Don Quixote
Messen von Sevilla befanden, lustiges, aufgewecktes und ebenso boshaftes und schadenfrohes Volk, die, wie von einem Geiste zugleich angetrieben, Sancho nahmen und ihn vom Esel hoben, worauf einer das Bettuch des Wirtes herausholte, sie ihn darauf legten und dann die Augen in die Höhe richteten, aber bemerkten, daß die Decke zu dem Werke, das sie vornehmen wollten, zu niedrig sei; sie entschlossen sich also, in den Hof zu gehen, der nur vom Himmel beschränkt wurde. Hier legten sie Sancho mitten auf das Tuch, warfen ihn in die Höhe und fingen ihn wieder auf und spielten so mit ihm wie mit einem Hunde im Karneval. Der arme Geprellte erhob ein so lautes Geschrei, daß es in die Oh ren seines Herrn drang, der sogleich stillhielt, um aufmerksam hinzuhorchen, weil er dachte, es möchte ihm ein neues Abenteuer bevorstehen, bis er bemerkte, daß derjenige, der so jammerte, sein Stallmeister sei; sogleich lenkte er um und ritt in einem steifen Galopp zur Schenke zurück, die er verschlossen fand; er umkreiste sie also, um irgendeinen Eingang zu finden. Sowie er an die Mauern des Hofes kam – die nicht sonderlich hoch waren –, sah er das üble Spiel, das mit seinem Stallmeister vorgenommen wurde. Er sah ihn durch die Luft mit solcher Anmut und Behendigkeit niederfallen und wieder aufsteigen, daß er nach meiner Meinung darüber gelacht hätte, wenn sein Zorn nicht zu mächtig geworden wäre. Er machte den Versuch, vom Pferde auf die Mauer zu steigen, aber er war so zerschlagen und zerstoßen, daß er nicht einmal aus dem Sattel kommen konnte, worauf er vom Pferde herunter denen, die Sancho prellten, so schreckliche Schmähungen und Verwünschungen zurief, daß sie sich unmöglich niederschreiben lassen. Sie aber ließen sich im Lachen und in ihrer Beschäftigung nicht stören, auch ließ der fliegende Sancho seine Klagen nicht, die er bald mit Drohungen, bald mit Bitten vermischte; alles aber war ohne Erfolg und Nutzen, bis sie aus bloßer Ermüdung die Sache ließen. Sie führten ihm seinen Esel herbei, setzten ihn darauf, bekleideten ihn mit seinem Mantel, und da ihn die mitleidige Maritorne so ermattet sah, schien es ihr dienlich, ihm mit einem Becher Wasser zu Hülfe zu kommen, das sie auch selbst aus dem Brunnen schöpfte, damit es um so frischer sei. Sancho nahm den Becher und setzte ihn zum Munde, hielt aber bei dem Zurufen seines Herrn inne, welcher schrie: »Sohn Sancho, trink kein Wasser, mein Sohn, trink es nicht, es bringt dich um! Schaue hier den köstlichen Balsam« – wobei er ihm die blecherne Flasche zeigte – »mit zwei Tropfen, die du davon nimmst, bist du gesund und frisch!«
Bei diesen Worten sah ihn Sancho über die Schultern an und
sagte unter andern härtern Redensarten: »Ihr habt wohl schon wieder vergessen, daß ich kein Ritter bin, oder Ihr wollt wohl, daß ich die Eingeweide auch vollends herausspeien soll, die mir etwa noch übriggeblieben sind? Behaltet Euren Trank, in's Teufels Namen, und laßt mich!« Und indem er diese Worte noch sprach, fing er auch schon an zu trinken. Da er aber beim ersten Schlucke spürte, daß es Wasser sei, hatte er keine Lust fortzufahren, sondern er bat Maritorne, ihm Wein zu geben, die es auch mit gutem Willen tat und ihn sogar von ihrem Gelde bezahlte; denn man kann mit Recht von ihr sagen, daß sie, obwohl sie nicht die Beste war, doch immer noch einige Spuren und Schatten vom Christentum behalten hatte.
Nachdem Sancho getrunken hatte, trat er seinen Esel in die Seite, und sowie das Tor der Schenke aufgemacht wurde, rannte er hindurch, sehr zufrieden, daß er doch nichts bezahlt und seinen Willen durchgesetzt habe, wenn es auch auf Kosten seines gewöhnlichen Bürgen, nämlich seines Rückens, geschehen war. Der Wirt behielt freilich als Bezahlung seiner Schuld den Schnappsack zurück, aber Sancho hatte es in dem Tumulte nicht bemerkt. Der Wirt wollte, als er hinaus war, das Tor verriegeln, aber die Prellenden gaben es nicht zu, denn diese waren Leute, die den Don Quixote, wenn er auch wirklich ein irrender Ritter von der Tafelrunde gewesen wäre, doch nicht für zwei Dreier achteten.
4. [18.] KAPITEL
Hier wird das Gespräch erzählt, welches Sancho Pansa mit seinem Gebieter Don Quixote führte, nebst andern
Abenteuern, die der Erzählung würdig sind
Sancho kam so zermalmt und ermattet zu seinem Herrn, daß er kaum sein Tier forttreiben konnte. Als ihn Don Quixote sah, sagte er: »Jetzt bin ich völlig überzeugt, mein getreuer Sancho, daß jenes
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