Don Quixote
aber obgleich das Buch diesen demütigen Titel führt, so enthält es doch treffliche und sehr wichtige Sachen.«
»Ich«, sagte Don Quixote, »verstehe etwas vom Toskanischen und rühme mich, einige Stanzen aus dem Ariosto zu singen. Aber sagt mir doch, mein edler Herr – und ich frage dies nicht, als ob ich Euere Kenntnisse prüfen wollte, sondern aus bloßer Neugier –, habt Ihr in dieser Schrift wohl das Wort pignata gefunden?«
»O ja, oftmals«, antwortete der Autor.
»Und wie übersetzt Ihr es im Kastilianischen?« fragte Don Quixote.
»Wie soll es übersetzt werden«, versetzte der Autor, »außer durch Topf ?«
»Bei meinem Leben!« sagte Don Quixote, »ei! wie weit habt Ihr es im toskanischen Idiom gebracht! Ich will eine große Wette anstellen, daß, wenn es im Toskanischen piace heißt, Ihr im Kastilianischen place sagt, und wo piu steht, sagt Ihr mas, für su setzt Ihr arriba und für giu abaxo.«
»Natürlich«, sagte der Autor, »denn dieses sind die eigentlichen Bedeutungen.«
»Ich wollte schwören«, sagte Don Quixote, »daß Ihr nicht in der Welt bekannt seid, die es stets ungern tut, die blühenden Genien zu bekränzen und löbliche Arbeiten zu belohnen. Wie viele Talente sind so untergegangen! Wie manche Genien sind so verloren! Wie viele Tugenden geringgeschätzt! Dessenungeachtet scheint es mir, daß das Übersetzen aus einer Sprache in die andere, wenn es nicht aus den Königinnen der Sprachen, der griechischen und lateinischen, geschieht, sich so verhält, als wenn man die flamändischen Tapeten auf der unrechten Seite sieht, denn ob sich gleich die Figuren zeigen, so sind sie doch voller Fäden, die sie entstellen, und sie zeigen sich nicht in der Schönheit und Vollkommenheit wie auf der rechten Seite; auch beweist das Übersetzen aus leichten Sprachen ebensowenig Talent als Beredsamkeit, sowenig wie der beides zeigen kann, der ein Papier vom andern abschreibt; deswegen aber will ich nicht sagen, daß das Übersetzen keine löbliche Arbeit sei, denn der Mensch kann noch mit andern, schlimmern Dingen seine Zeit zubringen, und die ihm weniger Nutzen gewähren. Von diesem sind aber zwei berühmte Übersetzer ausgenommen, der eine Christoval de Figueroa in seinem Pastor Fido, und der zweite Don Juan de Xauregui in seinem Aminta, bei denen man wirklich in Zweifel gerät, welches die Übersetzung und welches das Original sei. Aber sagt mir doch gütigst, laßt Ihr dies Buch auf Eure Kosten drucken, oder habt Ihr den Verlag schon einem Buchhändler verkauft?«
»Ich lasse es auf meine Kosten drucken«, antwortete der Autor, »und denke mit dieser ersten Auflage wenigstens tausend Dukaten zu gewinnen, denn sie besteht aus zweitausend Exemplaren, von denen jedes einzelne im Umsehen für sechs Realen verkauft werden soll.«
»Ihr habt richtig gerechnet«, antwortete Don Quixote; »es scheint aber, Ihr kennt nicht die Schliche und Wege der Buchhändler, und wie genau sie unter sich zusammenhängen. Ich verspreche Euch, daß, wenn Ihr diese zweitausend Exemplare auf dem Halse habt, Ihr von der Last so erdrückt werdet, daß Euch bange wird, wenn das Buch vollends nichts Auffallendes und Pikantes enthält.«
»Aber wollt Ihr denn«, sagte der Autor, »daß ich es einem Buchhändler überlasse, der mir für den Verlag etliche Groschen gibt und noch meint, daß er mir eine Gnade damit erzeigt? Ich drucke meine Bücher nicht, um in der Welt Ruhm zu erwerben, denn ich bin durch meine Werke schon bekannt; den Nutzen suche ich, denn ohne den ist mir der Ruhm keinen Dreier wert.«
»Gott verleihe Euch solchen«, antwortete Don Quixote und begab sich zu einem andern Kasten, wo er sah, daß man den Bogen eines Buches korrigierte, welches den Titel führte: Licht der Seelen; als er dies sah, sagte er: »Diese Bücher, obgleich es deren schon viele gibt, müssen gedruckt werden, denn der Sünder, die sie brauchen, sind viele, und unzählig viele Lichter sind für so unzählige in Finsternis Wandelnde nötig.«
Er ging weiter und sah, daß man ein andres Buch korrigierte, worauf er nach dem Titel fragte und man ihm antwortete, es hieße: Der zweite Teil des scharfsinnigen Edlen Don Quixote von la Mancha, verfaßt von einem Einwohner von Tordesillas. »Ich kenne dieses Buch schon«, sagte Don Quixote, »und in Wahrheit und bei meinem Gewissen, ich glaubte, es sei schon verbrannt und in Asche verwandelt, weil es durchaus unnütz ist; aber es wird schon sein Martinsfest finden, wie jegliches Schwein;
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