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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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und, ohne für Sancho zu sorgen noch an die Gefahr zu denken, in welcher er ihn zurückließ, sich so weit entfernte, als es ihm nötig schien, um in Sicherheit zu sein. Sancho folgte ihm, quer über seinem Esel liegend, wie schon erzählt ist. Er kam endlich herbei, indem er sein Bewußtsein schon wiedererhalten, und sowie er herangekommen war, ließ er sich vom Grauen herunter zu den Füßen des Rozinante niederfallen, ganz erschöpft, zerschlagen und zerprügelt.
    Don Quixote stieg ab, um seine Wunden zu suchen; da er ihn aber vom Kopfe bis zu den Füßen heil fand, sagte er mit ziemlichem Zorne: »Zur unglücklichen Stunde mußtet Ihr Euer Brüllen hervorsuchen, Sancho; wißt Ihr denn nicht, daß man im Hause des Gehenkten nicht vom Stricke reden darf ? Bei Eurer Musik des Brüllens, womit sollten sie anders den Takt schlagen als mit einem tüchtigen Knittel? Dankt Gott, Sancho, daß sie Euch nur mit einem Prügel eingesegnet und nicht das Kreuz mit einem Säbel gemacht haben.«
    »Ich kann nicht antworten«, antwortete Sancho, »denn mir ist, als wenn ich mit dem Rücken spräche. Wir wollen aufsteigen und uns von hier entfernen, und künftig will ich mein Brüllen in Stillschweigen vergraben, aber nimmermehr die Bemerkungen, daß die irrenden Ritter davonlaufen und ihre braven Stallmeister, wie Malz oder Getreide zerdroschen, in der Gewalt ihrer Feinde lassen.«
    »Der läuft nicht davon, der sich zurückzieht«, antwortete Don Quixote; »denn du mußt wissen, Sancho, daß die Tapferkeit, die nicht auf dem Fundamente der Weisheit ruht, Tollkühnheit genannt wird, und die Taten des Tollkühnen hängen mehr von gutem Glücke als von seinem Mute ab. Und darum gestehe ich auch, daß ich mich zurückgezogen habe, aber nicht geflohen bin, und darin habe ich vielen Tapferen nachgeahmt, die sich für bessere Zeiten aufsparten und von denen die Historien angefüllt sind, welches, da es weder zu deinem Nutzen noch zu meinem Vergnügen gereicht, ich jetzt nicht weiter auseinandersetze.«
    Sancho war indessen wieder durch Don Quixotes Hülfe beritten geworden, der selbst den Rozinante wieder bestieg, und so begaben sie sich langsam nach einem Pappelwäldchen, welches sich eine Viertelmeile vor ihnen zeigte. Von Zeit zu Zeit stieß Sancho einen tiefen Seufzer und ein klägliches Ächzen aus, und da Don Quixote ihn um die Ursache seines traurigen Benehmens fragte, antwortete er, daß ihm der Rücken von den Hüften bis zum Nacken so schmerze, daß er fast den Verstand darüber verliere. »Die Ursache dieses Schmerzes rührt ohne Zweifel daher«, sagte Don Quixote, »daß der Prügel, womit sie dich schlugen, lang und breit war, so daß er dir über den ganzen Rücken reichte und alle die Teile berührte, die dich schmerzen, und hätte er noch weiter gereicht, so würde dir noch mehr wehe tun.«
    »Bei Gott«, sagte Sancho, »Ihr habt mir da von einem großen Zweifel geholfen und mir die Sache mit anmutiger Klarheit auseinandergesetzt! Meiner Seele, war denn etwa die Ursache meiner Schmerzen so geheim, daß es nötig war, mir zu sagen, daß es mir allenthalben wehe tue, wo mich der Prügel getroffen hat? Wenn mir die Hacken wehe täten, da verlohnte es sich noch der Mühe, zu wahrsagen, woher es doch kommen möchte; daß es mir aber da wehe tut, wo sie mich geprügelt haben, da ist keine Kunst, wahrzusagen. Aber das sehe ich wohl, mein Herr Prinzipal, aus fremder Haut lassen sich gut Riemen schneiden, und jeden Tag kommt mir die Einsicht mehr in die Hände, wie wenig ich von dem Umgange erwarten darf, den ich mit Euch halte, denn wenn Ihr mich diesmal habt ausklopfen lassen, so werden wir ein anderes Mal, ja wohl hundertmal wieder an die Prelle von damals geraten oder an andere Dummheiten, die mir noch wohl die Augen im Kopfe, so wie diesmal den Buckel, kosten können. Ich täte wahrhaftig besser – aber ich bin ein Vieh und werde in meinem ganzen Leben nichts tun, was taugt –, ich täte wahrhaftig besser, muß ich wieder sagen, wenn ich wieder nach Hause ginge, zu Frau und Kindern zurück, um sie zu erhalten und zu erziehen mit dem Wenigen, was mir Gott gegeben hat, und daß ich Euch nicht so nachzöge auf unwegsamen Wegen und auf Stegen und Fußpfaden, die noch kein Fuß betreten hat, wobei ich schlecht zu trinken und noch schlechter zu essen kriege. Ebenso mit dem Schlafen: ›Ei, Freund Stallmeister, zählt Euch nur sieben Fuß Erde ab, und wenn Ihr mehr braucht, so nehmt noch einmal soviel; tut, als wenn Ihr zu Hause

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