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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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ihn her und hören mit solchem Vergnügen zu, daß wir Essen und Trinken vergessen; wenigstens muß ich für meine Person gestehen, daß, wenn ich von den schrecklichen und entsetzlichen Hieben höre, die sich die Ritter austeilen, ich die größte Lust kriege, es auch zu versuchen, und ich Tag und Nacht den Dingen zuhören möchte.«
    »So geht es mir gerade auch«, sagte die Wirtin; »denn ich habe niemals gute Zeit im Hause, außer wenn du dem Lesen zuhörst, um die Zeit bist du so außer dir, daß du dann an kein Zanken denkst.«
    »Das ist wahr«, sagte Maritorne, »und meiner Treu, ich höre diese Dinge doch gar zu gern an, denn sie sind zuckersüß, besonders wenn erzählt wird, wie solche Dame unter Orangen sitzt und sich mit ihrem Ritter umarmt hält, wie dann eine Dienerin auf der Wache sein muß und vor Neid und Furcht sterben möchte; oh, alle die Sachen sind lieblicher als Honig.«
    »Und wie gefallen sie Euch, liebes Kind?« fragte der Pfarrer, indem er sich zur Tochter des Wirts wandte.
    »Ich kann es wahrhaftig selbst nicht sagen«, antwortete sie; »ich höre zu, und wenn ich es auch nicht verstehe, macht mir doch das Anhören Vergnügen. Nicht aber gefallen mir die Hiebe so sehr, die meinen Vater ergötzen, sondern die Klagen, welche die Ritter anstellen, wenn sie von ihren Damen entfernt sind, so daß ich wahrhaftig ein paarmal aus Mitleiden habe weinen müssen.«
    »Ihr würdet sie also wohl schnell trösten, mein liebes Kind«, fragte Dorothea, »wenn sie Euretwegen jammerten?«
    »Ich weiß nicht, was man tun würde«, antwortete das Mädchen; »aber das ist wahr, daß einige von diesen Damen so grausam sind, daß ihre Ritter sie Löwen und Tigertiere nennen und ihnen noch andere Ekelnamen geben, und du lieber Gott! ich begreife doch gar nicht, wie es so hartherzige und gewissenlose Leute geben kann, daß sie sich um einen ehrlichen Menschen nicht mehr kümmern und ihn sterben oder verrückt werden lassen; ich weiß auch nicht, was das Zieren soll; wenn sie es ehrlich meinen, so mögen sie sich mit ihnen verheiraten, da jene doch nichts Besseres wünschen.«
    »Schweig, Kind«, sagte die Wirtin, »du scheinst viel von den Dingen zu wissen; es schickt sich nicht, daß ein Mädchen soviel weiß und spricht.«
    »Da mich der Herr fragte«, erwiderte sie, »so mußte ich ihm doch wohl antworten.«
    »Gebt mir doch nun, Herr Wirt«, sagte der Pfarrer, »die Bücher, denn ich möchte sie wohl sehen.«
    »Sehr gern«, antwortete jener, worauf er in seine Stube ging, einen alten Mantelsack holte, der mit einer kleinen Kette verschlossen war, und ihn aufmachte, worauf drei große Bücher und einige sehr deutlich geschriebene Blätter zum Vorschein kamen. Das erste Buch, welches der Pfarrer aufschlug, war der Don Cirongilio von Thracia, das zweite Felixmarte von Hircania, ein anderes Die Geschichte des Großen Feldherrn Gonzalo Hernandez von Cordova, nebst dem Leben des Diego Garcia von Paredes. Als der Pfarrer die beiden ersten Titel gelesen hatte, kehrte er sich zum Barbier und sagte: »Hier fehlen nur die Haushälterin und die Nichte unseres Freundes.«
    »Sie brauchen nicht zu fehlen«, antwortete der Barbier; »denn ich selbst kann sie auch in den Hof oder hier in den Kamin schmeißen, wo gleich ein schönes Feuer brennt.«
    »Ihr wollt doch nicht etwa meine Bücher verbrennen?« fragte der Wirt.
    »Nur die zwei«, sagte der Pfarrer, »den Don Cirongilio und den Felixmarte.«
    »Sind denn diese Bücher«, fragte der Wirt, »etwa Ketzer oder Phlegmatiker, daß Ihr sie verbrennen wollt?«
    »Ihr wollt sagen Schismatiker, guter Freund«, sagte der Barbier, »und nicht Phlegmatiker.«
    »Nun ja«, sagte der Wirt; »aber wenn Ihr denn ja einen verbrennen wollt, so nehmt doch den Großen Feldherrn da oder den Diego Garcia: denn lieber möcht ich meinen leiblichen Sohn verbrennen lassen als einen von den andern beiden.«
    »Lieber Freund«, sagte der Pfarrer, »diese beiden Geschichten sind erlogen; sie sind voller Narrheit und Unsinn, die Geschichte des Großen Feldherrn aber ist wahrhaft und enthält die Taten des Gonzales Hernandez von Cordova, der es wegen seiner vielen und großen Verrichtungen verdiente, daß man ihn in der ganzen Welt den Großen Feldherrn nannte: ein herrlicher, ruhmvoller und von ihm allein verdienter und schön verdienter Beiname; und dieser Diego Garcia de Paredes war ein sehr vorzüglicher Ritter, aus der Stadt Truxillo in Estremadura gebürtig; er war der tapferste Soldat, und

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