Donovans Gehirn
nur voraussetzen kann – könnte ich mich ihm durch Klopfzeichen verständlich machen. Das Problem ist nur: Wie bekomme ich eine Antwort?
Dreissigster September
Tagelang habe ich versucht, dem Hirn in Morsezeichen denselben Satz zu übermitteln:
. - - . - . . . . . - . . - - . - - .
- . . - - - - . - - - . . . - . - - - .
Achtung, Donovan! Achtung, Donovan!
Der Enzephalograph hat reagiert, aber immer verschieden, in Beta- und Delta-Frequenzen. Niemals kam zweimal dasselbe Muster.
Mir fiel ein, das Hirn verstände vielleicht die Morseschrift nicht. Donovan wußte wahrscheinlich nichts von Telegrafie. Eine einfache Erklärung für den Fehlschlag!
Wenn das Hirn also nur aufnehmen kann, was es gelernt hat, müßte es doch immerhin möglich sein, die Summe seines Wissens durch Training zu erweitern.
Geduldig begann ich, die Morse-Signale an den Glasbehälter zu klopfen: . – A, – . . . B.
Unermüdlich setzte ich das tagelang fort, wann immer ich fand, daß die Birne am Relais brannte, um mir mitzuteilen, daß das Hirn wach sei. Manchmal war ich entmutigt, denn kein Zeichen wies darauf hin, daß das Hirn verstand, was ich wollte.
Doch es schien mich zu beobachten. Die Beta-Kurven waren glatt und präzis, als sei es darauf konzentriert, was ich tat. Wenn ich aufhörte zu klopfen, verwandelten sich die Frequenzen auf dem Papier. Donovans Hirn versuchte vielleicht, mir eine Botschaft zu senden.
Zweiter Oktober
Ich wiederholte die Morsezeichen Tausende von Malen, gewohnheitsmäßig, manchmal halb im Schlaf. In meinen Träumen wurde ich selbst ein Instrument, das die Zeichen unablässig wiederholte. Da ich die Buchstaben des Alphabets wieder und wieder klopfte, hätten sie ins Hirn eines Babys eingehen müssen. Ein so wendiges und intelligentes Hirn wie das Donovans mußte merken, daß Methode darin war, mußte sich daran erinnern, sogar automatisch, mußte die Bedeutung entziffern.
Wieder begann ich: Achtung, Donovan! Kannst du verstehen? Donovan! Wenn du verstehst, denke dreimal an einen Baum, Donovan. Dreimal Baum, Baum, Baum.
Ich beobachtete den Enzephalographen. Die Feder bewegte sich krampfhaft und formte ein Zeichen – dreimal dasselbe Zeichen! Die wilden Delta-Wellen schüttelten die Feder wie im Aufruhr.
Erschöpft fiel ich auf mein Bett, nicht imstande, meine Gedanken zu ordnen. Hatte ich mich geirrt? Hatte das Hirn mir wirklich geantwortet? Der Enzephalograph hatte dreimal dieselbe Kurve gezeichnet – aber war das tatsächlich ein Beweis, daß Donovan verstand?
Theoretische Begriffe ohne den experimentellen Beweis sind bedeutungslos. Ich durfte mich nicht mit Vermutungen abgeben. Ich kann nur den Beweis anerkennen, den meine Instrumente erbringen.
Wieder versuchte ich es: Denke dreimal an einen Baum. Baum, Baum, Baum. Das Zeichen erschien – einmal – zweimal – dreimal! Das gleiche Zeichen!
Dann flossen die Alpha-Zyklen in Beta-Frequenzen, glatt, wiederholend. Das Hirn war erschöpft in Schlaf gefallen.
Ich konnte seinen tiefen Schlummer messen. Die Deflektionen wurden weiter. Das Hirn träumte. Die Feder auf dem Papierstreifen bewegte sich wild. Das Hirn hatte einen Alptraum!
Dritter Oktober
In derselben Nacht – gestern nacht – ging ich in Schratts Zimmer hinter der Garage. Ich war zu Ende mit meiner Kunst – ich mußte ihn sprechen.
Das Hirn hatte meinem Befehl gehorcht und die Worte wiederholt, die ich ihm zu denken befahl. Wie aber konnte ich seine eigenen Gedanken übersetzen, die zweifellos auf dem Papierstreifen niedergekritzelt waren?
Es war drei Uhr morgens. Der Himmel war klar. Die Kälte ließ den Sand unter meinen Füßen knistern.
Ich trat ohne zu klopfen in Schratts Zimmer. Er schlief fest, sein Mund stand offen. Sein Gesicht war dünner, aber er sah gesund aus. Die gedunsene Haut hatte sich gefestigt und in seine rauhen Wangen war etwas Farbe gekommen. Janices heiliger Einfluß hatte ihn vermutlich vom Alkohol ferngehalten.
Plötzlich schlug er die Augen auf und starrte mich an, als sei ich ein Geist. Als ich seinen Namen nannte, setzte er sich auf, aber er starrte mich weiter an.
»Kommen Sie mit«, sagte ich. Meine Stimme klang rauh.
Ich mußte Schratt erschreckt haben, denn ich las in seinen Augen Furcht und Mißtrauen. Ich blickte in einen bodenlosen Abgrund: Er hatte Angst, ich könnte ihn aufschneiden, um ihn in eine meiner Versuchsröhren zu stecken. Er hielt mich für fähig, alles zugunsten meiner Forschungen zu
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