Dorian
Mann, oder was? Jedenfalls ist er sehr geheimnisvoll. Nur es ist besser ihn zu vergessen. Sein Charme ist überwältigend und gefährlich zugleich. Ich darf mich durch ihn nicht verunsichern lassen.“
Sie setzte ihren Hasen zurück auf den Nachttisch.
Bibbernd stand sie auf.
Das Glas aus dem Fenster war bis auf ein paar spitze Scherben komplett rausgetreten.
Es war kein Traum, Dorian war letzte Nacht tatsächlich hier. Wie konnte er so schnell die Eiche hochklettern, ohne dass ihn jemand bemerkte? Sie schlüpfte in ihren Morgenmantel und schaute hinunter auf den Hof. Es war verdammt hoch.
Hoffentlich hat er sich nichts gebrochen.
Tess schlurfte in die Küche. Wie sollte sie jetzt so schnell ein neues Fenster herbekommen?
Sie wärmte ihre Hände an der heißen Kaffeetasse und ging ins Bad. Verzweifelt schaute sie in den Spiegel. Wie konnte man aus dem verheulten Nichts eine Frau zaubern, die Steward im wahrsten Sinne des Wortes umhauen würde?
Nach der vergangenen Nacht mit Dorian fiel es ihr schwer an ihn zu denken, doch er musste zur Verantwortung gezogen werden, auf ihre eigene Art und Weise.
Eine halbe Stunde später konnte sich das Ergebnis dank eines guten Make-up und einer ausgiebigen Dusche schon sehen lassen.
Tess ging runter in die Kneipe und hielt nach dem Zeitungsjungen Ausschau.
Die Vermisstenanzeigen hatten sich in den letzten Tagen ins unermessliche erhöht. Was war aus New York geworden?
Zwar hatte sich der Gestank der letzten Stunden ein wenig gelegt, doch die trübselige Stimmung in der Stadt wurde von Tag zu Tag schlimmer. Es war als hätten die Menschen vor etwas Angst und verschanzten sich in ihren Häusern. Die wenigen Touristen, die sich noch verirrten, wurden von den Cops schnellstens in ihre Hotels gebracht. Noch vor zwei Tagen schoben sich die Leute hektisch durch die Kaufhäuser und heute konnte man auf dem Time Square getrost Tennis spielen. Tess sah, das ein Van der örtlichen Glaserei auf den Hinterhof fuhr.
Tess schloss die Tür auf.
„Entschuldigen Sie. Sind Sie Miss O´Connel?
„Ja, das bin ich. Was kann ich für Sie tun?“
Ein dickbäuchiger Mann in zerrissener Latzhose stieg aus und blätterte sein Auftragsbuch durch.
„Ich würde mal eher sagen. Ich kann für Sie etwas tun. Ich habe hier einen Eilauftrag von einem gewissen Dorian St. Clair. Sie brauchen wohl ein neues Fenster? Ich müsste dafür allerdings die passenden Maße haben. Wenn Sie erlauben, schaue ich mir die Sache mal an?“
„Äh ja natürlich.“
Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie ihm im Morgenmantel gegenüber stand.
„Wie konnte denn das passieren?“
Der Glaser drehte sein Baseball Cap nach hinten und schaute sich den Schaden kopfschüttelnd an.
„Sturmschaden, Sir.“ log Tess und schaute verlegen zu Boden.
„Das sollte wirklich schnell repariert werden. Wenn jemand sportlich ist, könnte man von der Eiche schnell einsteigen.“
Dorian.
Tess lächelte in sich hinein. Er verschwand einfach nicht aus ihrem Kopf.
„Bitte verletzten Sie sich nicht.“
Tess konnte kaum hinschauen, wie ungeschickt der Mann mit seinem Zollstock hantierte, doch insgeheim wünschte sie sich, er würde sich an den scharfen Scherben schneiden und das sein warmes Blut ihm über dem Unterarm lief.
„So, das war´s schon.“
Der Glaser notierte sich die Fenstergröße.
„Ich schicke ihnen heute Nachmittag jemanden vorbei.“
Tess zuckte aus ihrem Tagtraum zurück. Ihr Hals war trocken vor Durst. Sie nickte ihm zu.
„Die Rechnung schicken wir dann Mr. St.Clair.“
„Nein, nein… ich übernehme das schon.“
Tess wollte keinen Grund haben, weiter mit Dorian in Kontakt zu bleiben. Sie musste sich jetzt mehr denn je unter Kontrolle haben.
„Wie Sie wollen Miss. Dann schönen Tag noch.“
Sie Tageszeitung lag zusammengeknittert mit anderen Zeitschriften vor der dürftig gesicherten Ladentür. Die Ausgabe war dünner als sonst und voll mit Bildern vermisster Personen. In der ersten Reihe lächelte ihr ein junger Mann entgegen. Er war das neueste Drogenopfer der Stadt. Tess verbrannte sich vor Schreck ihre Lippen an den heißen Kaffee.
Oh nein! Bitte nicht du, warum hast du dich darauf nur eingelassen?
Der Unbekannte auf dem Foto hatte einen Namen. Es war Marc, der Runner aus ihrer Agentur. Er hatte den Ruhm gesucht und den Tod gefunden. Niedergeschlagen legte sie die Zeitung zusammen als das Handy klingelte.
„Ja, bitte…? “
„Mrs. O´Connel, Tess? Hier ist Christian Blane. “
„Ach, hey
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