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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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seine natürliche Kraft war so groß, daß er mit einem Finger ein Mühlenrad im heftigsten Umschwung anhalten konnte; auch stellte er sich mit seinem Schlachtschwerte vor den Eingang einer Brücke und hielt eine unzählige Armee ab hinüberzudringen, nebst andern Taten, die er selber erzählt, die aber, wenn er nicht selbst mit der Bescheidenheit eines Ritters und eignen Chronikschreibers spräche, sondern von einem andern, unleidenschaftlichen frei beschrieben würden, alle Taten Hektors, Achilles' und Rolands verdunkeln würden.«
    »Nun, das ist auch was Besonderes!« rief der Wirt aus, »ist das nun wohl der Rede wert, ein Mühlenrad anzuhalten? Ach, du lieber Gott! Leset nur, was Felixmarte von Hircania ausgeübt hat, der mit einem einzigen Streiche fünf Riesen mitten durchgehauen, als wenn sie nur aus Bohnen wären, wie die Rosinenmännerchen, die die Kinder wohl zu machen pflegen; ein andermal hat er sich mit der größten und erschrecklichsten Armee eingelassen, die über eine Million und sechsmal hunderttausend Soldaten hatte, alle von Kopf bis zu Fuß geharnischt, und er hat sie alle in die Flucht geschlagen, als wenn es nur eine Herde Schafe wäre. Was soll man aber von dem lieben Don Cirongilio von Thracia sagen, der so tapfer und mutig gewesen, wie man auch in dem Buche lesen kann, daß, da er einmal auf einem Flusse fuhr, mitten aus dem Wasser ein feuriger Drache hervorkam und er, sowie er ihn erblickte, sich auf ihn stürzte und sich rittlings auf seinen schuppigen Rücken setzte, worauf er ihm mit beiden Händen die Kehle so gewaltig zusammendrückte, daß der Drache merkte, er müsse erwürgen, und kein anderes Mittel sah, als sich bis auf den Grund des Stromes zu tauchen und den Ritter mit sich zu nehmen, der nicht von ihm ablassen wollte; und als sie nun unten waren, fand er sich in so herrlichen Schlössern und Gärten, daß es zum Erstaunen war, und der Drache machte sich zu einem alten Greise und sagte solche Dinge, daß man sich nichts Köstlicheres vorstellen kann. Schweigt ja still, lieber Herr; denn wenn Ihr es anhörtet, würdet Ihr vor Freuden toll im Kopfe werden wollen; o schade was für den Großen Feldherrn und den Don Garcia!«
    Da dies Dorothea hörte, sagte sie leise zu Cardenio: »Es fehlt wenig, so spielt unser Wirt die zweite Rolle des Don Quixote.«
    »So sieht es fast aus«, antwortete Cardenio; »denn so wie er zu verstehen gibt, so hält er es für ausgemacht, daß alles, was diese Bücher erzählen, sich gerade so zutrug, wie sie es beschreiben; kein Barfüßer könnte ihn von dieser Meinung abbringen.«
    »Bedenke, guter Freund«, fing der Pfarrer wieder an, »daß ein Felixmarte von Hircania niemals auf Erden gelebt hat, ebensowe nig ein Don Cirongilio von Thracia oder andre ähnliche Ritter, von denen die Ritterbücher schreiben; alles ist ja nur Erdichtung und Erfindung müßiger Köpfe, die diese Dinge zum Zeitvertreibe schreiben, wie Ihr auch erzählt, daß die Vorlesung Euren Schnittern die Zeit verkürzt ; denn ich schwöre es Euch zu, daß dergleichen Ritter niemals auf Erden gelebt haben, sowenig wie diese Taten und Teufeleien jemals vorgefallen sind.«
    »Ihr mögt einem andern die Nase drehen«, antwortete der Wirt, »wir wissen gottlob noch, daß zwei und zwei vier macht und wo uns der Schuh drückt ; glaubt nicht, daß Ihr mir solchen Brei in den Mund streichen könnt, denn ich bin gottlob nicht von gestern her; das ist doch lustig, daß Ihr mir weismachen wollt, in allen diesen Büchern stecke nur Lug und Trug, da sie doch mit besonderer Erlaubnis der königlichen Räte gedruckt sind; als wenn das Leute wären, die so viele Lügen würden drucken lassen, all die Schlachten und Verzauberungen, worüber man verrückt werden könnte.«
    »Ich habe Euch schon gesagt, Freund«, versetzte der Pfarrer, »daß alles dies nur geschieht, um unsre müßigen Gedanken zu unterhalten, und wie man in gut eingerichteten Staaten Schachspiel, Kegelspiel und Billard denen erlaubt, die nicht arbeiten mögen, können oder dürfen, so läßt man auch dergleichen Bücher drucken, in der Meinung, wie es auch geschieht, daß keiner so sehr unwissend sein wird, diese Geschichten für Wahrheit zu halten, und wenn es sich jetzt nun schickte oder meine Zuhörer es verlangten, so könnte ich manche Dinge darüber sagen, wie Ritterbücher eingerichtet sein müßten, wenn sie gut sein sollten, was vielleicht zum Nutzen und manchem zum Vergnügen gereichen würde; ich hoffe aber, eine

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