Donner: Die Chroniken von Hara 3
ebenso viele Pferde. Ein Teil der Soldaten stellte Zelte auf, als wollten sie längere Zeit an diesem Ort rasten. Die übrigen Männer entästeten die gefällten Bäume. Neben diesen Zimmerleuten türmte sich bereits ein Berg zugespitzter Pfähle. Schon bald würde die Straße mit einem soliden Hindernis versperrt sein, dessen war sich Ga-nor sicher. Am gegenüberliegenden Ende der Lichtung standen reglos vier Untote. Die Nabatorer achteten darauf, ihnen nicht zu nahe zu kommen. Der Nekromant war nirgends zu sehen.
Nach einer guten halben Stunde kletterte Ga-nor wieder vom Baum herunter.
Länger dort zu bleiben wäre gefährlich gewesen.
Lautlos schlich er an der Straße entlang zum Dorf zurück, jede freie Fläche meidend. Auf dem Weg entdeckte er schon bald die ersten Posten, die gar nicht daran dachten, sich zu verbergen. Sie unterhielten sich völlig sorglos in ihrer groben Sprache. Ga-nor verzichtete auf eine Auseinandersetzung, huschte hinter ihnen vorbei und drang tiefer in den Wald vor. Nach vierhundert Schritt gelangte er abermals auf eine Lichtung. Das Sonnenlicht schuf hier aus den feuchten, zitronengelben Blättern am Boden einen goldenen Teppich. Dort war der zweite Spähtrupp postiert.
Die drei Nabatorer führten einen heftigen Streit. Obwohl Ga-nor ihre Sprache nicht besonders gut verstand, entnahm er den Gesten und dem aufgebrachten Ton der Männer, dass sie etwas beunruhigte.
Schließlich beendete einer der Männer die Auseinandersetzung mit einer entschiedenen Handbewegung und stürzte Hals über Kopf zu der Stelle, an der Ga-nor lauerte. Ein anderer rief ihm ein paar Worte hinterher und eilte ihm dann nach, als der Erste nicht innehielt.
Das Reich der Tiefe für diese unglückselige Fügung von Umständen verfluchend, legte Ga-nor einen Bolzen in die Armbrust und gab einen Schuss ab, kurz bevor der Mann ihn erreichen konnte. Sofort sprang er hoch, setzte über die Leiche hinweg und rammte dem zweiten Nabatorer die abgefeuerte Armbrust auf den Schädel. Der dritte und letzte Gegner zog sein Schwert blank und warf sich dem Irbissohn entgegen.
Ga-nor seinerseits zückte gleich beide Dolche und duckte sich unter dem kraftvollen Streich seines Gegners weg, der ihn sonst vom Scheitel bis zum Brustkorb aufgeschlitzt hätte, um daraufhin selbst zum Angriff überzugehen. Er streckte den Feind mit einem geschickten, seitlich ausgeführten Haken zu Boden. Um den Schwertarm des Angreifers auszuschalten, musste sich Ga-nor von dem Dolch in seiner Linken trennen. Er umfasste das Handgelenk des anderen, drückte den Arm des Mannes mit dem Knie nach unten und trieb ihm die Klinge gleich dreimal in den ungeschützten Hals.
Nachdem er sich erhoben und den Dolch aus der Leiche gezogen hatte, wischte er die Waffe mit trockenen Blättern ab, rieb sich mit dem Handrücken das fremde Blut von der Wange und zog sich schnellstens von der offenen Stelle in die Büsche zurück. Erst dort blieb er stehen, um zu lauschen.
Im Wald waren keine Warnrufe zu hören, niemand eilte ihm nach, kein Horn ertönte. Die kurze Kampfhandlung auf der namenlosen Lichtung war von keinem der anderen Posten bemerkt worden.
Ga-nor hatte die Leichen nicht versteckt. Warum auch? Wenn die Toten entdeckt würden, wäre er längst weit weg.
Auf dem Rückweg durchquerte er einen recht hellen Teil des Waldes, in dem es zahlreiche Lichtungen, gefällte Bäume und alte, bereits von niedrigem Unterholz überwucherte Freiflächen gab. Ga-nor folgte einem kleinen, trägen See, dessen öliges Wasser ruhig dalag. Am anderen Ufer schwammen ein paar Wildgänse. Sobald sie den Mann erblickten, gerieten sie in Aufruhr und zogen sich in das hohe, gelbe Schilf zurück. An der Senke, an der er vorhin vorbeigekommen war, gelangte er wieder auf einen Pfad. Mit einem Mal blieb er jedoch stehen und schnupperte.
Es roch nach Blut.
Er lud die Armbrust und pirschte sich langsam weiter.
Eine der Tannen bestand nur noch aus ihrem Stamm. Er war entrindet, Harz trat aus. Die honiggelben Tropfen sickerten nach unten und mischten sich dabei mit Blut. Zwei Yard über dem Boden baumelte ein Mann. Er trug einen Umhang, der einst weiß gewesen war, jetzt aber purpurrot leuchtete und von einem gelben Gürtel gehalten wurde. In seiner Brust steckte ein Stab, der den Nekromanten förmlich an den Baum nagelte.
Der Sdisser vergoss erstaunlich viel Blut. Obwohl es bereits seine ganze Kleidung getränkt hatte, floss es immer noch in Strömen zu Boden, um dort den dicken
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