Donovans Gehirn
Befehl würde keine Überzeugungskraft haben. Und sie würde – hinsiechend durch die heißen Winde und die drückende Wüstenhitze – lieber sterben, als mich verlassen!
Sie hatte sich entschlossen, bei mir zu bleiben, und keine Unfreundlichkeit, keine Nichtachtung konnte sie von mir trennen. Ich hätte sie töten müssen, um mich von ihr frei zu machen.
Und auch das würde nichts nützen. Die Erinnerung an sie würde mich bis zum Ende meiner Tage verfolgen. Mein Leben war auch ihr Leben. Sie würde mich nie loslassen.
Das wußte sie, und die Fruchtlosigkeit meiner Angriffe gab ihr unerschöpfliche Kräfte.
»Also gut, laß Schratt hierbleiben.«
Ich war müde – ich gab auf. Ich hatte keine Lösung herbeigeführt. Sie hatte sich mir nur noch fester verbunden.
Fünfundzwanzigster September
Ich habe mein Bett ins Laboratorium geschafft. Ich muß so dicht wie möglich bei dem Objekt meines Experimentes sein.
Ich esse allein, verlasse das Laboratorium nie und sehe Janice und Schratt überhaupt nicht. Von Zeit zu Zeit höre ich Schratts Wagen kommen oder wegfahren. Franklin bringt mir mein Essen – er ist gut erzogen und lenkt mich nie durch ein Wort ab.
Ich habe ihm befohlen, die Nachrichten über Donovans Tod zu sammeln, und er hat Janice meinen Wunsch übermittelt. Jetzt bringt er mir fast täglich Zeitungen und Illustrierte mit Geschichten über Donovan. Ich lese sie alle, und bald werde ich so viel von Donovans Leben wissen, als seien wir intime Freunde gewesen.
Nachdem die öffentliche Neugier auf den ersten kurzen Bericht über den Absturz und seine Opfer befriedigt war, begann der Klatsch die dunklen Punkte von Donovans Privatleben zu enthüllen.
Je mehr ich über ihn lese, um so dunkler wird sein Charakter. Er war, wie alle großen Geldmacher, skrupellos bis zur Grenze des Kriminellen. Nur eine beschränkte Menge Geld kann ehrlich verdient werden. Um in dem kurzen Verlauf eines Lebens die Millionen so anzuhäufen, muß man rücksichtslos sein und kein Gewissen haben.
Niemand weiß sicher, wieviel Geld Donovan gemacht hat, jedoch er besaß das größte Warenversandhaus der Welt. Es streckte sich wie ein Tintenfisch über alle Staaten.
Donovan war Fünfundsechzig, als das Flugzeug abstürzte – kein Alter für einen Mann. Er reiste mit seinem Rechtsanwalt und zwei Piloten. Wenige Tage vor seinem Tode hatte er die Zügel des Geschäftes seinem Sohne übergeben. Das war eine Überraschung für alle – für seinen Aufsichtsrat und besonders für seine Familie.
Warum Donovan, ein Mann, dessen einziger Ansporn sein ganzes Leben hindurch eine unersättliche Gier nach Macht und immer mehr Macht gewesen war, plötzlich seine Autorität aufgab, konnten die Zeitungen nicht erklären. Er hatte den Flug nach seinem Haus in Miami unternommen, ohne seiner Familie oder seinen Freunden etwas davon zu sagen. Man munkelte von einem Streit mit seinem Sohn und seiner Tochter. Eine Zeitung machte eine Andeutung über eine Krankheit, aber niemand wußte etwas Bestimmtes.
Mich hat eine tiefe Neugierde für Donovans Lebensgeschichte gepackt. Die Gesetze menschlicher Gefühle sind unbekannt, hier aber bietet sich mir eine Gelegenheit, die Geheimnisse eines Hirns zu durchdringen, vielleicht die Faktoren zu entdecken, die seine Fähigkeiten bestimmen.
Welche chemische Reaktion löst den Erfolg aus? Welche ist verantwortlich für unsere Fehlschläge? Welche erzeugt Glück, welche Unglück?
Donovans Hirn könnte die Antwort geben.
Stunden um Stunden lasse ich den Enzephalographen durch meine Finger laufen und versuche eine Beziehung zu finden zwischen den Kurven der Feder und den Gedanken, die sie ausdrücken müssen.
Wir wissen: Wenn sich das Hirn einen Baum vorstellt, sind diese Kurven verschieden von denen, die bei dem Gedanken an ein Pferd oder ein Auto erscheinen. Ein gefühlsmäßiger Ausbruch von Haß zieht andere Linien als ein Ausbruch von Freude.
Es liegt innerhalb der erreichbaren Möglichkeit, einen Kode zu finden, der die Beziehung zwischen dem Lesen des Enzephalographen und dem geistigen Bild übersetzt. Wenn ich den Schlüssel finden könnte, würde sich das Hirn mit mir in Verbindung setzen.
Ich kann nicht zu ihm sprechen, denn es hat kein Organ, um zu hören. Es kann nicht sehen, es kann nicht schmecken. Doch zweifellos ist es empfindlich gegen Berührung. Wenn ich an das Glas klopfe, empfängt das Hirn die Tonwellen und reagiert.
Wenn es denkt – ein Prozeß, den ich nicht veranlassen,
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