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Dornenkuss - Roman

Dornenkuss - Roman

Titel: Dornenkuss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: script5
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Schlottern nicht unterdrücken und presste meine Hände auf meine Oberarme, bis es abgeklungen war. Tillmanns Augen wanderten prüfend über den Tisch. In Gedanken war er schon bei seinen Taten. Doch, er würde wissen, was er zu tun hatte, und ich musste mich darauf verlassen, dass er über sich hinauswuchs und seine Gefühle hintenanstellte.
    »Ich muss dir noch etwas geben, Ellie.« Er ging an mir vorüber in die Küche und kam sofort wieder zurück. Auf seinen Händen lag der silberne Samurai-Dolch, den Colin beim Tod von Tessa gezogen hatte – nicht, um ihn ihr in die Brust zu rammen, sondern sich selbst.
    »Den habe ich heute Morgen vor der Tür gefunden«, sagte er, ohne mich anzublicken. »Ich gehe davon aus, dass du ihn benutzen sollst. Ich sollte dir vielleicht sagen, dass …« Er zögerte.
    »Sag es«, ermunterte ich ihn und strich über den kühlen, verzierten Griff. Die Klinge war poliert und spiegelte Tillmanns dunkle Augen wider, verzerrt und widernatürlich groß.
    »Bei Tessa war es leicht, aber vielleicht habe ich das auch nur so empfunden, weil ich unter Drogen stand. Ich hatte mich vorher informiert, wie man es am besten tut und – du brauchst Kraft. Vor allem aber musst du die richtige Stelle treffen. Wenn du gegen die Knochen prallst, kannst du dir den Arm stauchen und dann geht gar nichts mehr. Setze ihn hier an …« Er fasste vorsichtig an meine linke Brust. »Spürst du diese weiche Stelle zwischen den Rippen? Dort gelangst du direkt ins Herz. Es genügt ein Stich, wenn er richtig platziert wurde. Bereite dich darauf vor, dass seine Haut zäh ist.«
    Ja, das hatte ich schon festgestellt, als ich Tessa die Spritze gegeben hatte. Menschenhaut war zäh. Doch damals hatte ich ein Leben retten wollen und nicht ein Leben vernichten. Ich umgriff den Dolch, um ihn testweise durch die Luft zu schwingen. Er lag schwer und vertraut in meiner Hand, obwohl ich ihn noch nie berührt hatte. Das Metall wurde sofort warm unter meinen Fingern. Ich bettete ihn zu den anderen Dingen auf das weiße Tischtuch. Meine Gelenke brannten und pochten und das taten sie auch dann noch, als ich mich längst von Tillmann verabschiedet hatte und hoch in die Sila gefahren war, nach Longobucco, wo Colin mich am Rande der Stadt empfing und zu Fuß zu seiner Höhle brachte.
    Ich hatte ihn darum gebeten, die Nacht hier zu verbringen, ohne Louis, eingeschlossen vom dunklen Wald und den Wänden der steinernen Höhle, die Welt ausgesperrt und trotzdem genügend Traumnahrung in der Nähe, falls sie vonnöten war. Wir brauchten diese Abgeschiedenheit. Ich wollte von dem, was sich da draußen abspielte, nichts sehen und hören.
    Die Nächte in der Sila waren kalt geworden. Ich unterdrückte ein Frösteln, als wir schweigend durch den Wald wanderten und Colin nur ab und zu anhielt, um zu warten, bis ich wieder zu ihm aufgeschlossen hatte. Ständig stolperte ich und fiel, als wolle mein Körper Zeit schinden, auch wenn er sich dabei verletzte.
    »Nur noch eins«, durchbrach Colin die Stille der Höhle, nachdem wir uns in ihrer kühlen Finsternis versteckt hatten und das echte Leben zu undeutlichen Schemen verkommen war. »Ich will nur noch eins wissen. Es mag dir lachhaft vorkommen, aber ich glaube, dass ich leichter gehen kann, wenn ich es erfahre.«
    »Dann frag.« Meine Stimme war dunkel vor lauter Elend.
    »Angelo und du, habt ihr euch geküsst? Miteinander geschlafen? Ich frage mich das die ganze Zeit, auch wenn es kleinlich ist und vielleicht gar keine Rolle spielt. Es lässt mich nicht los.«
    »Nein. Nein, das haben wir nicht. Es ist nichts passiert.«
    Colins Augen schauten bis in meine abgründige Seele, doch ich hielt ihnen stand. Es war die Wahrheit.
    Wir hörten auf zu reden und ich begriff schnell, dass diese Nacht verlorene Zeit war. Nichts, was wir taten und sagten, konnte das ändern oder aufhalten, was geschehen würde. Es konnte es nur schlimmer machen. Trotzdem grub ich meine Finger fest in seinen Rücken, als könne ich ihn damit für immer bei mir halten, während er schweigend die Fesseln festzurrte.
    »Nein. Lass sie weg.« Ich nahm die Hände von seinem Nacken und begann den Knoten zu lösen. »Bitte …«
    »Lassie, es ist zu gefährlich! Du weißt, dass mein Hunger immer erbarmungsloser wird.«
    »Ja, ich weiß. Aber wo willst du sie denn festmachen? Hier in der Höhle gibt es nichts und ich möchte dich in Freiheit sehen. Ich will ein anderes Bild vor Augen haben, wenn ich mich an unsere letzte

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