wünsche«, antwortete Don Quixote, »bestehen

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