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Donner: Die Chroniken von Hara 3

Donner: Die Chroniken von Hara 3

Titel: Donner: Die Chroniken von Hara 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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er sie auf dem Tisch ausgebreitet hatte, beugte er sich über die verblichene Zeichnung.
    »Wir müssen die Pferde hierlassen«, durchbrach Rando nach einer Weile ihr Schweigen.
    »Richtig«, bestätigte Woder. »Und jetzt lass uns darauf hoffen, dass der Nordländer gute Neuigkeiten bringt.«
    Der in welkes Herbstlaub gehüllte Wald lag bereits in einem friedlichen Schlummer, dem ersten Vorboten jenes tiefen Schlafes, dem er sich jedes Jahr überließ, sobald der Winter heraufzog. Die zum Teil schon kahlen Zweige raschelten über Ga-nor und sangen ihm ein zärtliches, kaum vernehmbares Wiegenlied.
    Der Irbissohn bewegte sich ohne Eile über einen der zahlreichen Pfade vorwärts, die sich durch das ergraute Farnkraut zogen. Sonst nutzten diese Wege Bauern, denen gegenüber sich der Wald stets freigiebig zeigte: Er teilte sein Holz, die Pilze, Beeren und Tiere mit ihnen. Doch jetzt waren die Menschen aus dem Dorf tot – und die Soldaten hatten anderes im Kopf als die Gaben des Waldes.
    Nachdem er an einigen Stellen vorbeigekommen war, an denen die Bäume gefällt worden waren, blieb er neben einer Tanne stehen, deren Stamm noch alte, mit dem Beil ausgeführte Markierungen aufwies. Erneut lauschte er. In den Zweigen rauschte der Wind. Die wenigen Vögel brachten die Erinnerung von Leben in die herbstlich triste Stille zurück.
    Hinter dem Hain lag eine kleine Senke, an deren Rand Brennnesseln wuchsen. Durch sie floss ein kleiner Bach, der die gelben Blätter davontrug. Es roch bitter nach Feuchte und welkem Laub. Ga-nor ging mit leichtem Schritt weiter, wobei er alle matschigen Stellen mied, an denen seine Spuren klar zu erkennen gewesen wären. Nach rund zehn Minuten blickte er zu der durch die Äste dringenden Sonne hoch, um sich zu orientieren, und wandte sich vom Bach ab.
    Nun gab es keine Wege mehr, selbst Tierpfade fehlten, doch Ga-nor pirschte sich weiter und weiter durch den Wald. Keine Sekunde vergaß er dabei die Gefahr. Seine Rechnung war einfach: Wenn er im Wald einen großen Bogen schlug, dann müsste er mögliche Posten der Nabatorer umgehen und würde hinter ihrem Lager herauskommen, wo ihn der Feind nicht mehr erwartete.
    Neben einer jungen Espe blieb er abermals stehen, um den Riemen abzuknüpfen, mit dem er die Armbrust, die er von Glum entliehen hatte, auf dem Rücken trug. Die unhandliche und recht schwere Waffe eignete sich nicht besonders gut bei der Erkundung einer Gegend. Andererseits wusste der Irbissohn genau, dass – sollte sich Meloth von ihm abwenden und es zu einer Begegnung mit dem Nekromanten kommen – seine Rettung in einem Bolzen lag, nicht im Schwert. Insgeheim hatte er bereits beschlossen, den Diener der Verdammten zu erschießen, sofern es ihm vergönnt wäre, sich dem Zauberer auf Schussweite zu nähern.
    Der Tod des Nekromanten wäre das Risiko wert.
    Mit aller Kraft spannte er die Sehne der Armbrust und hielt sie bereit, legte aber noch keinen Bolzen ein, sondern beließ die drei Geschosse hinter seinem Gürtel, neben der Scheide für das Dolchpaar.
    Wenn er sich nicht täuschte, trennten ihn von der Stelle, an der er sich jetzt befand, höchstens dreihundert Schritt von der Straße. Die nächsten Minuten lief er parallel zur Straße weiter, dann näherte er sich ihr.
    Der Rauch eines Lagerfeuers stieg ihm in die Nase, kurz darauf wieherte in der Nähe ein Pferd. Die Blätter, ja, selbst die Äste unter Ga-nors Füßen, sonst so verräterisch, gaben keinen Laut von sich, denn der leichte Schritt des Spurenlesers rührte sie nicht auf. Nun lichteten sich die Bäume vor ihm ein wenig. Stets in Deckung bleibend schlich Ga-nor zwanzig Yard weiter. Irgendwann schob er die Armbrust auf den Rücken, um auf dem Bauch an einen niedrigen Busch heranzurobben. In seinem Schutz stemmte er sich auf die Knie hoch, warf einen Blick auf die Zweige des Baumes neben ihm – und schoss wie eine große rote Katze in die Luft. Seine kräftigen Finger schlossen sich gleich einer Zange um einen Ast. Ga-nor zog sich nach oben, warf ein Bein über den Ast, suchte mit dem Fuß Halt im Baum und fand sich schließlich in der Krone wieder. Im Nu kletterte er Richtung Stamm und ließ sich auf einer Astgabel nieder, durch die gelben Blätter vor allen Blicken geschützt.
    Von diesem Versteck aus bot sich ihm eine hervorragende Sicht auf eine große, von Ahornbäumen gesäumte Lichtung. Dahinter machte er mit einiger Mühe die Oststraße aus. Ga-nor zählte auf der Lichtung mehr als achtzig Nabatorer und fast

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