Donner: Die Chroniken von Hara 3
Leuten bin. Wie sagwat ihr Menschen doch: Ein einzigwer Soldat richtet im Feld nichts aus.«
»Dann gehst du deshalb nach Korunn? Um dort die anderen zu treffen.«
»Inzwischen ja. Erst habe ich mir nur das Land ansehen wollen, aber jetzt suche ich meine Leute auf. Um zu kwämpfen. Warum gwarinst du?«
»Du kämpfst für ein fremdes Land. Das verdient Respekt.«
»Aus, du Hund!«
»Das stimmt nicht«, widersprach Ghbabakh. »Dieses Land ist gwenauso meins wie deins. Wir alle leben im selben Haus. Wir alle verteidigwen dasselbe Haus. Sogwar Yumi bereitet sich auf den Kwariegwa vor, auch wenn er das gwar nicht müsste.«
»Aus, du Hund!«
»Wirst du auch kwämpfen?«, wollte Ghbabakh von mir wissen.
»Nur, wenn es nicht anders geht«, antwortete ich. »Noch hat uns der Krieg ja nicht eingeholt, bisher sind wir ihm ganz gut entkommen. Vielleicht stoßen wir ja bis Korunn auf keinen einzigen Feind, schließlich haben die Nabatorer ihr ganzes Augenmerk auf die Treppe des Gehenkten gerichtet.«
»Noch einen Monat, dann werden sie bis zum Ende des Winters feststeckwen. Dann sind die Pässe voller Schnee. Der Kwariegwa wird aber im Frühjahr weitergehen. Dann werden sie sich den Norden vornehmen. Gwalaub mir also, der Kwariegwa holt uns alle ein. Wir kwönnen ihm nicht entkwommen.«
»Da hast du auch wieder recht.«
Der Wagen stand noch immer dort, wo wir ihn abgestellt hatten. Rona saß auf dem Kutschbock. Als sie hörte, dass sich jemand durch die Sträucher näherte, sprang sie auf. Doch kaum erkannte sie uns, beruhigte sie sich sofort und nahm wieder Platz.
Seit Shen sie unter Typhus’ Anleitung behandelte, ging es ihr mit jedem Tag besser. Zunächst hatte sie aufgehört, nachts zu schreien, danach hatte sich auch das Weinen gelegt. Mittlerweile unterhielt sie sich sogar ein wenig mit uns, selbst wenn sie die Verdammte weiterhin mied. Nach wie vor fiel das Mädchen allerdings immer wieder in eine Art Starre, brach mitten im Satz ab oder schlief von einer Sekunde auf die andere ein.
Ohne dass ich es gemerkt hatte, war Shen Rona zu einem guten Freund geworden. Sämtliche Vorbehalte ihrerseits waren wie weggeblasen. Trotzdem zweifelte ich nicht daran, dass sie nie vergaß, wen sie da vor sich hatte: einen Mann mit einem dunklen Funken. Was das für den Jungen heißen mochte, wusste ich aber nicht.
Ich nickte dem Mädchen zu, worauf sie mich freundlich anlächelte. Wie sie überhaupt meistens lächelte, wenn sich unsere Blicke begegneten. Mich verunsicherte diese Herzlichkeit ein wenig.
»Sag mal, machst du dich eigentlich über mich lustig?«, fragte ich sie deshalb diesmal.
»Bitte?«, entgegnete Rona verständnislos und zog die feinen Brauen zusammen.
»Sobald wir uns sehen, strahlst du über beide Backen.«
»Und das wundert dich?«, fragte sie. »Schließlich hast du mir das Leben gerettet.«
»Nein, du hast mir das Leben gerettet«, hielt ich dagegen und löste die Sehne vom Bogen. »Wenn du nicht gewesen wärst, hätte mich Kira getötet.«
Das Mädchen erschauderte, als hätte eisiger Wind sie gestreift. »Das stimmt. Aber danach hast du mich nicht in dem Haus zurückgelassen, sondern mitgenommen.«
Sofort kam ich mir wie ein undankbarer Schweinehund vor, denn ich war mehr als einmal versucht gewesen, sie alle sich selbst zu überlassen und meinen Weg allein fortzusetzen.
»Ist doch nicht der Rede wert«, murmelte ich. »Außerdem hat Shen ebenfalls darauf bestanden. Aber ich freue mich, dass es dir jetzt besser geht.«
Sie sprang vom Kutschbock und klaubte ein gelb-braunes Blatt auf, das am Rand rote Sprenkel zeigte. »Ich träume immer noch. Von der Verdammten Lepra, meine ich. Und von Kira. Aber immerhin fasel ich nicht mehr vor mich hin und kann wieder klar denken. Zwar noch nicht die ganze Zeit, aber wenn ich es mir fest vornehme, schon.«
»Aus, du Hund!«, rief Yumi, der dem Mädchen einen ganzen Armvoll Blätter brachte.
Sie lachte fröhlich und nahm den Strauß mit Freuden an sich. Ich streckte mich auf dem Teppich aus welkem Laub aus und schielte zu Rona hinüber. Seit Shen und Typhus sie mit ihren Zaubern behandelten, wirkte ihr Gesicht nicht mehr wie eine leblose Maske. Sie war eine wirklich schöne Frau. Und obendrein keine dumme.
»Hattest du früher eigentlich langes Haar?«, wollte ich von ihr wissen.
»Ja«, antwortete sie. »Wie hast du das denn erraten?«
»Du machst mit der Hand häufig eine bestimmte Geste. Die habe ich auch bei meiner Frau beobachtet, nachdem sie
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