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Donner: Die Chroniken von Hara 3

Donner: Die Chroniken von Hara 3

Titel: Donner: Die Chroniken von Hara 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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ockerfarbenen Teppich aus Tannennadeln zu fluten. Das Gesicht des Toten war versteinert, hatte sich in eine wächserne Maske verwandelt. Alle Züge traten spitz hervor, die braunen Augen glichen Glaskugeln, die im Schmerz gebleckten Zähne schienen einem Wolf, nicht einem Menschen zu gehören.
    Da das Blut noch nicht getrocknet war, konnte der Tod erst vor Kurzem eingetreten sein. Möglicherweise befand sich der Mörder also noch in der Nähe.
    Ga-nor duckte sich und sah sich rasch um. Die Bäume standen dicht an dicht, sodass um ihn herum Halbdunkel herrschte. Hinter jedem Stamm, in jedem Schatten konnte der Feind lauern.
    Eine Minute verging. Noch eine …
    Aus den Augenwinkeln nahm der Irbissohn an den unteren Ästen einer Tanne in seiner Nähe eine Bewegung wahr. Er riss den Kopf herum – aber es war nur ein Vogel. Ein stattlicher Rabe, der ihn mit starrem Blick beäugte. Obwohl das Ganze kaum länger als eine Sekunde dauerte, durchlief Ga-nor, der wahrlich nicht als ängstlich gelten durfte, ein kalter Schauer der Angst. Der Vogel musste das spüren, denn er spreizte die pechschwarzen Federn und stieß ein heiseres, unangenehmes Krächzen aus.
    Ga-nor hob mit größter Vorsicht die Armbrust, um dem verfluchten Tier den Garaus zu machen, der Rabe bekam die Bewegung aber dennoch mit. Die schweren Flügel klatschten, der Vogel schoss davon und verschwand hinter den Bäumen.
    Der Irbissohn fluchte und wünschte dem widerwärtigen Geschöpf den Tod an den Hals, und zwar noch vor Einbruch der Nacht. Dann trat er dicht an den Toten heran, um sich ein Bild davon zu machen, wer oder was den Mann umgebracht hatte. Er konnte jedoch keinen Hinweis entdecken. Fast meinte er, der Nekromant sei von der Luft selbst an diese seltsame Schandsäule genagelt worden.
    »Das war ich«, erklang da leise und gelassen eine weibliche Stimme hinter Ga-nor.
    Er wirbelte herum – und gab aus der Armbrust einen Schuss ab. Doch der Bolzen, der die Frau etwas unterhalb der Brust hätte treffen müssen, verbrannte noch in der Luft, knapp ein Yard vor seinem Ziel.
    Ga-nor brachte sich mit einem Sprung in Sicherheit, schleuderte dabei noch den linken Dolch gegen seine Feindin, rollte über die Schulter ab und blieb in geduckter Stellung stehen, nun einzig mit dem Dolch in seiner Rechten bewaffnet. Die erste Klinge flog so langsam durch die Luft, dass Ga-nor schon meinte, diese sei verdichtet und wolle den Tod aufhalten, der für die Unbekannte bestimmt war. Seine Gegnerin dagegen hob völlig mühelos den Arm und packte die Klinge am Griff.
    Nachdem sie die Waffe nachdenklich hin und her gedreht hatte, zerbrach sie die Schneide und ließ die nunmehr ungefährlichen Bruchstücke zu Boden fallen. Ga-nor hatte bereits begriffen, dass er trotz all der Wendigkeit und Kraft, mit der Ug ihn gesegnet hatte, gegen diese Frau nichts würde ausrichten können. Daher verfolgte er lediglich aufmerksam jede ihrer Bewegungen.
    Äußerlich machte die Frau keineswegs den Eindruck, besonders gefährlich zu sein. Sie war jung, recht groß, schlank und geschmeidig, hatte ein freundliches Gesicht, ausdrucksvolle graue Augen, klar geschwungene Brauen, volle Lippen und prachtvolles schwarzes, allerdings ziemlich wirres Haar, das sie wie ein Umhang einhüllte. Nicht einmal die von den Nordländern als Göttin der Nacht verehrte Ura hätte sich dieses Haares geschämt, das selbst im schummrigen Licht des Waldes glitzerte und funkelte.
    Das graue Reisegewand nahm die Farbe der Augen auf und wurde von einem geflochtenen Ledergürtel gehalten, der die schlanke Taille umschloss. Die schmalen Handgelenke zierten Armreifen aus dunklem Sdisser Gold.
    »Du weißt, wer ich bin?«, fragte sie.
    »Die Verdammte Scharlach.«
    »Richtig. Obwohl ich diesen Beinamen nicht mag. Ich wollte dich nicht erschrecken, Barbar.«
    Ga-nor hüllte sich in Schweigen und lauerte noch immer in geduckter Stellung darauf, dass die Verdammte einen Fehler beging.
    »Mir machst du mit deinem Schweigen nichts vor«, fuhr Scharlach grinsend fort. »Also, bring dein Spielzeug schon zum Einsatz, vorher denkst du ja ohnehin an nichts anderes. Danach können wir dann hoffentlich wie zwei vernünftige Menschen miteinander reden.«
    Selbstverständlich ging Ga-nor nicht auf diese Aufforderung ein, sondern richtete sich lediglich auf. Doch seine Haltung vermochte die Frau nicht zu täuschen.
    »Wie du meinst«, sagte Scharlach und umrundete den Baum mit dem Toten. Daraufhin setzte sich Ga-nor ebenfalls in

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