Don Quixote
lassen, weil sie sonst glauben könnte, daß es irgendeine Zauberei oder ein außerordentliches Geheimnis mit diesem Kopfe gewesen sei. Er sagt daher, daß Don Antonio Moreno, zur Nachahmung eines andern Kopfes, den er zu Madrid sah, der von einem Künstler gearbeitet war, diesen in seinem Hause einrichtete, um sich zu unterhalten und Unwissende in Erstaunen zu setzen; die Einrichtung aber war folgende. Die Platte des Tisches war von Holz, das wie Jaspis gemalt und lackiert war, der Fuß, der ihn trug, war ebenso, mit vier Adlersklauen, die aus ihm herauskamen, um für die zu tragende Last desto stärker zu sein. Der Kopf, der von Erz schien und wie ein römischer Kaiser aussah, hatte die Farbe von Bronze, er war durchaus hohl, und ebenso die Platte des Tisches, der er so genau eingefugt war, daß man keine Spur der Verbindung sehen konnte. Der Fuß des Tisches war ebenfalls hohl und hing also mit dem Halse und der Brust des Kopfes zusammen; alles aber hing mit einem andern Zimmer zusammen, welches unter dem Gemache war, in welchem der Kopf stand. Durch diese ganze Höhlung des Fußes, Tisches, des Halses und der des Bildes ging eine genau passende Röhre von Blech, die von keinem gesehen werden konnte. In dem untern Zimmer, welches mit dem obern zusammenhing, stand der, welcher antworten wollte, er legte seinen Mund an diese Röhre, so daß, wie durch ein Sprachrohr, die Stimme von oben nach unten und von unten nach oben in deutlichen Tönen ging, wobei es zugleich nicht möglich war, den Betrug zu bemerken. Ein Neffe des Don Antonio, ein kluger und scharfsinniger Student, war der Antwortende; dieser wußte von seinem Oheim, wer an diesem Tage mit ihm in dem Zimmer beim Kopfe sein würde, und darum war es ihm leicht, die erste Frage schnell und passend zu beantworten; auf die übrigen antwortete er aufs Geratewohl und als ein Verständiger verständig. Cide Hamete sagt, daß sich an zehn bis zwölf Tagen diese seltsame Maschine erhalten habe; da es sich aber in der Stadt ausbreitete, daß Don Antonio in seinem Hause einen bezauberten Kopf habe, der auf alles, was man ihn frage, antworte, so fürchtete er, daß es endlich vor die Wächter des heiligen Gerichts kommen könne, darum erklärte er die Sache den Herren Inquisitoren selbst, und sie befahlen ihm, das Ding zu vernichten und nicht fortdauern zu lassen, damit der unwissende Haufe keinen Anstoß daran nehme. In der Meinung des Don Quixote und Sancho Pansa blieb es immer ein bezauberter und antwortender Kopf, doch mehr zur Zufriedenheit des Don Quixote als des Sancho.
Die Ritter in der Stadt, um dem Don Antonio gefällig zu sein und dem Don Quixote eine Schmeichelei zu erzeigen und um ihm Gelegenheit zu geben, seine Albernheit zu entwickeln, wollten nach sechs Tagen ein Ringrennen anstellen, welches aber nicht zustande kam, aus der Ursache, die unten gesagt werden wird.
Don Quixote bekam Lust, gewöhnlich gekleidet und zu Fuß durch die Stadt zu gehen, denn er fürchtete, daß, wenn er zu Pferde wäre, ihn die Jungen wieder verfolgen möchten; deshalb ging er mit Sancho aus, nebst zwei Dienern, die ihm Don Antonio mitgab. Als sie durch eine Straße gingen, erhob Don Quixote zufällig die Augen und sah über einer Tür mit großen Buchstaben geschrieben: ›Hier werden Bücher gedruckt‹, worüber er sich sehr freute, weil er bis jetzt noch keine Druckerei gesehen hatte und gern ihre Einrichtung wollte kennenlernen. Er ging mit allen, die ihn begleiteten, hinein und sah auf der einen Seite Bogen abziehen, auf der andern Korrekturen machen, hier setzen, dort die Lettern reinigen, und kurz, alles das geschehen, was man in einer großen Druckerei sehen kann. Don Quixote ging nach einem Kasten und fragte, was dort getan würde; man beschrieb ihm die Verrichtung, er verwunderte sich und ging weiter. Unter andern kam er zu einem, den er fragte, was er tue. Jener antwortete: »Mein Herr, dieser Ritter, der hier zugegen ist« – wobei er auf einen Mann von feinem Anstande und ziemlicher Würde wies –, »hat ein toskanisches Buch in unsere kastilianische Sprache übersetzt, und ich bin jetzt beschäftigt, es zu setzen und es dem Druck zu übergeben.«
»Welchen Titel führt dieses Buch?« fragte Don Quixote.
Worauf der Autor antwortete: »Mein Herr, dieses Buch heißt im Toskanischen le bagatelle.«
»Und was bedeutet le bagatelle im Kastilianischen?«, fragte Don Quixote.
»Le bagatelle«, sagte der Autor, »ist das, was wir im Spanischen Kleinigkeiten nennen;
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