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Doppeltes Spiel (German Edition)

Doppeltes Spiel (German Edition)

Titel: Doppeltes Spiel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Hille
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denn Elevinnen musste man keine großen Gagen zahlen, die wären bereit, notfalls auch umsonst zu arbeiten.
    Margo sah sie intensiv an. »Du bist es auch leid, eh?«
    Ja, manchmal war es so. So sehr sie ihren Beruf auch liebte, es liebte, in andere Rollen zu schlüpfen, die Proben, Regisseure, die das Letzte aus einem herausholten, die Spannung vor den Auftritten, das Licht der Scheinwerfer und das Dunkel auf der anderen Seite der Rampe, in dem man Gesichter erahnen konnte, die gebannt zur Bühne hinaufschauten - aber da war auch die andere Seite. Die ständige Ungewissheit, die oft schlechte Bezahlung, das drohende Ende der Spielzeit, die zermürbende Suche nach dem nächsten Engagement, die Angst davor, dass sie irgendwann für die Rollen zu alt sein würde, die sie nun spielte, und den Wechsel in ein anderes Rollenfach nicht schaffen würde, das Wissen, dass es sowieso immer zu wenig und zu schlecht bezahlte Angebote für Schauspielerinnen gab ... Ja, sie war es manchmal wirklich, wirklich leid.
    »Nein, mir geht es gut«, log sie.
    Margo machte ein skeptisches Gesicht, aber sie nickte. »Umso besser«, sagte sie. »Also, kann ich dich nun engagieren?«
    »Was soll ich für dich tun?«, fragte Lysette misstrauisch.
    »Philippe hat sehr altmodische Ansichten.« Margo seufzte. »Er ist so typisch - Franzose, noch dazu aus einer alten Familie. Ich habe ihn wirklich gerne, aber meinen Beruf liebe ich auch.« Sie streckte die langen Beine aus und betrachtete ihre schmalen Füße wie etwas völlig Fremdes.
    Lysette wartete geduldig, während Margo offenbar überlegte, was sie ihrer Schwester erzählen sollte und was nicht.
    »Das Problem ist Bocco.« Margo warf Lysette einen schnellen Seitenblick zu und blickte wieder fort. Lysette hob die Brauen. Das war ein Name, der häufig fiel, wenn Margo über ihren Beruf sprach. Ettore Bocconcello war der Inhaber des Modelabels »PocoBocco« und einer der einflussreichsten Männer in der Branche. Margo war früher für ihn gelaufen und die beiden hatten auch nach dem Ende ihrer Modelkarriere den Kontakt nicht abbrechen lassen. Inzwischen fotografierte Margo regelmäßig seine Kollektionen und machte hin und wieder Urlaub auf seiner Jacht.
    »Ist er etwas eifersüchtig?«, lachte Lysette. Ettore interessierte sich dem Vernehmen nach für Frauen nur, wenn sie seine Kleider trugen oder eine seiner gerade aktuellen Ehefrauen waren.
    Margo lächelte nicht, sie zerdrückte Kekskrümel auf der Tischplatte zu noch kleineren Partikeln. »Nein«, sagte sie dann kurz. »Ettore nicht.«
    Lysette legte die Hand vor den Mund, um ihr Amüsement zu verbergen. »Aber dein Anwalt schon.«
    Ihre Schwester seufzte und lehnte sich zurück. »Im Juli ist die Rome Fashion Week und Bocco hat mich gefragt, ob ich seine Show fotografiere. Ich habe natürlich Ja gesagt.«
    Lysette beschlich eine Ahnung. »Der 65. Geburtstag der schrecklichen Tante ...«
    Margo nickte. »Genau in dieser Woche«, bestätigte sie düster. »Und wenn ich da nicht erscheine, wird Philippe fuchsteufelswild. Nein, viel schlimmer. Er wird ganz ruhig und sehr ernst. Er wird mich fragen, ob ich ihn wirklich liebe, und ob mein Job mir so viel wichtiger ist als dieses wirklich wichtige familiäre Ereignis, et patati et patata .«
    Lysette beugte sich vor. »Und? Ist dein Job dir wichtiger?«, fragte sie eindringlich. »Margo, wenn Philippe nicht möchte, dass seine Frau arbeitet, dann ist es doch sowieso nur noch eine Frage der Zeit, bis du das hier aufgeben musst.« Sie machte eine Handbewegung, die das Atelier umfasste.
    Margo verzog das Gesicht zu einer bittersüßen Grimasse. »Ach, Kleines«, sagte sie, »das ist doch ganz etwas anderes. Wenn wir erst einmal verheiratet sind, werde ich ihm schon klar machen, dass ich nicht nur zu Hause sitzen und Däumchen drehen kann. Ich werde sicherlich weniger machen als jetzt, aber solche Events wie die Fashion Week in Rom möchte ich weiter mitnehmen.«
    Lysette war nicht so überzeugt wie ihre Schwester, dass Margos Zukünftiger das einfach so schlucken würde, aber sie nickte um des lieben Friedens willen. »Dann sag doch Ettore für dieses Mal ab.«
    »Unmöglich«, fuhr Margo auf. »Du kennst ihn nicht. Es ist eine Ehre, für ihn zu fotografieren. Wenn ich ihm jetzt absage, wird er mich nie wieder fragen!«
    Lysette seufzte und griff unwillkürlich nach ihren Zigaretten. Margo warf ihr einen warnenden Blick zu, und Lysette verstaute das Päckchen schnell wieder in ihrer Handtasche.

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