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Dornenkuss - Roman

Dornenkuss - Roman

Titel: Dornenkuss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: script5
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alles in Ordnung? Ich hab mir Sorgen gemacht.«
    Das Erschrecken blieb im Inneren meines Körpers, gut verborgen unter meinen Rippen, nur ein schnelles Heben und Senken meines Magens. Ich unterdrückte ein Aufkeuchen und drehte mich erst um, als ich meine Mimik wieder im Griff hatte. Er sollte mich weder für ängstlich noch für misstrauisch halten. Natürlich war es Angelo – wer auch hätte es sonst sein sollen?
    »Ja, alles okay. Entweder ein Telefonstreich oder jemand hat sich verwählt, keine Ahnung. Hab ihn nicht verstanden. Klang weit weg.«
    Ich bekam in diesem engen Flur keine Luft mehr. Ich drückte mich geschwind an Angelo vorbei, ging in die Küche und setzte mich auf den Tisch, wo ich betont munter die Beine baumeln ließ. Noch immer verkündeten mir die Signale meines Körpers, dass etwas nicht stimmte, dass Gefahr im Verzug war, aber warum? Was nahm ich wahr?
    Ich wandte meinen Kopf zum Garten, der dunkel und verlassen im Schatten des Hauses lag, und mit einem Mal sah ich, was ich spürte und nicht deuten konnte, eine dünne, lange Silhouette, die sich vor meinem geistigen Auge aufbaute, den Kopf reckte und drohend züngelte. Die Schlange! Es war die Schlange, die mich warnte. Sie fühlte sich in ihrer Ruhe gestört, denn die brauchte sie dringend. Es war nicht ich, die sie erregte, und auch nicht der fremde Anrufer, sondern Angelo. Sie kannte ihn nicht. Er war noch nie hier gewesen.
    Erst gestern hatte ich die Schwellung ihres Leibes bemerkt, als ich mit meinen Fingerspitzen über ihre glatten Schuppen gestrichen hatte, und das werdende Leben darunter pulsieren gespürt. Sie würde Junge gebären, in einigen Tagen, vielleicht sogar schon heute Nacht. Ich musste sie schützen.
    »Können wir zu dir gehen? Ich fühle mich hier nicht wohl«, bat ich Angelo, der mir gefolgt war, sich gegen den Kühlschrank lehnte und mich fragend ansah.
    »Du Träumerchen«, entgegnete er lächelnd. »Was hab ich dir vorhin gesagt?«
    Statt einer Antwort seufzte ich, als ich mich daran erinnerte. Er hatte gesagt, dass er noch während der Nacht aufbrechen müsse. Erst die Jagd, dann der Job, eine mehrtägige süditalienische Feier, bei der er Klavier spielen musste. Und wieder würde sich mein Zeitfenster verkleinern. Ich verabscheute dieses Wort plötzlich. Es war so deutsch. Zeitfenster. Es vermittelte mir das Gefühl, zwischen dicken Steinmauern eingesperrt zu sein, und nur ab und zu öffnete sich eine Lücke in der Wand und ich durfte kurz etwas tun, was mir Spaß machte. Meistens aber öffneten sich diese Lücken, damit ich eine Pflicht erledigen konnte. Doch das hier sollte eine Kür werden und keine Pflicht.
    Wieder überlagerte die Schlange für einen winzigen Augenblick meine Gedankengänge. Ihr Maul stand weit offen, bereit zum Angriff. Ich sah ihre Fangzähne blitzen.
    »Lass uns rausgehen«, schlug ich vor. »Im Freien ist es schöner als hier.« Das Haus wollte mich loswerden. Der Gestank nach Pferdemist brachte mich beinahe zum Würgen, ich roch den schimmelnden Küchenschwamm, der seit Tagen im feuchten Becken lag, ich hörte die Termiten durch die Wand kriechen.
    »Ich muss sowieso aufbrechen.«
    Stimmte ja, er musste gehen. Ich hatte es schon wieder vergessen. Ich musste anerkennen, dass Angelo seinen Hunger perfekt beherrschte. Noch nie hatte ich Gier in seinen Augen gesehen oder ein gequältes Rauschen in seiner Brust vernommen. Er begann sich schon dann um seine Nahrung zu kümmern, wenn er noch nicht ausgehungert war. So war es auch jetzt. Ich führte ihn zum Vordereingang; ich wollte nicht an der Schlange vorübergehen müssen.
    »Du kannst gerne in meinem Haus wohnen, während ich weg bin, wenn du willst. Möchtest du?«
    Was für ein verlockendes Angebot. Kein kahles, leeres Ferienhaus mit Pritschen als Betten, sondern ein Anwesen mit Pool und Bibliothek und einem weitläufigen, verwunschenen Garten.
    Ich zuckte schüchtern mit den Schultern. Durfte ich das annehmen?
    »Es wäre ein schöner Gedanke, dich in meinem Bett zu wissen, während ich fort bin.« Ich sah, wie meine Hand sich nach vorne bewegte und den Schlüssel entgegennahm. »Vielleicht kannst du die Blumen gießen; wäre schade drum, wenn alles verwelkt.«
    Seine letzte Bemerkung klang so profan, dass ich lachen musste. Und jetzt? Unser erster richtiger Abschied – wie sollte er aussehen?
    Angelo nahm mir die Entscheidung ab, mit jener ausgeglichenen Selbstverständlichkeit, die ich an ihm bewunderte. Er berührte sanft meine

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