Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
Vom Netzwerk:
haben; denn da Dulcinea so vorsichtig ist, daß sie nicht will, daß irgendwer ihre Gedanken erfahre, so wäre es ziemlich unschicklich, wenn sie durch mich oder einen andern verraten würden.«
    »Wenn dem so ist«, sagte Sancho, »warum tut Ihr denn das, daß Ihr alle, die von Eurem Arme überwunden werden, hinschickt, daß sie sich der gnädigen Dulcinea präsentieren müssen, da doch dieses ein öffentliches Bekenntnis ist, daß Ihr sie liebt? Da auch jene vor ihr niederknien müssen und sagen, daß sie von Euch gesandt werden, als ein Zeichen Eurer Unterwerfung, wie können denn da Eure Gesinnungen verheimlicht bleiben?«
    »O wie dumm und einfältig du bist!« sagte Don Quixote; »siehst du denn nicht, Sancho, daß dieses nur zu ihrer größeren Verherrlichung dient? denn du mußt wissen, daß es bei uns Rittern eine große Ehre ist, wenn eine Dame viele irrende Ritter hat, die ihr dienen, ohne daß diese ihre Gedanken weiter ausdehnen, als daß sie ihr bloß deshalb dienen, weil sie es ist, ohne daß sie einen andern Lohn für ihre häufigen und großen Dienstleistungen erwarten, als daß sie sie gern zu ihren Rittern zählt.«
    »Diese Art Liebe«, sagte Sancho, »habe ich oft in der Kirche predigen gehört, müsse man allein zu unserm Herrgott tragen und keine Hoffnung der Belohnung, keine Furcht vor Strafe uns dazu antreiben, ob ich ihn freilich wohl lieben und ihm dienen will, wie es nur gehen will.«
    »Beim Teufel!« rief Don Quixote, »wie sprichst du manchmal für einen Bauer zu gescheit! Manchmal ist es, als hättest du studiert.«
    »Und doch kann ich, bei meiner Seele, nicht lesen«, antwortete Sancho.
    Indem rief Meister Niklas, daß sie ein wenig anhalten möchten, weil alle aus einem kleinen Bache trinken wollten, den sie dort gefunden. Don Quixote tat es, zu Sanchos nicht geringer Freude, der schon müde war, so viel zu lügen, und immer befürchtete, sein Herr möchte ihn ertappen; denn wenn er auch wußte, daß Dulcinea eine Bäuerin in Toboso sei, so hatte er sie doch in seinem Leben nicht gesehen. Cardenio hatte sich unterdessen die Kleider angezogen, die Dorothea anfangs getragen hatte, und ob sie gleich nicht die besten waren, so standen sie ihm doch besser als seine abgelegte Tracht. Sie lagerten sich bei der Quelle und stillten mit dem wenigen, was der Pfarrer aus der Schenke mitgenommen hatte, den großen Hunger, den alle fühlten. Indem dieses geschah, ging ein Bursche des Weges vorbei, stand still und beschaute alle sehr aufmerksam, die sich um die Quelle gelagert hatten; dann lief er auf Don Quixote zu, umfaßte seine Knie und fing von Herzen an zu weinen, indem er sagte: »Ach! Gnädiger Herr! Kennt Ihr mich nicht mehr? Seht mich nur recht an, denn ich bin der Bursche Andres, den Ihr von der Eiche losmachtet, wo ich festgebunden war.«
    Don Quixote erkannte ihn, nahm ihn bei der Hand, kehrte sich zu den übrigen und sprach: »Damit Ihr allerseits, Ihr teuern Gefährten, sehen möget, wie nötig es sei, daß es irrende Ritter in der Welt gebe, die das Unrecht und die Ungebührnisse aufheben mögen, die von den schlechten und boshaften Menschen verübt werden, die in ihr leben, so erfahrt, daß, als ich in vergangenen Tagen einem Gebüsche vorüberzog, ich ein Geschrei und eine höchst klagende Stimme vernahm, wie von einer sehr betrübten und hülfsbedürftigen Person; ich eilte hinzu, von mei ner Pflicht nach der Gegend getrieben, von wo mir die klagenden Töne zu kommen schienen, und fand an eine Eiche diesen Jüngling gebunden, welcher nun hier gegenwärtig ist, worüber ich mich in der Seele freue, weil er nun Zeuge sein kann, daß ich in keinem Worte eine Lüge sage; er war also an eine Eiche gebunden, bis auf den Gürtel entkleidet, und erduldete von einem Bauer die häufigen Streiche eines Pferdezaums; dieser Bauer war, wie ich nachher erfuhr, sein Herr, und sowie ich ihn sah, fragte ich ihn um die Ursache dieses schändlichen Verfahrens; der Lümmel antwortete, daß er ihn geißele, weil er sein Knecht sei und sich Unachtsamkeiten habe zuschulden kommen lassen, die mehr aus Bosheit als Dummheit herrührten; worauf dieses Kindlein aber sprach: ›Gnädiger Herr, er schlägt mich nur, weil ich meinen Lohn gefordert habe‹; worauf sich der Herr wieder mit einiger Entschuldigung hören ließ, die ich zwar vernahm, aber keineswegs zuließ; kurz, ich ließ ihn losbinden und nahm von dem Bauer einen Eidschwur, daß er ihn mit sich nehmen und bezahlen wolle, Real auf Real, und noch

Weitere Kostenlose Bücher