Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch
zuzugeben, fragte ich meine Frau erst, als wir wieder alleine vor seiner Praxis auf der Straße waren.
»Entschuldigung, Martina, aber was ist überhaupt ein ›Männchen‹?« Sie lachte.
»Ein ›Männchen‹ ist ein Junge. Wir bekommen einen Jungen!«
Ich war erleichtert und sehr glücklich über diese Nachricht. Hätte der Frauenarzt einfach »Junge« gesagt, dann hätte ich ihn sofort verstanden ...
Aber es sind nicht nur die Verständigungsprobleme, die bikulturelle Beziehungen belasten. Das Thema Sommerurlaub verursacht auch fast jedes Jahr gewisse Spannungen. Ich will zum Beispiel in die USA reisen, um meine Verwandten zu besuchen. Meine Frau will in die USA reisen, um die Rocky Mountains, Las Vegas und New York City zu besuchen. Nicht dass sie irgendwas gegen meine Verwandten hätte. Sie liebt sie alle. Sehr sogar - aber anscheinend nicht so sehr wie ich!
Nein, das stimmt natürlich nicht. Es ist nur, dass ich mit meinen Verwandten ganz normale Sachen machen will, die ich in Deutschland nicht machen kann, weil meine Verwandten nun einmal nicht da sind. Ich will einfach auf dem Sofa hocken, über unsinniges Zeug mit meinen Geschwistern und meiner Mutter reden, dabei Chips und Popcorn essen und ein paar Baseballspiele im Fernsehen anschauen. Meine Frau findet solche Sachen auch ganz nett, aber nur für, sagen wir, zehn Minuten. Und dann will sie was anderes machen, Shopping in New York City, Alligators anschauen in den Everglades, Wale beobachten in Maine. Irgendwas Spannenderes halt. Und wenn ich ihr dann sage, dass ich lieber bei meinen Verwandten auf dem Sofa bleiben und
nicht
zu den Alligatoren und den Walen fahren will, gibt's manchmal richtig Ärger. Einmal sagte sie zu mir: »Meinst du, ich fliege acht Stunden in die USA , lasse meine Fingerabdrücke abnehmen und zahlreiche Sicherheitsfragen über mich ergehen, damit du die ganze Zeit auf dem Sofa liegen kannst?«
»Nein, natürlich nicht«, habe ich dann geantwortet, »— aber nett wäre das schon.«
Aber es sind ja nicht nur die deutsch-amerikanischen Beziehungen, die beide Länder richtig zusammenschweißen. Es sind auch die deutschen Wurzeln, die viele Amerikaner - zum Teil sehr prominente Amerikaner - hier haben. Die Schauspielerin Sandra Bullock zum Beispiel ist das Kind einer deutschen Opernsängerin und eines amerikanischen Opernsängers. Leonardo DiCaprio hatte eine deutsche Großmutter im Ruhrgebiet. Kirsten Dunst hat sogar deutsche Eltern, die aus dem Hamburger Stadtteil Volksdorf kommen. Und vergessen wir nicht Doris Day, denn bevor sie sich »Doris Day« nannte, hieß sie eigentlich Doris Mary Ann Kappelhoff, denn beide Elternteile waren deutschstämmige Amerikaner. Und last but not least ist der coole US -Schauspieler Bruce Willis hier zu erwähnen. Denn Bruce Willis hat nicht nur deutsche Wurzeln, sondern auch noch ziemlich lustige. Denn dieser Mann, der im Kino ständig die Welt rettet, ist mit keinem Geringeren verwandt als mit Wilfried Gliem von den Wildecker Herzbuben!
Ich war auch ziemlich überrascht, als ich das gelesen habe, denn ganz ehrlich: Wer würde schon denken, wenn er Bruce Willis auf der großen Leinwand sieht:
Hey, er sieht genauso aus wie der eine von den Wildecker Herzbuben!
Und umgekehrt denkt man auch nicht unbedingt bei Wilfried Gliem, dass er Bruce Willis ähnlich sieht. Erst recht nicht, wenn er »Herzilein, du musst nicht traurig sein« singt. Aber die beiden sind tatsächlich miteinander verwandt: Wilfried Gliems Frau Elke ist die Großcousine von Bruce Willis' deutscher Mutter Marlena. Wer hätte das gedacht? Und weil das so ist, werde ich wahrscheinlich immer, wenn ich Bruce Willis im Kino sehe, an die Wildecker Herzbuben denken.
Ergebnis/Conclusion
Tatsächlich bin ich im Laufe der letzten 18 Jahre echt deutsch geworden. Einer fragt mich: »Wie geht's?« Und ohne mit den Wimpern zu zucken antworte ich: » MUSS !«
Und wenn ich merke, dass die betreffende Person viel lieber eine längere Antwort von mir hätte, erzähle ich einen Schwank aus meiner Krankengeschichte.
Hier noch ein anderes Beispiel für meine erfolgreiche Verwandlung zum Deutschen:
Neulich saß ich draußen vor einem Cafe am Kölner Ring, und ich sagte meinem Tischnachbarn, als er versuchte, eine Tasse Kaffee zu bestellen: »Draußen gibt's nur Kännchen.« Und das Erstaunliche dabei war: Ich musste vorher überhaupt nicht darüber nachdenken. Der Satz schoss einfach so aus mir heraus. Früher wäre so was überhaupt nicht
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